Mr. Darcy bleibt zum Fruehstueck
Falten oberhalb ihrer Lippe vom jahrelangen Rauchen kamen. Aber sie kaufte es mir nie ab.
»Ich habe gesehen, dass du so einen Stick benutzt«, beharrte Iris.
Nana verdrehte die Augen.
»Ich benutze den Stick, danach pudere ich mich.«
»Ich hatte Recht«, sagte Iris triumphierend. »Du benutzt doch den Stick.«
»Iris, lass gut sein«, blaffte ich und nahm die Verpackung, um sie in den Recyclingmüll zu werfen.
»Niemand gibt mir je Recht!«, zischte sie zurück und ging zum Schmollen in ihr Schlafzimmer.
Das war mein Leben zu Hause. Unsere Familientradition bestand darin, schwanger zu werden, schlecht zu heiraten und dann zur Mutter zurückzuziehen. So war es meiner Urgroßmutter, meiner Großmutter und meiner Mutter ergangen. Ich hatte das mit der Ehe und dem Baby vermeiden können, aber irgendwie bin ich dann doch wieder bei meiner Mutter gelandet. Anders als Ann, die in einer Zweizimmerwohnung in Park Slope wohnte und sich als Rechtsanwaltsgehilfin durchschlug. Sie war geschieden.
Ihre Ehe war eine dieser Anfängerehen – zwei Jahre, keine Kinder – mit einem durchschnittlichen Typen namens Matthew gewesen. Wenn sie heute davon sprach, dann war Matthew der nette Kerl, der eine gute Mann, der ihr durch die Lappen gegangen war. Sie hatte ihn verlassen, weil er nicht aufregend genug war, und fünfzehn Jahre und ebenso viele Idioten später bereute sie es.
Ich tröstete mich mit der Tatsache, dass ich zwar wieder zu Hause wohnte, aber wenigstens keines dieser Schnorrerkinder war, die sich aushalten ließen. Jeden Monat gab ich Iris einen Scheck, und sie bezahlte alle Rechnungen. Ich bezahlte die Hälfte der Steuern, Nebenkosten und Lebensmittel. Iris war jetzt pensioniert, hatte aber ihr Arbeitsleben als Angestellte bei der Kraftfahrzeugbehörde verbracht.
Eine halbe Stunde war vergangen, als Iris wieder in die Küche kam, sie hatte zu Ende geschmollt. Ich zog einen Lippenstift aus meiner Handtasche und hielt ihn ihr hin. Iris liebte Lippenstifte und verließ das Haus nie ohne. Sie schnappte ihn mir praktisch aus der Hand und riss wie ein Kind an Weihnachten an der Verpackung. Das war es: Iris reagierte und hatte Trotzanfälle wie ein Kind. Sie war unfähig, außer bei ihrem profanen Job, Verantwortung wie eine Erwachsene zu übernehmen, also war Nana eingesprungen und hatte Ann und mich großgezogen. Sie war die einzige echte Mutter, die ich kannte, und ich liebte sie sehr. Anders als ich hegte Nana viel Sympathie für Iris und gab so oft nach, was ich nie verstand. Selbst Ann, die sechs Jahre älter war als ich, empfand so viel Zuneigung für unsere Mutter, dass sie ihren Launen nachgab. Vielleicht weil Ann sie als echte »Mom« erlebt hatte, bevor unser Vater uns verlassen hatte, eine Seite von ihr, die ich nie kennen gelernt habe. Iris’ Schwierigkeiten waren der Grund, warum das Haus nach dem Tod unserer Großmutter Ann und mir gehören würde, wobei Iris ein lebenslanges Wohnrecht erhielt.
Iris legte den neuen Lippenstift auf und posierte vor dem Flurspiegel, als wäre sie ein Filmstar. Dann, zufrieden mit ihrem Aussehen, setzte sie sich wieder aufs Sofa und rubbelte heftig mit einer Münze auf einem Rubbellos.
»Hast du gewonnen?«, fragte Nana freundlich.
»Nein«, sagte Iris enttäuscht. »Kate, dieses Wochenende sind im Jackpot fünfundzwanzig Millionen Dollar, du solltest spielen.«
»Nein, danke«, erwiderte ich. Ich weigerte mich standhaft, Geld beim Lottospielen zu verschwenden.
»Du kannst nicht gewinnen, wenn du keinen Lottoschein hast«, fügte meine Großmutter hinzu.
»Ich gewinne sowieso nicht und ihr auch nicht.«
Sie zuckten beide mit den Schultern, es war egal, dass sie nie mehr als ein paar Hundert Dollar gewonnen hatten, sie spielten trotzdem. Dass sie glaubten, dass die echte Möglichkeit bestand, Millionen zu gewinnen, kam mir eher verrückt vor. Niemand, den ich kannte, hatte jemals so viel Glück gehabt, jedenfalls niemand aus meiner Familie.
»Ich bin kurz vorm Verhungern«, verkündete Iris und holte ein paar Reste aus dem Kühlschrank. Sie öffnete die Plastikbox und begann gierig zu essen.
Ich ging zum Kühlschrank und nahm eine Flasche Barbecuesoße heraus.
»Tu wenigstens etwas von Anns Soße drauf«, sagte ich unverblümt. Als Nebenjob machte Ann Soßen, Pasta, Barbecue, alles sehr raffiniert und für Feinschmecker. Sie und meine Großmutter kochten leidenschaftlich gern, und zusammen hatten sie diese »geheimen« Rezepte erarbeitet.
Zeit für ein
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