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Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell

Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell

Titel: Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Hunt
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Schale kippte um und ergoss ihren Saft über das Bett. Eine Weinbeere entkam Esthers hastigen Bemühungen, das verschüttete Obst aufzusammeln. Interessant, eine Weinbeere. Black Pat zerkaute sie und wischte sich dann die entsetzte Zunge ausgiebig am Vorderbein ab. Eine kurze Weile der Untätigkeit trat ein und endete damit, dass er seine mächtigen Hüften ausstellte und Esther beinahe umstieß. »Huch!«, sagte er mit falschem Bedauern.
    Esther redete flehend die Wand an. »Würdest du bitte aus meinem Zimmer gehen!«
    »Geh du doch. Ich kann nicht.« Black Pat bekam plötzlich einen Schluckauf und stieß ein übelriechendes krächzendes Keuchen aus. Sein Ohr spürte irgendeine Winzigkeit und schlug danach.
    Obwohl seine Augen abgewandt waren, fühlte Esther, dass er sie indirekt belauerte, mit seinen anderen Sinnen. »Black Pat, es ist mir unbegreiflich, was du … Warum sprichst du immer in Rätseln?«
    Black Pat blieb still liegen. »Rätsel haften«, nuschelte er.
    Esther ärgerte sich, dass er schon wieder auswich. »Das sage ich doch, dass mir das rätselhaft ist!«
    »Rätsel«, er schob eine ironische Pause ein, »haften.«
    »Das ist mir zu hoch.«
    »Wie rätselhaft!«, sagte Black Pat mit breitem Grinsen. Dann warf er den Kopf auf Esthers Kissen, das zusammengeknautscht am Kopfteil lag. Er prüfte die Haltbarkeit von Baumwolle mit den Zähnen, und Federn quollen aus einem Loch. Seine Pfoten hinterließen braune Streifen auf Laken und Bezügen, und im Nu hatte er das Bett in eine schmutzige, stinkende Räuberhöhle verwandelt. Er benagte hingebungsvoll eine Ecke ihres Buches, um die Festigkeit zu prüfen. Sie riss ihm das Buch weg und fühlte Brei an den Fingern.
    »Black Pat! Du benimmst dich wie ein Tier.«
    In triumphierendem Ton: »Ich bin ein Tier.«
    Esther betrachtete die ruinierten Seiten. »Angeblich bist du mein Mieter.«
    »Ich glaube, dir ist klar, was ich bin.«
    Sie sah vom Buch auf: Black Pat beobachtete sie mit dem Blick eines Raubtiers. »Ich erhalte meine Aufträge, und ich erfülle sie, ohne mir eine Abweichung zu leisten«, sagte er. »Esther, du solltest allmählich erkennen, dass ich als dein Mieter nicht von meinem Ziel abweiche.« Mit einem grässlichen Schmeicheln in der Stimme fügte er hinzu: »Komm schon, das weißt du doch.«
    Sie war also Teil seines Auftrags. Es war der Donnerton eines Klaviers, das aus dem ersten Stock geworfen wurde und krachend am Boden aufschlug. Ja, vermutlich hatte sie es gewusst. Warum er ihr das nicht schon längst gesagt habe?
    »Weil es noch nicht passte.«
    Esther kauerte in ihrer kleinen Ecke des belagerten Bettes, in ihrem belagerten Haus. Sie dachte an Michael und an die Zeit damals. Gedanken stürmten in hellen Scharen auf sie ein. Sie schloss die Augen, um Michael in ihrem Erinnerungsarchiv zu finden. Er erschien sofort, einen bewundernden Pfiff auf den Lippen, der Big Olivers neuen Gummistiefeln galt. Die nächste Erinnerung wurde ausgewählt: Michael, wie er schläfrig grinsend in diesem Bett hier erwachte und bestritt, dass er schnarchte. Jetzt stand er im Wohnzimmer vor dem Weihnachtsbaum in Pose. Jetzt rannte er vergeblich vor ihrem Schneeball davon. Die Blende ging zu, und das Bild zeigte Michael, wie er mit dem Wender ein Omelett anhob, das ihm angebrannt war, und der Pfanne die Schuld gab. Die Blende ging zu, und das Bild zeigte Michael mit ehrfurchtsvollem Blick, wie er Beth im Krankenhaus nach Little Olivers Geburt einen Kuss gab. Dann kamen die anderen Zeiten, wo er erschöpft in der Einsamkeit seines Arbeitszimmers saß. Da war er, krumm im Garten sitzend, einen Ellbogen auf der Bank. Da war er, von einer tödlichen Stille gefangen gehalten. Die Plätze, an denen Michael allein gesessen hatte, Esther sah sie jetzt vor sich. Und doch nicht allein, denn in jeder Minute dieser Zeit hatte Black Pat bei ihm gesessen, hatte mit seinem Körper eine sandige Kuhle im Garten gescheuert, hatte den Teppich neben dem Schreibtisch langsam verschlissen.
    »Du warst hier im Haus.«
    »Nicht nur hier.«
    Wo denn noch?
    »An vielen Stellen, so gut wie überall.«
    Ein schrecklicher Verdacht keimte auf. »Black Pat, hast du ihn dazu getrieben?«
    Black Pat reagierte mit übertriebener Abwehr. »Nein.«
    »Warst du bei ihm?«
    Keine Antwort. Abendsonnenschein durchs Fenster, der Himmel lila. Er würde von Lila zu Indigo übergehen, von Heute zu Morgen. Im Zimmer hing eine feuchte Kompostwärme.
    »Black Pat, hättest du ihn davon abhalten

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