Mr. Hunderttausend Volt!
wissen ganz genau, was Daniel gut tut und was nicht?" Obwohl Jessie schon wieder auf Hundert war, gelang es ihr, spöttisch zu klingen.
"Zumindest weiß ich, dass Sie meinem Sohn nicht gut tun", versetzte Jonas. "Sie nicht und seine verdammte Musikdudelei auch nicht. Ich werde beides aus seinem Leben verbannen."
"Na, dann versuchen Sie mal Ihr Glück." Jessica drehte sich um. Sie hatte genug von dieser Unterredung. Zweimal am Tag Jonas J. Carpenter, das war einfach zu viel!
"Versuchen Sie's", wiederholte sie deshalb nur, während sie sich umwandte. "Ich wette mit Ihnen um eine Rundfahrt auf dem Kinderkarussell, dass Sie mich vielleicht von Daniel fernhalten können, aber nicht die Musik. Die ist allemal stärker als Sie und ich und alles andere auf der Welt. Aber das werden Sie auch noch begreifen, Mr. Carpenter. So alt sind Sie ja auch noch nicht."
Damit ging sie zur Tür. Jonas sah ihr aus weitaufgerissenen Augen hinterher. Doch dann ging ein Ruck durch seinen Körper.
Jessie hatte noch nicht einmal vier Schritte getan, da fühlte sie, wie sich fünf Finger wie Stahlklammern um ihren Oberarm schlossen. Sie wurde festgehalten und herumgerissen.
"Ich bestimme hier, wann ein Gespräch zu Ende ist und wann nicht!", schrie Jonas hochrot vor Zorn. "Was bilden Sie sich eigentlich ein? Sind Sie die Königin von England? Ich will Ihnen mal was sagen..."
Dieser Jonas Jonathan Carpenter hatte ein ganz schönes Repertoire an Beschimpfungen, die er Jessica nun an den Kopf warf. Sie hätte sich gerne losgerissen, ihm rechts und links eine Ohrfeige verpasst und wäre gegangen. Aber der Griff um ihren Arm war so fest, dass sie sich kaum zu rühren wagte, weil Jonas bei der geringsten Bewegung noch fester zufasste und das tat weh.
Er war wirklich ein Vandale! Und was half gegen Vandalismus? Entweder gleichfalls niedere Gewalt – oder Sanftmut.
Bei jedem Atemzug stieg Jessica der Duft von Jonas Carpenters teurem Parfüm in die Nase. Ein Geruch, der so verdammt gut zu ihm passte! Das Parfüm und die kraftvolle maskuline Erscheinung, das waren die sympathischsten Attribute an ihm.
Während er immer noch vor Jessie stand und mit sprühenden Augen seine Tiraden losließ, dachte Jessie darüber nach, ob diese vollen Lippen, die jetzt so wütende Schimpfkanonaden formulierten, ebenso phantasie- und kraftvoll küssen konnten. Ich könnte es ja mal ausprobieren, schoss es ihr durch den Kopf. Immerhin hat dieser Mensch behauptet, ich sei ein Miststück. Mal sehen, er Miststücken widerstehen kann? Außerdem muss ein Mensch, der geküsst wird, den Mund halten!
"...werden Sie dann schon noch erleben!", donnerte Jonas gerade. Jessica hob sich auf die Zehenspitzen, ignorierte den Schmerz in ihrem Arm und sah ihn einen Moment eindringlich an.
"...lasse ich mir nicht..." Der Rest des Satzes blieb Jonas buchstäblich in der Kehle stecken.
Einen Augenblick lang war er viel zu verdutzt, um sich gegen Jessicas ungewöhnlichen Angriff zu wehren. Dann, als ihm klar wurde, was diese verrückte Frau mit ihm anstellte, wurde ihm regelrecht schwindelig. Und dann stellte Jonas mit Erstaunen fest, dass ihn der Kuss ungemein erregte.
Nun war er beileibe kein Kind von Traurigkeit. Bloß weil er mit seinen sexuellen Abenteuern nicht hausieren ging, bedeutete das ja nicht automatisch, dass Jonas keine hatte! Im Gegenteil, er war sexuell sogar sehr aktiv und anspruchsvoll. Nur nahm er für diese Aktivitäten lieber die Dienste einer professionellen Geliebten in Anspruch und ersparte sich die emotionalen Abhängigkeiten, Kleinkriege und Wirren, die eine Liebesbeziehung mit sich brachte.
Mit dieser Methode war er nach seiner Scheidung gut durchs Leben gekommen. Jonas hatte gelernt, seine Gefühle stets unter Kontrolle zu halten und steuern zu können.
Jessies Kuss traf ihn jedoch völlig unvorbereitet. Ihm blieb keine Zeit mehr, sich gegen den Sturm zu wappnen und so wurde er einfach mitgerissen und in einen immer wilderen Strudel aus Leidenschaft geschleudert, der sich schneller und schneller drehte.
Der harte Griff um Jessicas Arm lockerte sich. Jonas' Hände legten sich auf ihren Rücken, während sein Mund voller Verlangen den Überraschungsangriff erwiderte.
Bisher hatte er Männer verachtet, die sich durch den Anblick eines straffen Busens, schöner Beine oder einer tollen Figur aus der Fassung bringen ließen. Doch jetzt diesen weichen und doch bezwingenden Lippen ausgeliefert, erging es ihm genauso.
Oder nein, eigentlich erging es ihm
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