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Mr. Lamb

Mr. Lamb

Titel: Mr. Lamb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bonnie Nadzam
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eine Handvoll von dem kleinen Haufen Reisig und Zunderholz und Kiefernnadeln und schob es zuunterst unter das brennende Holz.
    »Solltest du jemals allein im Wald sein und auf mich warten«, sagte er, »kämst du zurecht. Oder?«
    »Doch.«
    »Du wüsstest, wie du die Nacht durchstehst.«
    »Ja.«
    Sie legte den weißen Ast hinter sich in das kalte Gras.
    »Du hast ein paar Sachen gelernt, wie man draußen in der Natur zurechtkommt.«
    »Das stimmt.«
    Nachdem sie ihr Frühstück gegessen und die Töpfe gewaschen hatten, trank Lamb eine zweite Tasse Kaffee, danach gingen sie an Beifuß und Sumach vorbei den Berg hinauf, an einer tiefen, leeren Senke entlang. Rostige Eisen- und Stahlteile lagen verstreut im hohen Gras – die Forke eines Rechens, Achse und Räder einer Mähmaschine. Daran kamen sie jeden Morgen auf ihrem Weg zu demselben grasbewachsenen Vorsprung vorbei, von dem aus Lamb auf die fernen Vorhügel deutete, den innersten Punkt, wie er ihr erklärte, in einer Spirale aus Bergen und Felsen, wie eine Granitwand, die sich korkenzieherartig um den kleinen Berg zog, den sie, das versprach er ihr, erben würde, wenn er starb.
    Blieben wir für immer hier, erklärte er ihr, würden wir den kleinen Kohleofen aufstellen, ihn so lange polieren, bis er wieder schwarz glänzte, und wir würden wieder ein bisschen Leben hier reinbringen. Dann würden wir einen neuen Stall aus hellem Holz bauen, und ich würde dir eine Herde Ponys kaufen. Du könntest die alten Methoden lernen. Wie man Pudding im Wasserbad kocht. Wie man Kümmelkuchen mit karamellisiertem Zucker dekoriert. Wie man Präriehühner in Fallen fängt und brät. Wir würden Helfer anheuern, nette junge Männer aus Idaho oder Oregon, die vorne um das Grundstück einen neuen Drahtzaun ziehen und alle Zäune flicken würden.
    Wir würden alles hier wiederbeleben. Du würdest unseren Proviant in Blecheimer packen, die wir am Sattel befestigen, oder? Mein Schinkenbrot würde dick mit Butter bestrichen. Über Tag würdest du meine Hemden auskochen und draußen zum Trocknen aufhängen. Und wenn wir am Abend zurückgekehrt sind und uns Gesicht und Hände mit körniger Seife gewaschen haben, würden wir uns alle an dem langen Küchentisch aufstellen, du an der Stirnseite in einem geblümten Kleid, und die Schüsseln mit den warmen Speisen weiterreichen. Wenn alles auf dem Tisch steht, senken wir die Köpfe, und ich spreche das Tischgebet, richtig? Im Winter, wenn wir beide allein sind und am Feuer sitzen, lernen wir ganze Kapitel aus der Bibel auswendig, damit ich richtig gut vorbereitet bin. Und weißt du, für wen ich als Erstes beten werde? Für deine Mutter.
    Und, Herr im Himmel, er wollte sie in der Zeit festhalten, da oben auf dem Berg – ihr zerzaustes Haar von der Farbe fahler Baumrinde, ihre verbrannte Haut, die sich in bläulichen Fetzen vom Gesicht pellte, und dann legte er sich mit ihr in das herrlich strahlende Licht, streckte sich mit ihr auf Bitterkresse und Wildgräsern aus, neben ihnen der alte rostige Rechen, während über ihnen zornige Rotschulterstärlinge ihre Kreise zogen.
    »Hier sind wir ganz allein«, sagte er dann. »Ist der Himmel nicht hell? Hör dir an, wie verrückt die Vögel sind. Wir erfinden die Welt neu, Liebes. Ja. Einfach so. Liegst du bequem? Ist es nicht schön so? Weißt du auch, wie glücklich wir uns schätzen können, dass wir das hier haben?«
    Er blickte intensiv in ihr kleines herzförmiges Gesicht herab, er küsste sie auf die Wange und er küsste sie auf den Mund, und ein erregender Schauer durchfuhr ihn und breitete sich wie ein Fleck in der Tiefe seiner Brust aus.
    »Wir können nicht anders, richtig?«, flüsterte er heiser. Erlegte seine Hand auf ihr Herz und ließ sie dort. »Das hier ist zu groß für uns. Es ist so groß, dass es uns ganz verschlingt, nicht?«
    Achselzucken.
    »Oh, du süßes Kind. Mach das noch einmal.«
    Achselzucken. Sie schloss die Augen.
    »Halt meine Hand, ja? Dann schlafen wir. So, wie wir sind, da, wo wir liegen. Ein kleiner Schlummer hier, wo wir vor Wind und Sonne geschützt sind. Ja. Weiter gehen wir nicht. Nur so weit. Danke.«
    Nach einer Weile hob er sie aus dem Gras und trug sie den Berg hinunter und in die Hütte hinein und legte sie neben sich ins Bett.
    * * *
    Im Holzofen knisterte und zischte es, ein dünner Wind pfiff über das Kaminrohr hinweg, jagte in die Höhe, verfolgte nichts. Tommie legte den zur Seite gedrehten Kopf auf David Lambs Brust, die Knie hatte sie rechts

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