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Mr. Joenes wundersame Reise

Mr. Joenes wundersame Reise

Titel: Mr. Joenes wundersame Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Sheckley
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Nachtleben zum völligen Er-sterben gebracht hatte. Denn nun vernahm er ein schreckliches Gebrüll, ein Keuchen und Röhren, das niemals einer menschlichen Kehle entstam-men konnte. Abrupt hörte es auf, und Joenes hör-te, wie sich im Unterholz vor der Hütte etwas Riesiges bewegte.
    »Was ist das?« fragte Joenes.
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    Laka hatte sich erhoben und klammerte sich nun an Joenes, als hätte jegliche Kraft sie verlassen. Sie brachte nur ein kaum wahrnehmbares Wispern zustande. »Die Bestie! Es ist die Bestie!«
    »Aber ich hatte angenommen, das wäre eine Sage«, prostestierte Joenes.
    »In den Bergen von Chorowait gibt es keine Sagen und Legenden«, erklärte Laka. »Wir verehren die Sonne und den Mond, beide sind real. Und wir haben schreckliche Angst vor der Bestie, welche genauso real ist wie ein Eichhörnchen. Manchmal können wir die Bestie beruhigen, und manchmal können wir sie sogar vertreiben. Doch heute nacht ist sie gekommen, um zu töten!«
    Joenes hegte daran nicht mehr den geringsten Zweifel, als er Zeuge wurde, wie ein riesiger Körper gegen die Seitenwand seiner Hütte krachte. Obwohl die Wand aus dicken Stämmen, verstärkt mit Draht und Eisenankern, gefügt war, zersplitterte sie unter dem Ansturm der Bestie. Und als er auf-schaute, starrte Joenes eben jener Bestie genau in die Fratze.
    DIE BESTIE DES UTOPIA
    Diese Kreatur unterschied sich von allem, was Joenes je gesehen hatte. Von vorne betrachtet, erinnerte sie an einen Tiger, obwohl der Schädel nahezu schwarz und nicht gelbgestreift war. Der 161
    Körper ähnelte dem eines Vogels, denn rudimentäre Flügel wuchsen ihm unterhalb der Schultern aus dem Rücken. Der hintere Teil war der einer Schlange und bildete einen Schwanz, nahezu dop-pelt so lang wie die ganze Bestie. An seiner dick-sten Stelle war der Schwanz so dick wie ein männlicher Oberschenkel, und zudem war er über und über mit Schuppen bedeckt.
    All das nahm Joenes auf einmal wahr, so stark und intensiv drängte sich die Bestie in sein Be-wußtsein. Als die Bestie sich zum Sprung duck-te, schnappte Joenes sich die ohnmächtig wer-dende Laka und flüchtete aus der Hütte. Die Bestie folgte nicht sofort, sondern vertrieb sich die Zeit noch ein wenig, indem sie dem Vernich-tungstrieb nachgab, ehe sie sich auf die Jagd begab.
    Joenes gelang es, sich der Gruppe der Dorfjä-
    ger anzuschließen. Diese Männer, mit Lunu an der Spitze, standen mit gezückten Speeren und Pfeilen bereit, den Kampf gegen die Bestie aufzunehmen.
    Ganz in der Nähe hielt sich der Medizinmann des Dorfes mit seinen beiden Assistenten auf. Der Medizinmann hatte sich sein faltiges Gesicht blau und ockerfarben angemalt. In der rechten Hand hielt er einen Schädel, mit der linken suchte er nervös in einem Haufen magischer Ingredienzien herum. Gleichzeitig beschimpfte er aufs heftigste seine Assistenten.
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    »Idioten!« zischte er gerade. »Ihr kriminell inkompetenten Narren! Wo ist das Moos vom Schä-
    del eines Toten?«
    »Es liegt unter Ihrem linken Fuß, Sir«, sagte einer der Assistenten.
    »Da ist auch gerade der richtige Platz dafür!«
    schäumte der Medizinmann. »Her damit! Und wo ist der rote Leichenstrick?«
    »In Ihrer Tasche, Sir«, meinte der andere Assistent.
    Der Medizinmann fischte die Schnur heraus und fädelte sie durch die Augenhöhlen des Schä-
    dels. Er stopfte das Moos in die Nasenöffnung und wendete sich dann zu seinen Assistenten um.
    »Dich, Huang, hatte ich losgeschickt, in den Ster-nen zu lesen; und dich, Pollito sandte ich aus, die Botschaft des goldenen Hirschen einzuholen. Er-zählt mir schnellstens und ohne zu zögern, wie diese Botschaften lauten und was der Gott uns zu tun rät, um heute der Bestie Einhalt zu gebieten.«
    Huang sagte: »Die Sterne raten uns, heute nacht Rosmarinkränze zu flechten.«
    Der Medizinmann zupfte ein Büschel Rosmarin aus dem Häufchen magischer Ingredienzien und band dieses mit dem Leichenstrick an den Schä-
    del, wobei er das Büschel dreimal um den Schä-
    del wand, und zwar in der Richtung, wie die Sonne wandert.
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    Pollito sagte: »Die Botschaft des goldenen Hirschen besagt, daß wir dem Schädel eine Prise Schnupftabak geben sollen; das, so meinte der Hirsch, wäre genug.«
    »Verschon mich mit deinen dummen Erklärungen«, schimpfte der Medizinmann, »und gibt mir lieber den Schnupftabak.«
    »Ich hab ihn nicht, Sir.«
    »Wo ist er denn?«
    »Sie hatten uns doch vorhin erzählt, Sie hätten den Schnupftabak an einem sicheren Ort

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