Mr. Darcy bleibt zum Fruehstueck
es ihr unmöglich machten, anderes als Suppe oder Kartoffelbrei zu essen. Iris saß in der Küche und überprüfte wieder mal ihre Lottoscheine, immer noch auf der Jagd nach dem Luxusleben. Im Moment war der einzige Luxus, den ich mir wünschte, Zeit, um jede wertvolle Sekunde mit meiner Großmutter zu verbringen.
»Im Jackpot sind neununddreißig Millionen Dollar«, verkündete Iris, als ich ins Zimmer kam und mich neben Nana setzte. Ich hielt ihre Hand, ihre Haut war weich und warm. Ich hatte ihre Hände immer bewundert, sie hatte lange, schmale Finger, »Pianohände« nannte sie sie. Aber was ich am meisten liebte, war ihre Eleganz. Selbst beim Abstauben oder Rühren waren ihre Hände ladylike.
»Hast du gespielt?«, fragte Iris.
»Du weißt, dass ich das nicht tue«, sagte ich. »Willst du, dass ich für dich spiele, Nana?«
»Ich habe schon einen Schein, Liebes«, sagte sie freundlich und drückte meine Hand. Ich drückte ihre.
»Möchtest du mitkommen, wenn ich mir einen Lottoschein besorge?«, fragte ich.
Sie schaute verwundert von ihrem Kochbuch auf. Lotto zu spielen war untypisch für mich. Aber das Tolle bei meiner Großmutter war, dass sie nie Fragen stellte. Wenn ich ihr etwas erzählen wollte, würde ich das schon tun.
Es dauerte nur fünf Minuten, zum Eckladen zu fahren und Lotto zu spielen. Aber ich hatte noch ein Ziel im Kopf.
»Hast du Lust, auf Haussuche zu gehen?«, fragte ich, das war unsere Bezeichnung dafür, herumzufahren und so zu tun, als wollten wir ein Haus kaufen.
»Ja!«, antwortete sie und klatschte begeistert in die Hände. Ich setzte mich ans Lenkrad, und los ging’s. Das Wetter war so schön, wir öffneten die Fenster und ließen die Ellbogen heraushängen, während wir ein Viertel nach dem anderen abklapperten. Uns fielen die »Zu verkaufen«-Schilder auf. Wir beschwerten uns über schlechten Geschmack und diskutierten darüber, was wir machen würden, wenn wir den Jackpot knackten. Wir taten so, als gäbe es eine Zukunft für uns.
»Das macht so viel Spaß«, sagte Nana wehmütig. Nachdenklich hatte sie ihr schönes, faltiges Gesicht zum Fenster gewandt. Machte sie sich Sorgen wegen ihrer Biopsie-Ergebnisse? Hatte sie Angst wie ich, oder war sie mit dreiundneunzig darauf vorbereitet? Ich würde nicht fragen, es gab zu viele schöne Häuser, von denen wir träumen konnten.
Wir ließen uns treiben, fuhren aufs Land und einen kurvigen Feldweg entlang. Kamen an Bauernhöfen mit grasendem Vieh vorbei. Aber schließlich führte die Straße einen steilen Hügel hinauf und endete an der Auffahrt zu einem großen Anwesen im georgianischen Stil, das von Fichten umstanden war. Ich hielt den Wagen am Fuß der Auffahrt an. Die kräftig roten Ziegelsteine und schwarzen Fensterläden sahen so einladend aus. Es schien bewohnt zu sein. Jemand kümmerte sich liebevoll darum, es war ein Haus, in dem man sein Leben verbringen und sterben möchte.
»Also das nenne ich ein Zuhause!«, sagte ich grinsend.
Meine Großmutter nickte und zeigte darauf.
»Für so ein Haus musst du einen sehr reichen Mann heiraten.«
Ich kicherte und dachte an den Artikel, den ich noch nicht begonnen hatte.
»Nana, ich glaube, dafür ist es zu spät. Reiche Männer wollen keine Frauen meines Alters.«
Sie drehte sich zu mir um und sah mich ernst an.
»Es ist nie zu spät, Liebes.« Sie lächelte und ließ mich nicht aus den Augen. »Versprich mir, sollte mir irgendetwas passieren, wirst du dich um dich kümmern.«
»Sei nicht albern«, begann ich, aber sie unterbrach mich.
»Versprich es mir!«
»Gut, Nana«, sagte ich neckend und wollte uns beide verzweifelt aufmuntern. »Ich verspreche, einen reichen Mann zu heiraten und in einem Herrenhaus zu leben.«
»Gutes Mädchen«, sagte sie lachend. »Ich will nur sicher sein, dass du glücklich bist, mehr musst du mir nicht versprechen.«
Plötzlich war es Montag, und ich starrte ins Leere, während der Krebsspezialist auf seinem schwarzen Ledersessel meiner Großmutter seine Prognose erläuterte.
»Sie haben Zungen- und Kehlkopfkrebs«, sagte Dr. Wexler knapp. »Inoperabel.«
Nana saß Dr. Wexler gegenüber, als wäre sie eine Gefangene in einem Verhörraum. Mit verschränkten Armen und steifem Rücken standen Iris, Ann und ich an der Wand und hörten zu, als wären wir die Polizeiverstärkung. Aber es gab keinen guten Cop und keinen bösen Cop, nur ein Todesurteil.
»Gibt es irgendwelche Optionen?«, fragte Ann mit zitternder Stimme. »Eine Behandlung
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