Mr. Darcy bleibt zum Fruehstueck
Vorurteil nichts verändert?«
»Du wirst es modernisieren. Frauen von fünfundzwanzig bis fünfundfünfzig werden es lieben«, sagte Jennifer zuversichtlich.
»Du weißt, dass Jane Austen nie geheiratet hat, oder?«, warf ich ein und sah ihr in die Augen.
»Eeeeehrlich?« Jennifer dehnte das Wort langsam und zuckte mit den Schultern. »Ich finde trotzdem, dass den Frauen der Austenaspekt gefallen wird, auch wenn sie mehr eine theoretische Eheexpertin war.«
»Wie du schon festgestellt hast, ich bin fast vierzig«, bemerkte ich spitz. »So zu tun, als sei ich auf der Suche nach einem Ehemann, wird nicht leicht. Bevorzugen diese reichen Männer denn nicht viel jüngere Frauen?«
»Mach dir keine Sorgen, du siehst toll aus«, sagte Jennifer aufmunternd und legte mir eine Hand aufs Knie. »Niemand hält dich auch nur für einen Tag älter als dreißig. Ehrlich. Ich meine das ernst.« Dann schaute sie mich noch eine Sekunde lang an und fügte hinzu: »Vielleicht zweiunddreißig.«
»Das gehört zur Recherche«, erklärte Marianne. »Du kannst deine eigene Frage beantworten. Kann man zu alt sein, um eine gute Partie zu machen? Das ist dein Ansatz.«
Meine erste Reaktion war, schreiend davonzulaufen. Warum sollte ich über etwas schreiben, für das ich zu alt war? Andererseits musste ich der schrecklichen Tatsache ins Auge sehen, dass ich pleite war und es mir nicht leisten konnte, diesen Auftrag abzulehnen.
»Wir bezahlen dir 2,50 pro Wort, also ungefähr fünftausend Dollar«, erklärte Marianne und hob den Vertrag hoch.
»Klingt gut«, ich schluckte, »plus London?«
Marianne nickte. Vielleicht könnte ich meinen Lebensunterhalt als Freiberuflerin verdienen. Ich verließ Marianne und Jennifer und lächelte, als ich an meinen baldigen Ausflug nach London dachte – eine viel einfachere Aufgabe als ein Eheratgeber. Aber meine Zufriedenheit verschwand schnell, als ich mich an mein Versprechen erinnerte, in derselben Woche mit meiner Großmutter zum HNO-Arzt zu gehen. Ich dachte kurz daran, die Reise an Claire abzutreten, änderte aber meine Meinung. Meiner Großmutter ging’s gut. Ich musste nicht unbedingt dabei sein, Iris könnte das übernehmen. Nana würde es verstehen, dass ich fliegen musste. Wer lehnte schon einen Freiflug nach London ab?
5
Parfüm und Engländer
Die eine Hälfte der Welt kann die Vergnügungen der andern nicht verstehen.
Emma
S o drängte ich mich eine Woche später zusammen mit, wie es schien, Hunderten anderen Journalistinnen in einem Zelt in einem Londoner Park, um der Vorstellung eines neuen Dufts namens Intuition beizuwohnen, der in der Pressemappe so beschrieben wurde: »voll zartester Duftnoten von Amber, Jasmin und Moschus«, der aber tatsächlich wie Gin roch. Unter großem Tamtam schritt die Werbepatin, eine berühmte englische Schauspielerin, ins Zelt. Sie trug ein fließendes Kleid aus Tüll und hielt ihre vertraglich festgelegte, sechzig Sekunden dauernde Rede, wie geehrt sie sich fühle, als Gesicht von Intuition ausgewählt worden zu sein, und dass es genauso rieche, wie sie riechen wolle.
Wie eine Alkoholikerin, dachte ich, während ich mich streckte, um die Schauspielerin zu sehen, aber mein Tisch war so weit von der Bühne entfernt, dass ihr berühmtes Gesicht nicht zu erkennen war. Sie war nur ein blonder Fleck am Horizont. Und mehr wurde auch nicht daraus, denn am nächsten Tag, an dem ich sie eigentlich interviewen sollte, war sie krank, sicher, weil sie zu viel Intuition inhaliert hatte. Ich rief den einzigen Menschen an, den ich in London kannte, meine liebe Freundin Emma.
Emma war eine Engländerin, die ich in einem Sommer bei meinem Job als Kostümassistentin kennen gelernt hatte. Die mörderischen Arbeitsstunden, die schlechte Bezahlung und die ekligen Avancen des ständig betrunkenen Hauptdarstellers hatten uns zusammengeschweißt. Das war Jahre her, aber wir waren enge Freundinnen geblieben. Sie war wieder nach London zurückgezogen, um Filmkomponistin zu werden, stattdessen hatte sie sich in einen Mann namens Clive verliebt, der als Hedgefondsmanager (was auch immer das ist) in der City arbeitete. Er hatte Geld und hatte ein Haus in Notting Hill gekauft, das ich noch nicht kannte. Es war höchste Zeit für einen Besuch.
Kurze Beschreibung von Emma: Sie war siebenunddreißig, so groß wie ich, spindeldürr und trug ihre Haare raspelkurz wie Twiggy in den sechziger Jahren. Sie hatte so einen hübschen, lyrischen britischen Akzent, der als gehoben, aber
Weitere Kostenlose Bücher