Mount Dragon - Labor des Todes
ziehen Sie so ein langes Gesicht?«
De Vaca sah ihn ein paar Sekunden lang schweigend an. »Jetzt, wo wir wissen, daß der fehlerhafte Filterprozeß Mutationen in der Eiweißhülle des X-FLU-Virus hervorruft, frage ich mich, was er mit PurBlood anstellt.«
Carson sah sie verständnislos an. »Wen kümmert das denn?«
»Wie meinen Sie das?« fragte de Vaca aufbrausend. »PurBlood könnte in höchstem Maße gefährlich sein!«
»Das ist doch etwas ganz anderes«, antwortete Carson. »Wir wissen doch nur, daß der GEF-Prozeß die Eiweißmoleküle von X-FLU verändert. Was er mit anderen Dingen anstellt, kann niemand sagen. Und außerdem muß Hämoglobin bei weitem nicht so rein gefiltert werden wie das X-FLU-Virus.«
»Sie haben gut reden, cabron. Schließlich haben Sie das Zeug ja nicht in Ihren Adern.«
Carson mußte sich zusammennehmen, um nicht aus der Haut zu fahren. Diese Frau wollte ihm doch tatsächlich den größten Triumph seiner wissenschaftlichen Karriere madig machen. »Denken Sie doch einen Augenblick lang nach, Susana. Burt hat PurBlood an sich selbst ausprobiert und hat überlebt. Seit Monaten ist es nun schon im klinischen Versuch. Wenn irgend jemand davon erkrankt wäre, hätten wir es längst erfahren, und die Gesundheitsbehörde hätte PurBlood längst vom Markt genommen.«
»So, niemand ist also davon krank geworden? Dann sagen Sie mir doch bitte, wo Burt jetzt ist. In einem gottverdammten Krankenhaus oder etwa nicht?«
»Aber sein Nervenzusammenbruch ereignete sich viele Monate nach seinem Selbstversuch mit PurBlood.«
»Trotzdem kann es einen Zusammenhang geben. Vielleicht wirkt es ja auch nur ganz langsam.« Sie sah Carson trotzig an. »Ich möchte wissen, was der GEF-Prozeß mit PurBlood macht.« Carson seufzte tief. »Jetzt hören Sie mir mal zu. Es ist halb acht Uhr morgens, wir haben gerade den wohl wichtigsten Durchbruch in der Geschichte von GeneDyne geschafft, und ich bin vor Müdigkeit halb tot. Deshalb werde ich jetzt Singer von unserer Entdeckung berichten, eine Dusche nehmen und mich aufs Ohr hauen. Das habe ich mir redlich verdient.«
»Dann gehen Sie schon und holen Sie sich ihren Orden ab«, fauchte de Vaca. »Ich werde hierbleiben und das zu Ende bringen, was wir angefangen haben.«
Sie schaltete die Maschine aus, koppelte sich mit einer wütenden Handbewegung vom Luftschlauch ab und verließ raschen Schrittes den Raum. Während Carson ihr nachsah, hörte er über den allgemeinen Kanal die Stimmen der Wissenschaftler, die ihre morgendliche Ankunft im Labor meldeten. Ein neuer Arbeitstag begann. Müden Schrittes ging Carson den Korridor entlang. Großer Gott, war er müde!
Sollte de Vaca doch mit PurBlood herumpanschen, solange sie wollte. Er jedenfalls würde zu Singer gehen und ihm die gute Nachricht verkünden.
Carson trat ins Freie und atmete genüßlich die kühle Morgenluft ein. Er war müde, aber bester Laune. Auch wenn bestimmt noch diverse Schwierigkeiten auf ihn warteten, so wußte er doch, daß er sich in der Zielgeraden befand.
Er trat zurück ins Verwaltungsgebäude und ging die Treppe hinauf in den ersten Stock, in dem Singers Büro lag. Vom Korridor aus konnte er sehen, daß die Tür offenstand. Drinnen glitzerte die Morgensonne auf den weißen Möbeln. Von irgendwoher war das Geräusch eines Nadeldruckers zu hören. Als Carson das Büro betrat, sah er Singer neben dem offenen Kamin sitzen. Vor ihm stand ein Mann, der Carson den Rücken zuwandte. Der Mann trug einen Tropenhelm, unter dem ein Pferdeschwanz heraushing.
Singer blickte auf. »Ah, Guy. Mr. Nye und ich haben gerade ein Gespräch unter vier Augen.«
Carson trat einen Schritt auf den Direktor zu. »John, ich muß Ihnen unbedingt etwas sagen...«
Nye drehte sich auf dem Absatz um und brachte Carson mit einer ungeduldigen Handbewegung zum Schweigen. Singer beugte sich über den Couchtisch und schob einen Stapel Zeitschriften zusammen. »Bitte, Guy, ich kann jetzt nicht. Kommen Sie später noch einmal wieder.«
»Dr. Singer, es ist äußerst wichtig.«
Singer starrte ihn mit einem verwirrten Ausdruck auf dem Gesicht an. Carson erschrak, als er sah, wie blutunterlaufen Singers Augen waren. Außerdem hatte ihr Weiß einen Stich ins Gelbliche. Singer schien ihn überhaupt nicht gehört zu haben. Er nahm ein Malachit-Ei vom Couchtisch und drehte es gedankenverloren in seinen Händen.
Nye baute sich mit verschränkten Armen vor Carson auf und sah ihn bitterböse an. »Nun?« sagte er. »Was ist
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