Mozart - Sein Leben und Schaffen
Antonio Salieri , (1750-1825), war zu sehr Italiener, als daß er für eine deutsche Oper hätte tätig sein können. Sein »Rauchfangkehrer« (1781) hatte denn auch wenig Erfolg. Nun hätte man ja den Spielplan aus der großen Zahl derin Norddeutschland mit stärkstem Erfolge gegebenen Singspiele von Hiller, Benda, Schweitzer, André, Reichardt und anderen sehr leicht bereichern können, wäre nicht die Abneigung gegen diese norddeutsche »lutherische« Musik unüberwindlich gewesen. Dieser Gegensatz hatte natürlich auch den musikalischen Grund, daß man hier in Wien doch eine reichere gesangsmäßige Ausbildung des Musikalischen verlangte, als in jenen norddeutschen Singspielen üblich war. So fehlte also für diese allgemein ersehnte neue deutsche Oper der geeignete Mann. Wer war für diese in jeder Hinsicht bedeutsame Aufgabe mehr berufen als unser Mozart?
So schien es eine in jeder Hinsicht günstige Schicksalsfügung, daß Wolfgang nach Wien gekommen war.
Für das reich bewegte nächste Lebensjahr sind wir durch Mozarts Briefe aufs beste unterrichtet. Gerade weil der Vater ihn die Verärgerung über den Streit mit dem Erzbischof andauernd merken ließ, befleißigte sich Wolfgang doppelt, ihm seine unveränderte Liebe und Anhänglichkeit zu bezeugen. So ließ er auch kaum einen Posttag vorübergehen, ohne Briefe nach Salzburg zu senden. Und da er sie nun nicht mehr »mit der Sauhistorie« (16. Juni l781) zu füllen brauchte, unterhielt er die daheim vor allem wieder über sein künstlerisches Schaffen und Wollen. Allerdings dauerte die Ruhe nicht lange; bald mußte er einen neuen ebenso wichtigen Lebensschritt seinem Vater gegenüber begründen und durchkämpfen. Gleichzeitig mit der »Entführung aus dem Serail« bereitete sich jene »Entführung aus dem Auge Gottes« vor, wie er später scherzhaft seine Verheiratung mit Konstanze Weber zu bezeichnen pflegte. Da im Leben beides ineinandergeht, wollen wir es auch in unserer Darstellung nicht trennen.
Nun war also Mozart auch für die Gestaltung seines äußeren Lebens ganz auf sich selbst angewiesen. Der Vater hat es ihm recht schwer gemacht. Anstatt dem in allen praktischen Dingen so wenig Veranlagten und obendrein ganz Unerfahrenen mit wohlwollendem Rat zur Seite zu stehen, hat er ihn durch überflüssige Ermahnungen und Quängeleien und die stete Krittelei alles bereits Getanen nur unsicher gemacht und sicher oft dadurch gerade das Gegenteil von demerreicht, was er bezweckte. Wir können die grundgütige Natur Wolfgangs, seine tiefe Liebe und Verehrung für den Vater an nichts besser ermessen, als daß er sich trotzdem niemals zu irgend einem scharfen Wort hinreißen ließ. Das bezeugt gleichzeitig, daß der im praktischen Leben wohl oft recht unsichere Künstler seelisch und geistig außerordentlich weit gereift war. Auch der Kampf, in den er um seiner Liebe willen mit dem Vater geriet, bezeugt das. Uns Heutigen kommt es ja, wenigstens in der Theorie, als selbstverständlich vor, wenn ein Mann die Rechte seiner Liebe gegen allen äußeren Widerstand durchsetzt. Für die Zeit Mozarts war das noch etwas Ungewöhnliches. Noch war damals die Autorität der Eltern gegenüber ihren Kindern so uneingeschränkt, daß es das Gewöhnliche war, daß der Ehebund der Jugend aus den Erwägungen des Alters heraus geschlossen wurde. Wolfgang hat von früh an nicht nur alle irgendwie berechnenden Erwägungen bei der Wahl seines Herzens ausgeschlossen; er hat an seiner Liebe auch dann treu festgehalten, als er sich eingestehen mußte, daß auch aus geistigen und ethischen Erwägungen heraus Gegengründe zu Recht bestanden. Keiner unserer Dichter hat überzeugender vom sieghaften Rechte der Liebe gesungen, als Mozart es gelebt hat. Auch darin ist er das Kind einer neuen Zeit. Und wenn die »kluge« Welt, wie ja fast immer, auch in diesem Fall, recht behalten hat – er hat seine Handlungsweise nie bereut; ihm ist sicher niemals der Gedanke gekommen, daß er anders hätte handeln können, als er es nach dem Gebote seiner inneren Stimme getan hatte.
Die erste Zeit ließ sich äußerlich ja keineswegs günstig an. Es war inzwischen der Hochsommer herangerückt. Die vornehmen Herrschaften waren auf dem Lande. Wolfgang, der nur sehr ungern unterrichtete, hatte sich von vornherein zum Grundsatz gemacht, nur wenige Klavierstunden zu geben, dafür seinen Preis aber so hoch zu stellen, daß er sich auch äußerlich von der Masse der Stundengeber abhob. Er verlangte sechs Dukaten
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