Mr. Darcy bleibt zum Fruehstueck
schnell weg.
»Ich liebe es!«, schwärmte sie. »Direkt aus Florida.«
»Aus Palm Beach«, sagte ich. »Die schönste Ecke von Florida.«
»Ich werde ihn anprobieren«, rief sie und lief aus dem Zimmer.
Ann sah zu mir hoch und lächelte.
»Das war nett von dir.«
Ich zuckte mit den Schultern.
»Wir brauchen alle ein bisschen Sonne und Wärme in unserem Leben.«
Ich habe Weihnachten immer geliebt. Ich sah über die kitschigen Ladendekorationen und die Bombardierung mit Werbung für riesige Fernseher einfach hinweg. Ich liebte die besondere Stimmung zu dieser Jahreszeit, wenn ich auch nicht religiös war. Backen, den Baum schmücken, den Truthahn braten, meine Großmutter hatte mir alles beigebracht, aber dieses Jahr spürte ich nichts. Gegenüber Ann, die sich um eine gute Stimmung bemühte, ließ ich mir nichts anmerken. Wir behielten alle drei unsere neuen Kleider an und gingen den ganzen Tag nicht vor die Tür. Iris hatte uns nichts gekauft. Wir hatten sie gebeten, das Geld für ihre Schuldentilgung zu sparen. Stattdessen hatte sie für uns Ingwerkekse gebacken. Sie waren wie üblich ein bisschen angebrannt, aber wir aßen sie trotzdem. Ich musste mit Iris über ihre Spielsucht sprechen, aber ein ernsthaftes Gespräch zu führen war schwer, da sie die ganze Zeit nur einen Badeanzug und einen Sarong trug.
»Ann hat gesagt, dass du immer noch spielst?«, fragte ich geradeheraus.
»Nein!«, fuhr sie mich an. »Nur Bingo. Ich bin seit dem Tod deiner Großmutter nicht mehr im Casino gewesen.«
»Aber beim Bingo gibst du auch Geld aus, das du nicht hast«, sagte ich.
Sie antwortete nicht, senkte den Blick und spielte mit dem Knoten ihres Sarongs.
»Es ist in Ordnung, Mom«, sagte ich, ich benutzte bewusst diese Anrede anstatt wie üblich Iris. »Wir finden einen Weg. Ann und ich haben beide Pläne.«
»Ich habe Ann mit der Soße geholfen«, sagte Iris, ihre Stimmung änderte sich sofort. »Wir haben alle Proben für Chicago fertig. Ich habe die Windy City schon immer mal sehen wollen.«
»Ach, fährst du mit?«, fragte ich, ein bisschen überrascht. Die Soßen waren immer ein Projekt von Ann und Nana gewesen. Iris hatte bisher kein Interesse daran gezeigt.
»Ich brauchte die Hilfe«, erklärte Ann, die aus der Küche, wo sie das Abendessen zubereitete, wieder ins Wohnzimmer gekommen war. Sie sah mir nicht in die Augen. Ich fühlte mich schlecht. Sie hatte um meine Hilfe gebeten, aber ich hatte abgelehnt, um in Palm Beach auf Männerjagd zu gehen, was auch immer das der Familie brachte.
Als wir uns schließlich zum Essen an den Tisch setzten, kehrte das Gespräch wieder zur üblichen Besessenheit unserer Mutter zurück. Lotto.
»Diese Woche ist der Jackpot bei fünfzig Millionen«, sagte sie strahlend.
»Spielst du immer noch?«, fragte ich, obwohl ich die Antwort kannte.
»Ja, natürlich«, sagte sie fröhlich. »Es ist frustrierend, wie sie alles verändert haben. Ich habe für fünf Dollar immer fünf Kästchen gespielt, jetzt kosten fünf sechzehn Dollar. Also spiele ich nur zwei Kästchen für fünf Dollar.«
Ich versuchte zuzuhören, aber meine Gedanken schweiften ab, und ich war froh, als das Abendessen vorbei und ich offiziell erlöst war. Ich zog mich an und ging spazieren, um Marianne anzurufen. Seit ich wieder zu Hause war, hatten wir uns nur SMS geschickt. Ich wollte unbedingt ihre Stimme hören und zählte auf ihr Mitgefühl. Aber ich hätte es besser wissen müssen. Thomas hatte ihr Leben übernommen, und sein erstes Weihnachten war ein Ereignis, das nicht von meiner Krise gestört werden durfte.
»Frohe Weihnachten!«, ich strengte mich an, positiv zu klingen.
»Wie lief’s? Bist du verheiratet?«, antwortete Marianne fröhlich. Es war schön, jemanden zu hören, der glücklich klang.
»Nein«, antwortete ich und klang unglücklich.
»Verlobt?«
»Nein.«
»In festen Händen?«
»Nein.«
»Sag mir bloß nicht, dass du eine Geliebte bist.«
»Nein, kein Glück.«
»Braun gebrannt?«
»Ich bin eine Ex-Beautyredakteurin«, neckte ich sie. »Natürlich bin ich nicht sonnengebräunt.«
»Bitte sag mir, dass du wenigstens eine Story hast!« Sie lachte.
»Viele!«, antwortete ich und lachte auch.
Mariannes Stimme erfrischte mich, und ich spürte, wie sich meine dunkle Stimmung ein bisschen hob. Sie redete lang darüber, wie schwierig die Umstellung von der Leitung einer Zeitschrift auf Mutterschaft war. Sie war erschöpft. Mit dem neuen Druck durch das Baby hatte sie nicht
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