Mozart - Sein Leben und Schaffen
benenneten Stund beim Cannabich in Gegenwart und en compagnie des Cannabich, seiner Gemahlin und Tochter, Herrn Schatzmeister, Ramm und Lang, oft und nicht schwer, sondern ganz leichtweg gereimet habe, und zwar lauter Sauereien, und zwar mit Gedanken, Worten und – – aber nicht mit Werken. Ich hätte mich aber nicht so gottlos aufgeführt, wenn nicht die Rädelführerin, nämlich die sogenannte Liesel, mich gar so sehr dazu animieret und aufgehetzt hätte; und ich muß bekennen, daß ich ordentlich Freude daran hatte. Ich bekenne alle diese meine Sünden und Vergehungen von Grund meines Herzens, und in Hoffnung, sie öfter bekennen zu dürfen, nimm ich mir kräftig vor, mein angefangenes sündiges Leben noch immer zu verbessern. Darum bitte ich um Dispensation, wenn es leicht sein kann; wo nicht, so gilt es mir gleich, denn das Spiel hat doch seinen Fortgang, lusus enim suum habet ambitum spricht der selige Sänger Meißner, Kap. 9 p. 24, weiters auch der heilige Aszenditor, Patron des brennsuppigen Coffe, der schimmelichten Limonade, der Mandlmichel ohne Mandeln und insonderheitlich des Erdbeer-Gefrornen voll Eisbrocken, weil er selbst ein großer Kenner und Künstler in gefrornen Sachen war.«
Diese Zeit sorgloser Lustigkeit war ja kurz bemessen. Denn die Briefe des Vaters, der übrigens seinem Wolfgang das Atmen in der künstlerisch heiteren Luft Mannheims von Herzen gönnte, sorgtedafür, daß das Hauptziel der Reise nicht aus den Augen verloren wurde.
Übrigens hätte auch ein weniger optimistisches Gemüt als Wolfgang hier allen Grund zu guter Hoffnung gehabt. Bei den Musikern war er schnell beliebt. In Cannabichs Hause war er wie daheim. Bald übernahm er auch den Klavierunterricht der schönen Rosa. Auch mit Wendlings war er innig befreundet und komponierte den Damen Lieder. Der Oboist Ramm erhielt ein Konzert. Überhaupt konnte Wolfgang gar nichts willkommener sein, als wenn er für so treffliche Künstler komponieren durfte. Diese fühlten aber auch in vollem Maße seine Bedeutung und erkannten ihn vor allem auch als Orgel- und Klavierspieler an. »Der Wolfgang«, berichtet die Mutter am 28. Dezember, »wird überall hochgeschätzt; er spielt aber viel anders als zu Salzburg, denn hier sind überall Pianoforte, und diese kann er so unvergleichlich traktieren, daß man es noch niemals so gehört hat: mit einem Wort, jedermann sagt, der ihn hört, daß seinesgleichen nicht zu finden sei. Obwohl hier Beecké gewesen, sowie auch Schubart, so sagen doch alle, daß er weit darüber ist in der Schönheit und Gusto und Feinigkeit; auch daß er aus dem Kopf spielt und was man ihm vorlegt, das bewundern sie alle aufs höchste.«
Es war ehrliche Freundschaft, die Mozart in diesen Künstlerkreisen entgegengebracht wurde, und ehrlich war der Wunsch aller, daß er in Mannheim eine Stellung finde. Er kam ja übrigens auch keinem von ihnen in die Quere und konnte als Klavierspieler und Komponist höchstens die Stellung des ihnen allen verhaßten Abbé Vogler untergraben. G. J. Vogler (1749-1814) war 1771 nach Mannheim gekommen, hatte alsbald die Gunst des Kurfürsten gewonnen und war dann vier Jahre in Italien gewesen, wo er den strengen Unterricht des Padre Martini sehr schnell aufgab und hernach in Padua Musik und in Rom Theologie studierte. Als er 1775 nach Mannheim zurückgekommen war, errichtete er hier dank der Gunst des Kurfürsten eine Tonschule und gewann bald weithin großes Ansehen als Klavierspieler und Lehrer, andererseits den Haß schier aller Mannheimer Musiker. Mozart hat über ihn sehr absprechendeUrteile gefällt. Sicher hat dazu die Abneigung seiner Freunde beigetragen. Aber als Komponist hatte Vogler in der Tat nichts zu bedeuten, und seine Verdienste als Lehrer beruhen hauptsächlich in der Beseitigung manches alten Zopfes. Als Spieler entrüstete er Mozart aber hauptsächlich durch sein allzu äußerliches Gehaben und die lediglich auf Blendung der Zuhörer ausgehende Schnelligkeitsvirtuosität. Ferner empörte sich in Mozart der Komponist gegen die Mißhandlung des Notentextes, die bei diesem wilden Primavistaspiel ja unvermeidlich war. Insofern sind diese absprechenden Urteile über Vogler auch für Mozarts Stellung zum Virtuosentum wichtig. Hier kündigt sich doch überall die neue Zeit an, bei der sich der Komponist nicht mehr so willig den Forderungen des Virtuosen beugt. Hinzu kam, daß eine so echte Schöpfernatur wie Mozart, der immer aus dem Vollen gab, gegen einen Mann einen inneren
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