Mr. Benson
Sie. Nach der heutigen Nacht wird alles andere … wie ein Abklatsch erscheinen.«
Etwas, das ich gesagt, oder die Art, wie ich es gesagt hatte, gab Mr. Benson zu denken. Zuletzt antwortete er: »Trotzdem, es bleibt dabei; geh jetzt. Geh heim, lass dir die Sache durch den Kopf gehen … und wenn du ganz sicher bist, ruf mich an. Nur sei dir über eines im Klaren: Wenn du mich anrufst, dann werde ich dich auf die Probe stellen. Ich werde dir eine Prüfung auferlegen, die schlimmer ist, als du sie dir je vorgestellt hast. Die reine Hölle. Ich werde absoluten Gehorsam von dir verlangen. Ich werde verlangen, dass du mir gehörst, und zwar nicht als Sexpartner, nicht als Freund, nicht als Mensch – nur als ein Arsch, der zufällig mein Leibdiener ist. Keine Spielchen, keine Pause, kein Kopfweh. Mein Spaß, mein Programm, meine Regeln.«
Ich lag immer noch da. Mein Schwanz war so prall, dass ich glaubte, ich würde jeden Augenblick abspritzen, über und über auf meinen Bauch, mein Gesicht, den Teppich … Mr. Benson vertiefte sich wieder in sein Buch, und bald stand ich auf, um mich anzuziehen. Als ich zurückkam, gab er mir einen Zettel. Dann folgte ich ihm wortlos zum Lift.
Der Fahrstuhlführer war nicht der Schwarze von gestern Abend, und gnädigerweise sagte er nichts. Ich brauchte Ruhe, um meine Gedanken zu ordnen. Das Ganze musste mit Vertrauen und Respekt gehandhabt werden, sonst hätte alles keinen Zweck.
»Ruf mich an, wenn du dir sicher bist«, hatte er gesagt. Ich hätte gleich an der nächsten Telefonzelle haltmachen sollen. Aber er wollte, dass ich es mir überlegte. Na schön. Was ich mir wirklich – und rasch – überlegen musste, war die angedrohte »Prüfung«. Die Striemen auf meinem Arsch bewiesen, dass mit so etwas, wenn Mr. Benson es sagte, nicht zu spaßen war. War ich dafür wirklich bereit? Und war er wirklich so etwas Besonderes, dass ich dafür nie wieder einen anderen Mann anschauen wollte? Ja, war er überhaupt etwas wert?
Und wie als Antwort auf meine Fragen lief ich geradewegs in Larry hinein. Larry war der allgegenwärtige Flanellhemd- und Levi’s-Hengst der New Yorker Szene: groß, stark, breitschultrig und wie immer in voller Montur, bestehend aus Bauarbeiterstiefeln, Bomberjacke, Holzfällerhemd und einer Jeans, an der zwei Knöpfe offen waren; so sah man seinen Jockstrap hervorblitzen. Abgerundet wurde das Erscheinungsbild jedes Christopher-Street-Klons durch einen hellbraunen Schnauzer. Aber er war ein heißer Kerl, dieser Larry. Er hatte mich immer angelächelt, wenn auch nie sexuell auf mich reagiert.
»Hey, hast du etwa Tomaten auf den Augen?«
»’tschuldige, Larry.«
»Mann, Junge, ich hab dich ja fast nicht erkannt!« Er warf mir ein strahlendes Lächeln zu, klopfte mir auf die Schulter, und wir hielten ein Schwätzchen, während ich mich auf ihn statt auf Mr. Benson zu konzentrieren versuchte. Das gelang mir schließlich. Und im selben Moment dämmerte mir, dass Larry, nachdem ich ihn ein Jahr vergeblich angebaggert hatte, an mir interessiert war. Es war ein Geschenk des Himmels! Ein gottverdammter Glücksfall! Da war sie schon, meine Prüfung! Würde ich auf Larry genauso abfahren wie auf Mr. Benson?
Ich riss mich zusammen, erwiderte das Blendax-Lächeln, spannte meine Arschbacken an und öffnete wie nebenbei meine Lederjacke, um zu zeigen, dass ich darunter nackt war. Das gefiel ihm, und zwar nicht schlecht. Es folgte die nicht gerade zweideutige Einladung in sein Apartment.
Das war eine gute Prüfung. Gut, weil mir dieser Szene-Abgott tatsächlich imponierte. Vielleicht hatte Mr. Benson ja recht; vielleicht war ich wirklich nicht bereit für ihn, wenn ich so schnell umschalten konnte. Heute denke ich oft an diese Begegnung vor fünf Jahren zurück. Wenn sie nun anders verlaufen wäre? Ich war damals erst fünfundzwanzig. Was, wenn ich letztendlich nicht bei Mr. Benson gelandet wäre?
Aber das sind müßige Überlegungen. Zu guter Letzt landete ich doch bei ihm. Und Larry trug viel zu dieser Entscheidung bei.
Mr. Benson wohnte im unteren Teil der Fifth Avenue. Larry wohnte in Chelsea. Nach meinen Maßstäben konnten sie sich die Waage halten: Mr. Bensons Luxusleben gegen das von Larry als Prinzen des Schwulenghettos. Aber lange konnte ich sie nicht vergleichen: Sobald ich in Larrys vollgestopftes Zwei-Zimmer-Apartment trat, wusste ich, ich hätte das Ganze lieber bleiben lassen sollen. Die Möbel sollten ausländisch wirken; das taten sie auch – wie frisch
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