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Mr. Benson

Mr. Benson

Titel: Mr. Benson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Preston
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stöhnte vor Schmerz. Rocco regte sich und setzte sich im Bett auf, um mich mit angewidertem, verschlafenem Blick zu betrachten. »Was bist du für ein Idiot, dir so was anzutun! Weißt du überhaupt, wie du aussiehst?« Ich stöhnte erneut. »Weißt du, wie du stinkst?« Ein noch tieferer Laut drang aus meiner Kehle.
    Den ganzen Tag über versuchte Rocco, etwas gegen meinen Kater zu tun – zweifellos einen der größten des Jahrhunderts; wobei das Ganze noch durch die Höllenqualen verstärkt wurde, die mein Körper empfand, durch die Wundheit meines Arschlochs, das bis zum Äußersten gedehnt worden war. Wenigstens hinderte mich das, an Mr. Benson zu denken.
    Ich musste ein heißes Bad nehmen, um Feuchtigkeit in meinen ausgetrockneten Organismus zu bekommen, musste ekelhafte Säftchen schlucken, um meinen Kreislauf anzukurbeln, und musste die brennenden Striemen auf meinem Rücken mit Beruhigungssalbe einreiben. Das alles nahm Stunden in Anspruch. Jetzt saßen wir zusammen in einer Bar, was mich betraf, wenigstens halbwegs bei Bewusstsein und mit dem Abschluss von Roccos Therapie beschäftigt, einer Bloody Mary.
    Es war abends um acht. Ich hockte neben Rocco und hörte ihn immer, immer wieder erzählen, was er alles durchgemacht habe, um mich zu finden. »Ich hätte ja sogar Mr. Benson angerufen, aber gestern Abend war im Klub eine Party. Brendan wollte nicht, dass ich hingehe, deshalb musste ich nicht in seiner Wohnung bleiben. War vermutlich nur für Meister.«
    Selbst jetzt noch bestand meine Reaktion bloß in einem Stöhnen.
    »Trink noch einen, Jamie. Dann geht’s dir wahrscheinlich auch morgen wieder schlecht, aber bei deinem Kater macht das eh nichts mehr.«
    Ich kippte noch einen der scharfen Drinks und spürte, wie er sich durch den Schleim fraß, der sich auf wundersame Weise in meinem Hals gesammelt hatte; vorher war meine Kehle ja wie ausgedörrt gewesen.
    »Warum hast du das getan, Jamie? Warum?«
    »Warum nicht? Ich bin allein. Er hat mir meine ganze äußere Schutzhülle genommen, Rocco. Was soll ich denn tun?« Ich wusste, dass ich mich weinerlich anhörte. »Soll ich mir etwa Frau und Kinder zulegen, mit ’nem Brandzeichen auf meinem Arsch?« Eine Träne rollte mir aus den Augen, verdammt!
    Wir hatten uns eigentlich noch gar nicht unterhalten. Der ganze Tag war draufgegangen, um mich einigermaßen gesellschaftsfähig zu machen.
    Ich versuchte dieses Gespräch zu umgehen, indem ich dem Barkeeper ein Zeichen gab: Bitte noch einen!
    »Jetzt übertreib’s nicht gleich wieder. Saufen hilft auch nichts, Jamie.«
    »Und wenn schon, zum Teufel!« Meine Stimme klang bitter.
    »Jamie, das muss ein Irrtum gewesen sein. Jemand wie Mr. Benson tut so was seinem Sklaven nicht an. Ich weiß, es muss etwas anderes dahinterstecken, und das hat mit diesen Vermissten zu tun.«
    »Scheiß auf irgendwelche Vermissten, Rocco! Ich hab meine eigenen Probleme, und was, zum Teufel, fang ich ohne Mr. Benson an?« Der letzte Drink wurde auf einen Schluck abgekippt, und dann winkte ich dem Barkeeper erneut.
    »Bitte, Jamie. Das reicht.«
    »Nein, Rocco, es reicht nicht!« Ich grapschte mir einen neuen Drink.
    Eine Stunde später hatten wir beide ordentlich einen sitzen. Wir verließen die Bar und schlugen die vertraute Route Richtung Fluss ein. Es war Werktag. Zu so früher Stunde konnte man nur ins ›Ramrod‹. Beschwingt gingen wir unserer Wege. Rocco hatte beschlossen, mich nicht allein zu lassen, dabei aber den strategischen Fehler gemacht, bei meinem Alkoholkonsum mitzuhalten wollen. Die Drinks linderten meine Schmerzen und meinen Kater, und obwohl sie bei mir schneller wirkten, wirkten sie doch weniger dramatisch; bald nämlich stellte ich erheitert fest, dass ich Rocco führen musste.
    Aber trotz allem sahen wir auf unserem Weg durch das Village wie ein glückliches Paar aus. Wir alberten herum. Es tat gut, nach so langer Zeit wieder spaßend und lachend mit einem Freund zusammen zu sein. Es ließ mich das ganze schreckliche Schlamassel, in dem ich steckte, etwas rosiger sehen. Wir flirteten mit den Lederkerlen, die an uns vorbeikamen, und starrten viel zu auffallend durch die Scheibe eines Stiefelgeschäfts, wo der lederbekleidete Verkäufer einen Kunden beriet, dessen Hemdbrust wie eine Reklame die Aufschrift »New Jersey« trug.
    Dann erreichten wir die Christopher Street und begannen den Weg zum Fluss hinunter, wobei wir in jeder Kneipe Zwischenstation machten – »nur einen noch!«, wie wir zueinander sagten.

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