Mr Monk besucht Hawaii
ein Urlaub doch da, oder nicht?«
»Sie dürfen mich ruhig anschauen.«
»Das sehe ich anders.« Er betrachtete wieder die Halsketten, die er auf dem kleinen Drehständer sortierte. An jeder Kette hing ein einzelner Haifischzahn.
»Wir sind hier am Strand. Alle Frauen tragen Badeanzug, Tanktop oder etwas Schulterfreies«, sagte ich. »Sie müssen sich nur umsehen.«
»Lieber nicht.«
»Das sind Brüste, Mr Monk, keine wilden Tiere.«
»So benehmen sie sich aber.«
Seufzend gab ich es auf. »Wenn Sie nicht einkaufen, was machen Sie dann?«
»Ich sortiere die Zähne nach der Haiart und danach, wohin sie im Gebiss gehören.«
»Das nennen Sie Vergnügen?«
Die Ladenbesitzerin stöhnte auf.
Monk nickte nachdrücklich und sortierte weiter. »Das ist ein unglaublicher Spaß. Es gibt rund um Hawaii etwa dreiunddreißig Haiarten, und manche von ihnen haben dreizehn Zahnreihen. Ein normaler Hai stößt im Jahr bis zu eintausendachthundert Zähne ab, in seinem ganzen Leben sind es um die fünfzigtausend. An diesen Ketten hängen alle möglichen Haifischzähne, Hunderte von ihnen, und sie sind in keiner Weise sortiert.«
»Dann ist das so was wie ein riesiges, komplexes Puzzle.«
»Das kann man zu Hause nicht machen, nur auf Hawaii«, sagte Monk. »Ich hatte Glück, dass ich mich hier nicht anstellen musste.«
»Und auch niemand nach Ihnen gekommen ist«, murmelte die Ladenbesitzerin.
»Sie können wirklich diese Zähne voneinander unterscheiden?«, fragte ich.
Er schnaubte verächtlich. »Natürlich. Wer kann denn so etwas nicht?«
»Wie lange sind Sie schon hier?«
»Vor lauter Begeisterung habe ich jegliches Zeitgefühl verloren.«
»Drei Stunden«, meinte die Besitzerin. Ihr versteinerter Gesichtsausdruck ließ keinen Zweifel daran, dass sie jede Sekunde dieser drei Stunden erduldet hatte.
»Ich hatte nicht mehr so viel Spaß seit jenen Jahren, als ich im Sommer mit meinem Bruder einen großen Beutel Erdnüsse geschält habe und wir dann gegeneinander antraten, wer die meisten Nüsse wieder zusammensetzen konnte. Danach haben wir sie dann gegessen. Oh Mann, waren das wilde Zeiten.«
Während er redete, bemerkte ich Lance Vaughan an der Hotelrezeption. Es sah ganz so aus, als wollte er abreisen. »Mr Monk, sehen Sie doch.«
Er schüttelte den Kopf. »Ich dachte, das hätten wir geklärt.«
»Sie sollen nicht mich ansehen, sondern zur Rezeption schauen.«
Er drehte sich kurz um, dann lächelte er die Frau hinter der Theke an. »Das war großartig. Richtig abgefahren.«
»Abgefahren?«, wiederholte ich.
Monk sah mich an und hatte für einen Moment mein Bikinioberteil vergessen, dann drehte er den Kopf aber schnell wieder zur Seite.
»Ja, das sagt man jetzt so. Sie sollten wirklich versuchen, die aktuellen Trends mitzuverfolgen, sonst stehen Sie irgendwann da und verstehen die Welt nicht mehr.« Dann wandte er sich abermals der Ladenbesitzerin zu. »Ich komme morgen wieder.«
»Morgen ist geschlossen«, sagte sie.
»Wann haben Sie wieder geöffnet?«
»Wann reisen Sie ab?«
»Am Dienstag«, erwiderte Monk.
»Am Mittwoch«, gab sie zurück.
»Warum bleibt Ihr Geschäft so lange geschlossen?«
»Ein Notfall in der Familie«, sagte sie.
Monk seufzte leise. »Gibt es noch andere Geschäfte auf der Insel, die Haifischzähne im Angebot haben?«
»Oh ja, es gibt sogar sehr viele Geschäfte mit Haifischzähnen. Alle außerhalb des Hotels.«
»Das ist gut. Ich bin nämlich gerade erst warm geworden«, erklärte Monk und sah wieder über meinen Kopf hinweg, was eigentlich bedeutete, dass er mich ansah. »Vielleicht können wir das ja mal gemeinsam machen.«
»Haifischzähne sortieren?«
»Ja. Wir machen schließlich Urlaub, oder nicht?«, entgegnete Monk. »Vergnügen Sie sich ein wenig.«
Mit diesen Worten machte er kehrt und ging schnurstracks zur Rezeption, wo Tetsuo sich gerade um Lance kümmerte.
»Reisen Sie ab, Mr Vaughan?«, fragte Monk.
Erschrocken drehte Lance sich um. »Ich nehme mir nur ein anderes Zimmer. Ich konnte nicht länger in dem Bungalow bleiben, nachdem …« Seine Stimme klang so erstickt, dass er nicht weiterreden konnte. Er räusperte sich und versuchte es noch einmal: »Das werden Sie sicher verstehen, Mr Monk.«
»Als wir Sie zu Ihrer Frau befragten, haben Sie nichts davon erwähnt, dass sie Stimmen gehört hat.«
Lances Miene verhärtete sich. »Woher wissen Sie das?«
Tetsuo senkte schuldbewusst den Kopf, was Lance aber nicht entging, der ihm daraufhin einen
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