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Mr. Joenes wundersame Reise

Mr. Joenes wundersame Reise

Titel: Mr. Joenes wundersame Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Sheckley
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Neurolo-gie leider ums Leben«, erinnerte Ptolemy sich traurig.
    »Unfälle passieren immer wieder«, gab Dalton zu bedenken. »Ich bin nur froh, daß wir der Verwaltung melden konnten, Duglaston hätte sich für ein Urlaubssemester entschieden.«
    Den Professoren schienen Tausende von Geschichten und Geschichtchen über die Entstehung 174
    der Bestie einzufallen. Doch Joenes unterbrach ungeduldig ihre Reminiszenzen.
    »Eines will ich doch noch wissen«, sagte er. »Warum haben Sie die Bestie gebaut?«
    Die Professoren mußten einen Moment nachdenken. Viele Jahre war es her, daß sie die Notwendigkeit für die Existenz der Bestie entdeckt hatten.
    Doch zum Glück trafen die Gründe immer noch zu.
    Nach einer kurzen Pause meinte Blake:
    »Die Bestie war eine Notwendigkeit, Joenes. Sie oder irgend etwas anderes in der gleichen Richtung wurde benötigt, um den Erfolg unseres utopischen Chorowait und im weiteren Sinne eine erfolgreiche Zukunft zu gewährleisten, welche durch unser Chorowait repräsentiert wird.«
    »Verstehe ich«, sagte Joenes. »Aber warum?«
    »Das ist wirklich schrecklich einfach«, sagte Blake. »Stellen Sie sich eine Gesellschaft vor wie Chorowait oder auch jede andere Gesellschaft und fragen Sie sich, auf welche Ursachen ihr Zusammenbruch, ihre Auflösung zurückzuführen sein könnte. Es ist eine schwierige Frage, auf die es im Grunde keine eindeutige Antwort gibt. Doch damit können und dürfen wir uns nicht zufrieden geben.
    Der Mensch lebt in der Gesellschaft, es scheint seine Natur zu sein. Unter diesen Voraussetzungen wollten wir in Chorowait ein perfektes soziales Modell schaffen. Da heutzutage über kurz oder lang alle Gesellschaften zusammenbrechen, woll-175
    ten wir, daß unser Modell wenigstens stabil, gleichzeitig aber auch nachvollziehbar wäre, soweit es die Regeln und Gesetze der Demokratie erlauben.
    Darüberhinaus wollten wir eine angenehme Gesellschaftsform und zudem eine, welche den Menschen zu neuen Erkenntnissen verhilft. Sind Sie mit diesen wertvollen Ideen einverstanden?«
    »Natürlich«, erwiderte Joenes. »Aber die Bestie ...«
    »Genau, an dieser Stelle erscheint die Bestie. Die Bestie, sehen Sie, ist die implizite Notwendigkeit, auf welcher Chorowait ruht.«
    Joenes machte ein reichlich verwirrtes Gesicht.
    Daher fuhr Blake fort:
    »Im Grunde ist das alles sehr einfach und ein-sichtig. Doch zuerst muß man den Bedarf nach Sta-bilität, Ausgeglichenheit innerhalb eines allgemein anerkannten Gesetzes und den Sinn des Lebens akzeptieren. Das ist offensichtlich bei Ihnen der Fall.
    Dann muß man die Tatsache akzeptieren, daß keine Gesellschaft nach reinen Abstraktionen funktionieren kann. Wenn Tugend nicht belohnt und das Böse nicht bestraft wird, verliert der Mensch seinen Glauben, und die Gesellschaft fällt auseinander. Ich gebe zu, daß der Mensch Ideale braucht; diese konnte er jedoch in dieser hektischen, nicht mehr von hehren Werten bestimmten Welt nicht erhalten. Mit Schrecken erkannten die Menschen, wie weit ihnen die Götter entrückt waren und wie wenig sie bewirken konnten.«
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    »Wir wollen auch eingestehen«, sagte Manisfree,
    »daß der Mangel ganz ohne Zweifel im individuel-len Menschen selbst zu suchen ist. Obwohl er ein denkendes Wesen ist, lehnt er es ab zu denken. Obwohl er über eine Intelligenz verfügt, setzt er sie in den seltensten Fällen zur Verbesserung seines Daseins ein. Ja, Joenes, ich glaube, man kann von diesen Voraussetzungen ausgehen.«
    Joenes nickte verblüfft und erfreut, daß die Professoren ihm soweit entgegenkamen und ihm all das zugestanden.
    »Unter diesen Gegebenheiten«, sagte Blake nun,
    »erkennen wir die absolute Notwendigkeit der Bestie.«
    Blake wandte sich danach ab, als wäre zu diesem Thema alles gesagt worden, was man sagen konnte. Doch Dalton, dem dieses Thema sehr am Herzen lag, fuhr fort:
    »Die Bestie, mein lieber Joenes, ist nichts anderes als die personifizierte Notwendigkeit. Was bleibt uns heutzutage noch, wo alle Berge erstiegen und alle Meere befahren sind, wo die Planeten in unsere Reichweite gerückt und die Sterne unerreich-bar fern sind, wo die Götter nicht mehr existieren und die Staaten zerfallen? Der Mensch muß seine Kraft mit irgend etwas messen; wir haben ihm zu diesem Zweck die Bestie erschaffen. Der Mensch braucht sein Dasein nicht mehr in bedrückender Einsamkeit zu fristen; die Bestie lauert ganz in sei-177
    ner Nähe. In seiner Langeweile, seiner Rastlosig-keit braucht der Mensch sich nicht

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