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Mr. Benson

Mr. Benson

Titel: Mr. Benson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Preston
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eine Zigarette rauchte.
    »Du stehst also echt auf diese Meister/Sklave-Scheiße?«
    Mir wurde klar, dass er jetzt erst die Striemen auf meiner Kehrseite sehen konnte.
    »Ja, wahrscheinlich«, log ich, während ich mir die Turnschuhe zuschnürte.
    »Arme kleine Schwuchtel, dazu verdammt, bis ans Lebensende nach dem Ritter auf seinem großen schwarzen Hengst zu suchen. Weißt du denn nicht, dass es im schwulen Leben keine richtigen Meister gibt?«
    »Nein, das weiß ich nicht, Larry.« Ich sah ihm direkt ins Gesicht.
    »Es sind alles Schwindler. Sie tun nur so, als ob. Nimm dir, was du kriegen kannst, und jag keinen Träumen nach.«
    »Nein, Larry, das werde ich nicht tun. Dazu bin ich nicht bereit. Ich glaube durchaus, es gibt Männer, die können als Männer geben, und andere, die können als Männer nehmen. Ich bin erst fünfundzwanzig und werde weitersuchen.«
    »Na, dann viel Spaß, kleiner Dummkopf! Such nur. Du bist ja noch jung. Aber am Ende wird jeder dir sagen: ›Ich hab’s doch gleich gewusst.‹«
    Ich würdigte ihn keiner Antwort. Ich ging ganz einfach – ging weg von einer traurigen Gestalt, die ihre wahren Gefühle zu vertuschen suchte, indem sie mich kritisierte.
    Es war kalt draußen. Ich vermisste mein T-Shirt, als mir ein frischer Wind vom Fluss her in die Jacke blies, und stürmte zu meiner eigenen Wohnung, die nur ein paar Blocks entfernt lag. Laute Discomusik schlug mir entgegen.
    »Au, Scheiße.«
    Ich machte die Tür auf und schritt durch eine Wolke von Marihuana-Qualm. Jimmy und ein Aufriss – zumindest sah er so aus – saßen in dem spartanischen Wohnzimmer. Unsere begrenzten Mittel hatten uns vor jeglichem Prestige-Getue bewahrt. Wenn es hier gemütlich war, dann wenigstens auf eine ehrliche Art und Weise.
    Ich hatte Jimmy sehr ins Herz geschlossen. Darum wollte ich ihm alles über letzte Nacht erzählen. Erst blickten er und sein Bekannter nur mit glasigen Augen zu mir auf. Bei der Erwähnung des Penthouses wurden sie hellhörig. Ihr staunendes Interesse schlug in sanften Ekel um, als ich den Höhepunkt des Abends beschrieb: wie ich Pisse getrunken hatte.
    »Ich wünschte, die Schwulen würden aufhören, sich selbst zu erniedrigen!«, rief Jimmy.
    »Aber eine richtige Erniedrigung war es ja gar nicht! Ich meine, schließlich hab ich von ihm getrunken. Es war wie … wie ein Geschenk von ihm. Eine Gemeinsamkeit.«
    »Du bist ja krank«, stimmte der neue Bekannte ein. »Wie kann man nur!«
    »Wie hat es denn geschmeckt?« Jimmy gab ein bisschen mehr Interesse zu erkennen.
    »Das möchte ich überhaupt nicht wissen«, unterbrach sein Bekannter. »Manches gehört besser in die Hafengegend oder in die Darkrooms, und dort soll es auch bleiben.«
    »Aber es war doch in einem Penthouse!«, berichtigte Jimmy.
    »Ach … die Reichen sind immer am perversesten. Die können mit ihrer Macht nicht umgehen.«
    »Mr. Benson schon!«, verteidigte ich.
    »Wie heißt er?«, fragte Jimmy.
    »Mr. Benson.«
    »Aber mit Vornamen?«
    Ich musste gestehen, dass ich es nicht wusste. Ich zog den Zettel mit der Telefonnummer heraus.
    »Aristoteles Benson.«
    Sie lachten. Verblüffend, wie gut dieser Name zu ihm passte: Aristoteles, der Lehrer der Jünglinge!
    Ich gab es auf, meine Geschichte loszuwerden. Ich ging in mein Zimmer, legte mich auf mein ungemachtes Bett und dachte nach. Der Raum war ein einziges Durcheinander. Nur die Pinup-Kerle aus dem Drummer schmückten die Wände, und es war nichts an Klamotten sichtbar außer meinem Christopher-Street-Fummel (keine Spur besser als der von Larry). Ich dachte an den einen Anzug, der fürs Büro morgen im Schrank hing. Eine Versicherungsgesellschaft.
    Auf dem Schreibtisch stand ein Foto von meiner Familie. Sie lebte in einem Kaff, tausend Meilen von hier, und obwohl ich eine gute Beziehung zu ihr hatte, führte ich ein so andersartiges Leben, dass es zu Distanziertheit führen musste.
    Mr. Benson war der einzige Mensch, der Leidenschaft in mir entfachen konnte – eine Leidenschaft, die eine Hoffnung auf Geborgenheit und Erkenntnis in sich trug.
    Ich kam mir eingesperrt vor. Sonntag. Was konnte man am Sonntag um diese Uhrzeit schon unternehmen? Das ›Ramrod‹! In New Yorks beliebtester Lederkneipe wäre es auch so früh schon geil.
    Ich sprang in etwas dickeres Outfit. In die Bauarbeiterstiefel und das schwarze T-Shirt hatte ich mich nie so recht getraut. Jetzt zog ich sie an. Dann lief ich, ohne auch nur »Tschüs« zu sagen, nach draußen und erwischte unten ein

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