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Mozart - Sein Leben und Schaffen

Mozart - Sein Leben und Schaffen

Titel: Mozart - Sein Leben und Schaffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Storck
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damaligem Begriff so voll besetzt, daß er hier das ideale Verhältnis gewinnt und auf diesem Orchester wie auf einem ihm zur Verfügung stehenden Instrumente spielt. Gleichsam wie auf einer Orgel, bei der jedes Instrument nur ein Register mehr ist, das er in dem Augenblick und nur in dem Augenblick herauszieht, in dem es ihm zur Vermittlung des Inhalts geeignet erscheint. Wir werden nachher kurz zu erwähnen haben, wie er keineswegs immer die Gesamtheit der ihm zur Verfügung stehenden Instrumente aufruft, sondern manche derselben nur für eine einzelne Szene, ja für wenige Takte zur Mitwirkung aufbietet. Also hier dem Orchester gegenüber ist er schon jetzt ganz selbstherrlicher Schöpfer, für den die Tonerzeuger weiter nichts sind, als die körperlichen Mittel zur sinnlichen Vermittlung eines geistig und seelisch Erfaßten aus seiner Persönlichkeit heraus an die Welt.
    Nun, ein ähnliches Verhältnis liegt bei ihm auch gegenüber den verschiedenen Musikformen und Musikstilen vor. Mozart war eine urmusikalische Natur. So konnte für ihn die künstlerische Gestaltung eines Inhalts auch nur aus musikalischem Empfinden heraus erfolgen. Trat Musik und Dichtung in Verbindung, so sah er die Dichtung nur daraufhin an, wie weit sie ihm für Musik Gelegenheit bot, d. h. er suchte aus ihr heraus möglichst viel Musik zu gewinnen; niemals aber war für ihn eine Einstellung denkbar, wie sie Gluck von sich verkündigte, der vergessen wollte, daß er Musiker sei.Er empfand deshalb sehr Wohl einer Dichtung gegenüber, ob sie der Musik günstig sei oder nicht, und danach beurteilte er sie, lehnte sie ab oder erbat Änderungen. Denn selbstverständlich wäre es ihm wider die Natur gegangen, eine Musik zu schreiben, die »gegen die Worte« ging. Freilich kommt auch der Wunsch nach einer Dichtung vor: »wo ich nicht so sehr an die Worte gebunden, nur so ganz leicht auch fortschreiben kann« (8. November 1780). Da sollte die Dichtung also nur einen mehr allgemeinen Stimmungsausdruck festhalten, der ihm Freiheit für eine größere musikalische, in diesem Falle sinfonische Behandlung ließ. Niemals aber ist der urmusikalischen Natur Mozarts der Gedanke gekommen, daß die Musik nicht Endzweck sei , sondern nur ein Mittel, um eine Dichtung auszudrücken. Nein, seine Musik sollte das Leben selber ausdrücken und die Wortdichtung, das Operndrama, das ihm dargeboten wurde, war nur das Veranschaulichungsmittel dieses Lebensausschnittes. So sah er dann wohl die Dichtung daraufhin kritisch an, ob sie der Natur der gewählten Vorgänge entspreche. Er machte gewissermaßen dramaturgische Bemerkungen zum Text. Diese gingen so weit, daß er bei der »Entführung« am vorliegenden Singspiel Bretzners wesentliche Änderungen der szenischen Behandlung angab, um innerlich vorhandene musikalische Gelegenheiten auch äußerlich nutzbar zu machen. Dagegen dachte er nicht daran, selber in die eigentliche dichterische Gestaltung des Vorganges einzugreifen oder sich selbst einen Stoff zu suchen. Das war für ihn Sache des Textdichters, der ihm ein fertiges Buch unterbreitete, aus dem heraus er an Musik gewann, was irgendwie von innerer oder äußerer Musikgelegenheit geboten wurde. Er erfand also für jeden Charakter eine diesem entsprechende Musiksprache; ersuchte alle in der Dichtung vorgetragenen Gefühle musikalisch wahrhaft auszudrücken und nutzte, was an musikalischen Situationen irgendwie geboten wurde, aus.
    Aber so fern es ihm einerseits lag, mit seiner Musik lediglich eine höhere Ausdrucksform des Wortes zu schaffen, so wenig dachte er andererseits daran, durch die Musik ein eigentlich dramatisch Neues hineinzubringen. Er wollte nicht in Tönen dichten, sondern er wolltebereits Gedichtetes musikalisch gestalten. Daraus erklärt es sich, daß Mozart nicht auf den Gedanken kommen konnte, daß die Oper einen besonderen Musikstil brauche. Wir haben kein einziges Zeugnis dafür, daß er in Glucks Tätigkeit etwas durchaus Neuartiges oder doch Grundsätzliches gesehen hätte. Er sah auch Glucks Opern lediglich als Musik an, empfand dabei als Bereicherung das ausdrucksvolle Rezitativ, die bedeutsame Gestaltung des Chores und die logische Eingliederung der Tänze aus dem Geschehen. Er konnte allerdings diese Eigenschaften auch anderswo finden. Dieses musikalische Vermögen übernahm er von Gluck mit der gleichen Selbstverständlichkeit, wie er sonst alle Stile und Musikformen in sich aufnahm. Und für Mozart bedeutete das genau so eine Vermehrung

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