Mozart - Sein Leben und Schaffen
der Bewunderung der alten italienischen Oper erzogen und kamen Mozarts Opern gegenüber ebensowenig auf ihre Kosten, wie die Italiener selber. Das mochte kaum einem von ihnen klarer zum Bewußtsein gekommen sein, als dem aus derselben Kunsterziehung hervorgegangenen KaiserJoseph II., der, trotzdem er Mozart wohlwollte und doch auch ein sehr geistreicher Mann war, überdies national fühlte, nach der Aufführung der Entführung zu Mozart nichts anderes zu sagen wußte als: »Zu schön für unsere Ohren, und gewaltig viel Noten, lieber Mozart.«
Diese Musik war eben zu anspruchsvoll, zu sehr den ganzen Menschen erheischend und nicht mehr auf bloße Unterhaltung bedacht. Deshalb mochte man in diesen Kreisen auch Gluck eigentlich nicht leiden, und dieser hatte nach Frankreich gemußt, um seine Opernreform durchzusetzen. In Frankreich aber war ihm die dortige Kunstüberlieferung günstig, während sie in Deutschland, das in musikalischer Hinsicht eine italienische Provinz darstellte, entgegenstand. Man fühlt es überall nach, daß Mozarts Zeitgenossen, vor allem die maßgebenden Stellen, viel eher geneigt gewesen wären, ihn als Instrumentalmusiker anzuerkennen. Und das hat tiefe Gründe. In dieser Instrumentalmusik wirkte seit langem deutscher Geist. Hier hatte man nicht gegen Überlieferungen zu kämpfen. Man muß ja immerhin auch bedenken, daß wir es zu leicht als tragisch empfinden, wenn die soziale Stellung eines Mannes nicht mit seiner künstlerischen in Harmonie kommen will. Aber Mozarts pekuniäre Erfolge sind gewiß eher besser gewesen als die anderer Komponisten; ich meine, soweit eben die Erwerbsmöglichkeit durch Kompositionen allein für jene Zeit in Betracht kommt. Was Mozart nicht erlangen konnte, war die sichere feste Lebensstellung . Man sollte sich dabei aber auch nicht verhehlen, daß es ein sehr enger Kreis war, in dem Mozart diese Stellung zu gewinnen suchte, daß er ein in praktischer Hinsicht sehr ungeschickter Mensch war und doch wohl auch in seiner ganzen Art so wenig zum Beamtentum geeignete Eigenschaften bewährte, daß es zumal bei einem sehr sparsamen Monarchen begreiflich erscheint, wenn er nicht gerade eine neue Stellung für ihn schuf, wenn es im übrigen gewandteren Leuten gelang, die vorhandenen Stellen ihm abzujagen. Es muß doch seine Gründe gehabt haben, wenn der Vater Mozarts dauernd allen praktischen Lebensplänen seines Sohnes das größte Mißtrauen entgegensetzte. Gewiß, das alles ist sehr traurig, aber sounbegreiflich ist es keineswegs. Und schwerlich haben spätere Zeiten, die unsere mit eingeschlossen, Grund, sich da überlegen zu dünken. Man muß auch bedenken, daß Österreich damals sehr arm war.
So darf sich uns aus der Kenntnis der späteren Schicksale Mozarts kein ironisches oder schmerzliches Empfinden aufdrängen, wenn wir jene Briefstelle lesen, die an den Beginn dieser Ausführungen gestellt ist. Wien war in der Tat »dermalen der günstigste Ort für einen Mann von seinem Metier«, und war sicherlich auch der günstigste Ort für Mozart selbst. Mozarts feinnervige, so ganz von harmonischer Schönheit erfüllte Künstlernatur bedurfte eines vornehmen Umganges. Es verlangte ihn nach dem Verkehr in seinen, geistig angeregten, für Schönheit empfänglichen Kreisen. Aus hundert Stellen seiner Briefe geht hervor, wie wohl er sich in solcher Umgebung fühlte, wie schmerzlich ihn alles Unfeine berührte. Andererseits vertrug er keinen Zwang. Es mußten Menschen sein, die eine Frohnatur vertrugen, die sehr leicht über die von der gesellschaftlichen Etikette gezogenen Stränge schlug. Ich glaube nicht, daß Mozart beides irgendwo in der Welt besser hätte finden können, als beim Adel in Wien. In der Tat hat er hier auch das höchste gesellschaftliche Entgegenkommen, die denkbar freundlichste Aufnahme gefunden, und er erwähnt auch nicht ein einziges Beispiel, daß ihm jemals in diesen Kreisen der gesellschaftliche Abstand in verletzender Weise nahegelegt worden wäre, während das doch offenbar in Salzburg sehr oft geschehen ist. Das will denn doch in der Zeit vor der französischen Revolution ganz außerordentlich viel bedeuten. Nun aber kam hinzu, daß Mozart sich eigentlich nur bei kunstempfänglichen, musikfreudigen Leuten wohlfühlte. Und auch in der Hinsicht konnte er eine bessere Gesellschaft, als den österreichischen Adel, nicht treffen, in dem, wie Mozart selber später (8. Mai 1782) an seinen Vater schreibt, unter den Frauen und Männern eine Menge sehr
Weitere Kostenlose Bücher