Mount Dragon - Labor des Todes
Pferde noch einmal in der Höhle Wasser trinken und band ihnen dann auf einem Flecken frischen Tobosagrases die Vorderbeine wieder zusammen. Dann suchte er sich einen Mesquitbusch und schnitt mit seiner Speerspitze einen langen, biegsamen Ast ab, der an einem Ende eine Menge Dornen hatte. Mit diesem ging er hinaus in die Wüste, wobei er sorgfältig den Sand absuchte. Bald hatte er die kleinen Spuren eines Kaninchens gefunden, denen er etwa hundert Meter weit folgte, bis sie in einem Erdloch verschwanden. Carson hockte sich vor das Loch und steckte das dornige Ende des Astes hinein. Nachdem er den Ast um mehrere Kurven herumgeschoben hatte, drehte er ihn so lange, bis er am anderen Ende einen weichen Widerstand spürte. Nach einer letzten, kräftigen Drehung zog Carson den Ast vorsichtig aus dem Loch. An seinem unteren Ende hing ein junges Kaninchen, in dessen lose Haut sich die langen Stacheln gespießt hatten. Es zappelte und schrie jämmerlich. Carson stellte seinen Fuß darauf, schnitt ihm mit der Speerspitze den Kopf ab und ließ es auf dem Sand ausbluten. Dann nahm er das Kaninchen aus und häutete es. Die Eingeweide vergrub er, um keine Bussarde anzulocken, dann ging er wieder zurück zur Höhle.
Während de Vaca immer noch schlief, machte Carson am Eingang ein kleines Feuer, auf dem er das mit Alkalisalz eingeriebene Kaninchen briet. Bald brutzelte und knisterte das Fleisch, und blauer Rauch stieg hinauf in die klare Luft. Kurz darauf erschien die Sonne über dem Horizont und tauchte den Boden der Wüste in ein helles, goldenes Licht, das bis in die Dunkelheit der Höhle drang. Carson hörte ein Geräusch und drehte sich um. De Vaca hatte sich aufgerichtet und rieb sich schläfrig die Augen.
»Aua«, sagte sie, als das Sonnenlicht ihr voll ins Gesicht schien und ihrem schwarzen Haar einen bronzenen Schimmer verlieh. Carson sah sie mit dem selbstzufrieden-tugendhaften Lächeln eines Frühaufstehers an, aber plötzlich wanderten seine Augen ins Innere der Höhle. Als de Vaca sah, wie sein Gesichtsausdruck sich veränderte, drehte sie sich um und folgte seinen Blicken.
Die aufgehende Sonne schickte ihr stark gebündeltes, orangefarbenes Licht in die Höhle und projizierte die Umrisse des Eingangs auf die hintere Höhlenwand. Für ein paar Augenblicke erschien auf dem rauhen Fels das unscharfe, aber dennoch gut erkennbare Bild eines Adlers, der mit ausgebreiteten Schwingen und hochgerecktem Kopf auf einer spitzen Nadel aus gelbem Licht zu balancieren schien.
Carson und de Vaca sahen schweigend zu, wie das Bild in kurzer Zeit so hell wurde, als solle es für alle Zeiten in die Wand der Höhle gebrannt werden. Dann verschwand es auf einmal so plötzlich, wie es erschienen war. Die Sonne war über den Höhleneingang gestiegen, und der Adler war nicht mehr zu sehen.
»El Olo del AgwiZa«, sagte de Vaca. »Die Quelle des Adlers. Jetzt wissen wir ganz sicher, daß wir sie gefunden haben. Es ist schon eine seltsame Vorstellung, daß dieselbe Quelle vor vierhundert Jahren meinen Vorfahren das Leben gerettet hat.«
»Und jetzt rettet sie das unsere«, murmelte Carson. Er starrte noch immer auf die dunkle Wand, an der einen Moment lang das Bild des Adlers zu sehen gewesen war. Irgend etwas war ihm dabei merkwürdig vorgekommen, aber er konnte nicht mehr genau sagen, was es war. Dann stieg ihm der wunderbare Duft bratenden Fleisches in die Nase, und er drehte sich wieder nach dem Kaninchen um. »Haben Sie Hunger?« fragte er »Und wie! Was ist das?«
»Ein Kaninchen.« Carson nahm es vom Feuer und steckte den Ast, den er als Spieß verwendet hatte, senkrecht in den Sand. Dann nahm er die Speerspitze, schnitt einen Schenkel ab und gab ihn de Vaca. »Achtung, heiß.«
De Vaca biß vorsichtig in den Schenkel. »Schmeckt toll. Sie können ja richtig kochen. Und ich habe immer geglaubt, daß Cowboys nur Bohnen mit Speck zubereiten können.«
Sie biß ein weiteres Stück Fleisch ab. »Und es ist nicht einmal zäh. Viel zarter als die Kaninchen, die mein Großvater immer geschossen hat.« Sie spuckte einen kleinen Knochen aus, und Carson betrachtete sie mit dem geheimen Stolz eines Kochs, dessen Gericht für gut befunden wird.
In zehn Minuten war das Kaninchen aufgegessen, und die abgenagten Knochen verbrannten im Feuer. De Vaca lehnte sich zurück und leckte sich die Finger. »Wie haben Sie das Kaninchen denn gefangen?« wollte sie wissen. Carson zuckte mit den Achseln. »Mit einem kleinen Trick, den ich als Junge auf
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