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Mozarts letzte Arie

Mozarts letzte Arie

Titel: Mozarts letzte Arie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Beynon Rees
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Stufen zur St. Peter-Kirche. Er drückte meine Finger. «Ihnen ist sehr kalt. Lassen Sie uns hineingehen.»

17

    Im stillen Zwielicht von St. Peter ließ der Prinz mich auf der hintersten Kirchenbank Platz nehmen. Er zog einen Flakon aus seinem Mantel und setzte ihn mir an die Lippen.
    Vom Cognac musste ich husten. Vor Erschöpfung sank mir der Kopf in den Nacken, und ich starrte in die Schatten der Kirchenkuppel. Hoch über dem Altar krönten die Engel Maria. Mögen Sie auch mich begleiten, dachte ich.
    Ich nahm noch einen Schluck aus dem Flakon.
    Vor dem Hochaltar knieten betend drei Nonnen. Ein Priester kam aus der Sakristei und raunte ihnen etwas zu.
    Lichnowsky starrte den Priester an. «Wolfgangs Schwägerin ist zu diesen ehrenwerten Gottesmännern gegangen, um sie zu bitten, Wolfgang die Sterbesakramente zu geben.»
    Erleichterung durchrieselte meine Brust wie der Alkohol. «Ich bin froh, das zu hören. Ich hatte befürchtet, dass ihm keine Absolution zuteilgeworden wäre. Constanze hat in ihrem Brief nicht erwähnt …»
    «Die Priester sind nicht gekommen.»
    Lichnowsky sprach die Worte aus, aber ich meinte, in ihnen gleichzeitig Wolfgangs Stimme flüstern zu hören, flehend und verloren durch die Kirche irrend, da ihm seine Sünden nicht vergeben worden waren. Ich sah mich nach ihm um, spürte aber nur einen kalten Lufthauch.
    Die Tür zur Sakristei fiel ins Schloss. Ich drehte mich erschrocken um. Der Priester war verschwunden.
    «Warum sind sie nicht gekommen?», fragte ich.
    «Vielleicht haben sie davon gehört, dass Freimaurer eine gottlose Bande sind.»
    «Aber das ist doch gewiss nicht wahr. Nicht Wolfgang.»
    «Natürlich nicht. Aber seit wann fühlt sich ein Priester dazu bemüßigt, sich irgendwelche Erklärungen anzuhören? Die meisten Logenbrüder sind tief religiös. Doch nach Ansicht der Priester sind wir alle so kirchenfeindlich wie die Illuminaten.»
    Lichnowsky rieb sich mit einem Knöchel über die Schneidezähne. «Die Freimaurer werden von jedermann verdächtigt. Wenn nicht von den Priestern, dann eben von Pergen. Er hat Agenten in die Bruderschaft eingeschleust. Für neue Logen müssen wir Genehmigungen des Polizeiministers einholen und Loyalität gegenüber dem Kaiser schwören. All das haben wir getan.»
    «Aber die Illuminaten?»
    «Sie bleiben im Untergrund. Niemand weiß, wer sie sind. Ich glaube, nicht einmal Pergen. Wenn er ein Mitglied der Illuminaten entdecken würde, dann würde er …»
    Ich berührte den Prinzen am Arm. «Fahren Sie fort.»
    «Auf die Mitgliedschaft bei den Illuminaten», sagte er, «steht die Todesstrafe.»
    Ich nahm einen tiefen Schluck Cognac und reichte den Flakon dem Prinzen zurück.
    «Hat Wolfgang sich in Berlin den Illuminaten angeschlossen?», fragte ich.
    «Berlin.» Unter Lichnowskys Auge zuckte die Haut. Er sah zu, wie die Nonnen weggingen. Als sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, trank er aus dem Flakon und schob ihn sich in den Mantel.
    «Ich erinnere mich an seinen Auftritt vor dem preußischen König», sagte er. «Er spielte wunderbar.»
    «Dennoch hat ihn der preußische König enttäuscht. Er hat ihm keine Stelle angeboten.»
    Lichnowsky starrte den Altar an. «Es hat nie eine Stelle gegeben.»
    «Der König hat ihn getäuscht?»
    Er stützte die Arme auf die Kirchenbank vor ihm und seufzte, als sei er erschöpft. «Ich habe versucht, Madame, Sie auf die Bedrohungen hinzuweisen, denen Sie ausgesetzt sind. Sie hinterfragen den Tod Maestro Mozarts, eines prominenten Mannes, der Zugang zu den Salons der mächtigsten Adligen des Reiches hatte, sogar zum kaiserlichen Hof. Ein Freimaurer, der sich weigerte, sich an die neuen Regeln zu halten, die unsere Bruderschaft verlangt.»
    Ich schüttelte den Kopf. «Er wollte nur Musik machen.»
    «Er liegt in einem einfachen Grab – soviel ich weiß, neben einem Bäcker und einer Näherin –, aber sein Leben war kompliziert, und es berührte Ideen, die mächtige Personen geheim halten wollen.»
    Er sah mich so durchdringend an, dass ich den Blick auf meine Hände senkte.
    «Zu Ihrem eigenen Schutz, Madame, und in der Hoffnung, dass es Sie überzeugen möge, diese Sache nicht weiter zu verfolgen, sage ich Ihnen so viel: Wolfgang war mit seiner Reise nach Berlin nicht unzufrieden. Er hat den Auftrag, mit dem er hingeschickt wurde, erfüllt.»
    «Auftrag?»
    «Unsere Wiener Loge hat ihn hingeschickt, um mit König Friedrich Wilhelm von Preußen Kontakt aufzunehmen.»
    Obwohl ich sie kaum begriff,

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