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Mozart - Sein Leben und Schaffen

Mozart - Sein Leben und Schaffen

Titel: Mozart - Sein Leben und Schaffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Storck
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seiner musikalischen Ausdrucksmittel, wie etwa die Beobachtungen, die er bei der Orchestertechnik des Mannheimer Orchesters gemacht hatte, wie die Kenntnisnahme der Klarinette als Orchesterinstrument. In einem Augenblick, wo ihm das der natürliche Ausdruck der betreffenden Situation zu sein schien, wendete er es an.
    Es liegt in dieser Art der Mozartischen musikalischen Erfindung, daß wir von einem Stilgemisch nicht reden können, daß Lied, Tanz, Rezitativ, Arie, Instrumentalsätze, Chöre, Ensembleformen der verschiedensten Art, obwohl eine jede vollkommen in sich geschlossen ist und vollkommen für sich dasteht, doch zu einem großen Ganzen zusammengehen. Diese ganze Musik ist eben Ausfluß einer einzigen Persönlichkeit, für die alle diese verschiedenen Kunstformen jeweils die wahrste und natürlichste Ausdrucksform einer Empfindung, eines Charakters, einer Situation sind. Diese Mozartische Persönlichkeit ist die zwingende Einheit in seinen Werken bei der Vielheit ihrer Gestaltung.
    Sie bringt es auch mit sich, daß seine Opern eigentlich eine Stellung für sich einnehmen. Bezeichnenderweise beginnt ja die starke Wirkung der Mozartschen Oper erst geraume Zeit nach seinem Tode, als von dem Widerstreit zwischen italienischer, Gluckischer oder französischer Oper kaum mehr die Rede war. Ebensowenig hat die Wirkung der großen Meisterwerke Mozarts durch die spätere Entwicklungder Oper zum eigentlichen Musikdrama gelitten. Andererseits ist in der Folgezeit auch nichts geschaffen worden, was dieser Mozartischen Oper wirklich wesensverwandt wäre. Genau so, wie auch die Zeitgenossen Mozarts ihn eigentlich nirgendwo in eine Richtung einstellen konnten. Für die Italiener war er nicht italienisch, den Anhängern der Gluckischen Oper entsprach seine Art auch nicht; über das deutsche Singspiel wuchs, was er auf diesem Gebiete schuf, so weit hinaus, daß Dittersdorf diesen »hohen Aufschwung« in der komischen Oper ausdrücklich als stilwidrig tadelte. Mozarts Opern bedeuten an sich nichts für noch gegen alle diese Richtungen. Sie stehen neben denselben; genau so wie Mozart selbst, der als Jüngling in Paris bei dem heftigen Opernkampfe daselbst gar nicht fühlt, worauf es den Leuten ankommt. Er stellt sich nicht auf die Seite Glucks, nicht auf die der Franzosen, aber ebensowenig sieht er ein, weshalb Grimm ihn fortwährend zu Piccini schickt. »Er kann seine Sache und ich die meinige, damit basta!« So hat Mozart bereits in Kinderjahren in der Instrumentalmusik wie in der Oper die Grenzwände niedergelegt, die zwischen Komik und Tragik von jeher aufgerichtet waren. Für ihn gibt es das alles nicht; für ihn gibt es bloß Empfindung . Die ist bald heiter, bald ernst, ausgelassen und traurig. Aber nicht schroff geschieden, sondern in steter Mischung, nein, in vollkommen einheitlicher Verschmelzung, genau so wie im wirklichen Leben.
    Es wird die Aufgabe des letzten Kapitels unseres Buches sein, Mozarts musikgeschichtliche Stellung auch hinsichtlich der Oper festzulegen. Aber schon aus dem Gesagten ergibt sich, daß es unrichtig ist, wenn man Mozart allgemein als » Abschluß der italienischen Oper « oder als » Erfüllung Glucks « bezeichnet. Gegen die erste Auffassung hat schon früher Chrysander (Allgemeine musikalische Zeitung, Jahrg. 1878 u. 1882) in seiner Untersuchung über »Mozarts Jugendopern« Stellung genommen. Neuerdings ist seine Auffassung durch Hermann Kretzschmar (Jahrbuch der Musikbibliothek Peters 1905) eindringlich begründet worden. Nur die Unkenntnis, in der wir uns seit einem Jahrhundert gegenüber den Werken dergroßen Perioden der italienischen Oper befanden, hat die Auffassung bestehen lassen können, daß Mozarts Werke den Gipfel der italienischen Opera seria darstellten. Diese großen Perioden waren schon beinahe vorbei, als Mozart auf den Plan trat, und die ganzen Verhältnisse brachten es mit sich, daß er sich jener Richtung anschloß, die in sich bereits den Verfall der Gattung bedeutete. Aber Mozart hat sich, nachdem er einmal zu selbständiger Künstlerschaft gekommen war, gar nicht mehr ernstlich um die Bebauung dieses Feldes bekümmert. Er war auch darin eine viel zu selbständige Natur, und was er schuf, lag abseits von dem bisher Angebahnten, trotzdem seine Opern italienische Texte haben und auch im äußeren Zuschnitt zur Gattung der italienischen Oper gehören.
    Noch viel verkehrter ist es, etwa mit Oskar Fleischer, in seiner Mozartbiographie, zu sagen, daß Mozart mit seiner

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