Mr. Darcy bleibt zum Fruehstueck
hinüber und lächelte. »Das ist ein Kindheitsfreund von Clive. Sie sind zusammen zur Schule gegangen. Er wohnt auf dem Land, in der Nähe von Clives Mum. Ich habe ihn erst ein- oder zweimal getroffen.«
»Nun, er kommt auf uns zu«, sagte ich und nippte an meinem Pinot Grigio.
Während die zwei Männer näher kamen, fiel mir auf, dass er ganz anders als Clive aussah. Er war nicht schick gekleidet, sondern trug ein weites, blaues Baumwollhemd, ausgeblichene Jeans mit zerfetzten Säumen und ausgetretene, braune Slipper. Er war groß und dünn, und ich meine, wirklich dünn, wie ein Rockstar. Aber als er an unserem Tisch stand, sah ich, dass seine körperlichen Vorzüge seinen Kleidergeschmack übertrafen. Er hatte einen elfenbeinfarbenen Teint, für den ein Supermodel töten würde. Und dann waren da seine Augen. Sie waren riesig und blassblau, wie Frostschutzmittel, das man auf Eis kippte. Das Weiß und das Blau kamen durch sein dickes pechschwarzes Haar noch mehr zur Geltung. Er sah eigenartig und gleichzeitig auffallend gut aus. Plötzlich schienen abgerissene Jeans keine so schlimme Modesünde mehr zu sein.
»Kate, ich würde dir gern Griffith Saunderson vorstellen«, sagte Clive.
War Clive so betrunken, dass er lispelte? Griffith?
Der Mann streckte die Hand aus, während ein Lächeln sich langsam auf seinem Gesicht ausbreitete und gerade, weiße Zähne zum Vorschein kamen.
»Grifter?«, sagte ich zögernd, um nicht zu lispeln wie Clive. »Mit so einem Namen hoffe ich, dass Sie nicht auch Banker sind.«
»Griffith«, wiederholte er ungeduldig. »Nicht Grifter. Man nennt mich Griff. Und nein, ich bin kein Banker, sondern Manager eines Herrenhauses in Dorset.«
»Ach, Sie kommen vom Land«, lallte ich. »Das erklärt einiges.«
»Das erklärt was?«, fragte er misstrauisch.
»Ihre Kleidung. Sind Sie eine Art Bauer?« Ich lächelte ihn an.
Emma platzte vor Lachen.
»Nein, ich bin Manager eines Bed and Breakfast«, wiederholte Griff, sichtlich beleidigt. Ich zuckte mit den Schultern, vielleicht lag es an all dem Wein, aber mir war absolut nicht klar, dass ich etwas Beleidigendes gesagt hatte. Wenigstens machte ich es nicht absichtlich.
Aber Clive sah mich entsetzt an.
»Was genau stimmt denn nicht mit Griffs Kleidung?«, fragte er eisig.
»Ich habe ja nicht gesagt, dass etwas nicht stimmt«, protestierte ich, aber es war zu spät. Emma lachte los und antwortete für mich.
»Griff, du bist ein bisschen nachlässig angezogen«, platzte sie heraus. »Kate arbeitet für ein Modemagazin in New York. Sie ist daran gewöhnt, dass Männer in Armani an ihr vorbeiziehen.«
Bevor ich es leugnen konnte, verdrehte Griff seine blauen Augen und grinste mich höhnisch an.
»Nun, ich möchte ein so scharfes Auge wie Ihres nicht beleidigen«, sagte er ernst. Sein Tonfall war so feierlich und herablassend, dass ich auch loslachte und mich bemüßigt fühlte, meine unschuldige, wenn auch betrunkene Bauernbemerkung zu verteidigen.
»Es tut mir leid. Es ist nur, Ihr Hemd ist praktisch durchgescheuert! Und diese Jeans sind am Saum völlig zerfetzt, wenn Sie ›Land‹ sagen, dann nehme ich an, dass Sie im Freien arbeiten. Vielleicht sollten Sie ein paar neue Kleider kaufen.« Meine Bemerkung löste bei Emma noch einen Lachanfall aus, und auch ich musste lachen.
»Kate!«, bellte Clive und sah uns wütend und peinlich berührt an. Griff, der kein bisschen amüsiert war, schnaubte und sah weg.
»Lass nur«, sagte Griff wegwerfend. »Ich muss den Zug zurück nach Dorset erreichen.«
»Kate wird bald vierzig«, sagte Clive als Retourkutsche.
»Clive!«, sagte Emma lachend.
»Ach wirklich?«, veräppelte Griff mich. »Ich habe Sie für viel älter gehalten.«
Am nächsten Morgen hatte ich den schlimmsten Kater meines Lebens und erinnerte mich kaum an den letzten Abend. Ich kroch ins Badezimmer und zwang mich unter die Dusche, wobei ich mich an der Wand festhielt. Ich tat mir sehr leid. Aber als ich da stand, schwitzend und mit pochendem Kopf, erinnerte ich mich plötzlich an Clives Freund und daran, dass ich etwas unhöflich zu ihm gewesen war. War ich unhöflich gewesen? Wie hieß er noch? Biff?
Schließlich schaffte ich es bis ins Wohnzimmer, wo Clive ein englisches Frühstück für Emma kochte.
»Gott, du siehst so schlimm aus, wie ich mich fühle«, bemerkte sie, als ich aufs Sofa plumpste.
»Was haben wir uns nur dabei gedacht?«
»Ihr solltet euch beide was schämen«, sagte Clive. »Ihr habt euch benommen wie
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