Mount Dragon - Labor des Todes
man trotz Impfung.«
»Sehr gut, Guy«, sagte Singer lächelnd. »Wir wissen natürlich, daß Sie am MIT über Grippeviren gearbeitet haben. Das ist mit ein Grand, weshalb man Sie für diesen Job hier ausgewählt hat.« Er trank mit einem raschen Schluck sein Glas leer. »Eines ist Ihnen aber möglicherweise nicht bewußt: Die Wirtschaft verliert jährlich fast eine Billion Dollar an durch Grippe verursachten Produktionsausfällen.«
»Das wußte ich tatsächlich nicht.«
»Und vermutlich wissen Sie auch nicht, daß die Grippe dafür verantwortlich ist, daß pro Jahr etwa 200000 mißgebildete Kinder auf die Welt kommen. Wenn eine schwangere Frau über vierzig Grad Fieber bekommt, kann das bei ihrem Kind entsetzliche Schäden verursachen.« Singer atmete langsam ein. »Guy, wir arbeiten hier an der letzten großen medizinischen Entdeckung unseres Jahrhunderts. Wenn es uns gelingt, dem Menschen das X-FLU-Gen einzupflanzen, wird er gegen sämtliche Stämme der Grippe immun sein. Und Sie werden die entscheidende Arbeit dabei leisten, Guy.«
»Aber meine Arbeit mit Grippeviren war doch nur eine Vorstufe zu meiner Doktorarbeit«, protestierte Carson. »Mein wirkliches Interesse richtete sich auf etwas ganz anderes.«
»Ich weiß«, entgegnete Singer. »Aber wenn Sie mir noch ein wenig zuhören, dann werden Sie verstehen, warum man Sie ausgewählt hat. Um das X-FLU-Gen in die menschliche DNA hineinzubringen, verwenden wir nämlich ein spezielles Grippevirus, dem wir im Labor eine Rekombinationssequenz mit dem X-FLU-Gen angehängt haben. Man könnte das Virus als eine Art Transportmittel bezeichnen, das die Bonobo-DNA in die DNA des Menschen einschleust. Ein damit geimpfter Mensch wird wie bei einer normalen Grippeimpfung ein paar Tage lang unter milden Erkältungssymptomen zu leiden haben, danach aber nie wieder die Grippe bekommen.« Carson nickte. Er wußte, daß Viren in der Lage waren, ihre Erbinformationen ins Erbgut ihrer Wirtszellen einzuschleusen. Deshalb waren sie die idealen Transportorganismen, um Gene zwischen entfernt miteinander verwandten Lebewesen auszutauschen.
»Das Grippevirus, das wir dabei verwenden, ist darüber hinaus etwas ganz Besonderes. Es ist nämlich in der Lage, seine Erbinformationen auch in die menschliche Keimbahn zu bringen. Das bedeutet, daß die Menschen, die damit behandelt werden, die Immunität gegen Grippe auch an ihre Kinder weitervererben.« Carson stellte sein Glas auf den Tisch und sah Singer an. »Du meine Güte«, sagte er. »Sie sprechen doch nicht etwa von einer Gentherapie an menschlichen Keimzellen?«
»Ganz genau. Wir haben vor, das menschliche Erbgut für immer zu verändern. Und Sie, Guy, sind an vorderster Front mit dabei. Die Gentherapie ist das Modernste, was die Medizin zu bieten hat. Mit Gentherapie werden wir eines Tages sämtliche erblich bedingten Krankheiten wie das Tay-Sachs-Syndrom, die Phenylketonurie und die Bluterkrankheit heilen können. Eines Tages kann jeder Mensch, der mit einem erblich bedingten Schaden geboren wird, mit Hilfe der richtigen Gene ein ganz normales Leben führen. In unserem Fall ist Gene ein ganz normales Leben führen. In unserem Fall ist der >Erbschaden< die Anfälligkeit gegen Grippe, von der wir die Menschheit für immer befreien werden.«
Singer tupfte sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn. »Bei diesem Thema gerate ich immer in Aufregung«, sagte er grinsend. »Als ich noch Universitätsprofessor war, hätte ich mir nie träumen lassen, daß ich einmal dabei mithelfen würde, die Welt zu verändern. Das X-FLU-Gen hat mir den Glauben an Gott wiedergegeben, ohne Witz.« Er räusperte sich und fuhr fort: »Wir stehen kurz vor dem Durchbruch, Guy. Aber es gibt da noch ein Problem, das es zu lösen gilt. Sobald wir das X-FLU-Gen in das Grippevirus einsetzen, wird es nicht nur unglaublich ansteckend, sondern verändert sich auch auf eine höchst gefährliche Art und Weise. Anstatt als harmloser Bote für das Bonobo-Gen zu fungieren, ahmt es mit seiner Eiweißhülle ein Hormon nach, das im menschlichen Körper die Produktion von Gehirnfiüssigkeit stimuliert. Was Sie eben im Fiebertank gesehen haben, war die Wirkung, die das Virus auf einen Schimpansen hat. Was es beim Menschen auslöst, wissen wir nicht, aber angenehm dürfte es auf keinen Fall sein.«
Singer stand auf und trat an eines der Fenster. »Ihre Aufgabe ist es nun, die Eiweißhülle des X-FLU-Botenvirus so zu verändern, daß es vollkommen harmlos ist.
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