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Mozart - Sein Leben und Schaffen

Mozart - Sein Leben und Schaffen

Titel: Mozart - Sein Leben und Schaffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Storck
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bei ihm zur Harmonie, und sein früher Tod wirkt gewiß traurig, aber nicht tragisch. Dazu ist das gelebte Leben zu reich, zu unsterblich in jeder seiner Betätigungen.
    Aber eines bleibt bestehen: merkwürdig spät beginnt bei Mozart diese Art der geistigen und seelischen Einstellung zur Welt. Sonst sind die Jünglingsjahre die Zeit des Faustischen, Titanischen, Prometheischen. Und diesem Jünglingsalter entsprechend vollzieht sich diese Entwicklung dann als Sturm und Drang, als fröhlich zugreifender oder auch wild hin- und herzerrender Kampf. So wirft gerade dem Jüngling das Leben alle Probleme in Hirn und Herz, und er muß sich hindurchringen; darum wirkt auch die Jünglingsperiode der Künstler immer als Kampfzeit. Bei Mozart ist davon nichts. Wahrscheinlich beruht es darauf, daß er vermöge seiner Natur erst in verhältnismäßig späten Jahren das Leben problematischer nahm, daß ihm vor allen Dingen auf dem Gebiete der Kunst der Zwiespalt zwischen Form und Inhalt, auf dem doch letzterdings sonst alles bewußte Stilempfinden beruht, nicht vorhanden war. Er hat auch in späteren Jahren gegenüber dem Leben einen gewissen Fatalismus behalten, der, wenn auch in der Anlage bei ihm vorhanden, doch sicher durch die lange Fürsorge, aber auch Bevormundung des Vaters vermehrt worden ist. Und eines hat er auch dauernd behalten: daß er seine Kunst von diesem Leben freizuhalten strebte. Immer wiederkommen die Stellen, in denen er verlangt, daß man ihn mit traurigen Lebenserscheinungen und schweren Lebensfragen verschonen möge; er brauche ein heiteres Gemüt, um zu schaffen. Es ist das etwas geradezu Göttliches an ihm, dieses Schaffen aus der Freudigkeit heraus, aus Überfülle, aus Gebensdrang, so garnichts von jener Art wie Prometheus schafft: der gegen die Gottheit schafft.
    Gerade so etwas Göttliches in ihm ist das Allumfassende alles Vorhandenen, und damit das Schaffen mit diesem Vorhandenen und aus diesem heraus. Das meint Wolfgang, wenn er sich seinem Vater gegenüber mit froher Zuversicht rühmte: »Ich kann, wie Sie wissen, aller Art Stil annehmen.« Man könnte eine derartige Anlage sonst auch als Tadel anführen, als einen Beweis für Unselbständigkeit und Unpersönlichkeit. Bei Mozart will es aber bedeuten, daß er in jedweder Form und mit jedweden Mitteln sich, d. h. eben Mozart, auszudrücken vermag. Seine ungeheure Bedeutung für die Entwicklung der Orchestertechnik, die Individualisierung jedes Instrumentes ist auf diese Weise zustande gekommen, daß er die Fähigkeit eines jeden Instrumentes ins Genauste kennen lernte, und wenn er für dieses Instrument schrieb, sich ihm gemäß musikalisch ausdrückte. Das sogar bei jenen Instrumenten, die er nicht leiden konnte. Andere Komponisten würden für solche Instrumente überhaupt nicht schreiben; Mozart nimmt den äußeren Anlaß, das zu tun, sehr wohl auf und schreibt dann für die Flöte oder Harfe durchaus dem Instrumente gemäß, so wie dieses eben imstande ist, die gestellte Aufgabe zu lösen.
    Genau so ist sein Verhältnis zur Menschenstimme, wo ihm der einzelne Träger der Stimme als das Instrument gegenübertritt. Es gibt dafür auch in diesen Fällen gewissermaßen kein objektives Material des Ausdruckes, sondern nur ein subjektives. Dieser einzelne Sänger ist im vorliegenden Fall der Verkörperer der vom Drama vorgeführten Gestalt. Die Ausdrucksweise dieses im Drama stehenden Menschen ist natürlich bestimmt durch das betreffende Sängerindividuum. Wenigstens jetzt in der Zeit des »Idomeneo« steht er noch ganz auf diesem Standpunkt, der den überlieferten Verhältnissen der italienischen Oper entsprach, wo für ein ganz bestimmtes Ensemble an einer ganz bestimmtenBühne ein Werk geschaffen wurde. Mozart sagt es hier einmal selbst, daß die und die Arie für den Raaff ausgezeichnet sei, daß sie aber mehr den Worten entsprechend geworden wäre, wenn er sie für Zonca (einen anderen Sänger) geschaffen haben würde.
    Es ist nun sehr bezeichnend, wie er über dieses ältere Verhältnis des Komponierens aus der Art des Instrumentes heraus (ob Instrument oder Menschenstimme, ist dabei gleichgültig) zu dem neueren Standpunkt fortschreitet, daß ihm alle diese Instrumente nur Ausdrucks-, nur Mitteilungsmittel sind für die innerlich gewonnene Gestaltung eines künstlerischen Inhalts. Er hat diesen Standpunkt durch seine Orchestertätigkeit gewonnen. Die Mitglieder des Mannheimer Orchesters waren so vollkommen, dieses Orchester war nach

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