Mr Monk und die Feuerwehr
die in mit Klebeband festgemachten Schuhen steckten und aus dem Verschlag herausragten.
»Das Opfer liegt da drinnen«, sagte Stottlemeyer.
»Ja, das sehe ich«, erwiderte Monk.
»Wollen Sie nicht reingehen?«
»Erst wenn mein Anzug hier ist.«
»Warum tragen Sie den verdammten Anzug eigentlich nicht den ganzen Tag?«, fauchte der Captain. »Dann müssen Sie sich nie wieder Gedanken machen, was Sie anfassen oder was Sie einatmen.«
»Das wäre etwas befremdlich«, antwortete Monk. »Gesellschaftlich.«
»Gesellschaftlich?«, wiederholte ich.
»Ich lenke nicht gern die Aufmerksamkeit anderer Leute auf mich«, erklärte Monk. »Einer meiner großen Vorteile besteht darin, dass ich die natürliche Fähigkeit besitze, mich in fast jeder gesellschaftlichen Situation unbemerkt unter die Menschen zu mischen.«
»Aber überlegen Sie mal, wie viel Geld Sie sparen könnten, weil Sie dann keine Tücher mehr brauchen«, gab Stottlemeyer zu bedenken.
Monk holte seinen Schlüsselanhänger heraus und leuchtete mit der daran befindlichen Taschenlampe in die primitive Unterkunft. Im winzigen Lichtkegel sah man, dass ein Mann auf dem Rücken lag. Er hatte einen ungepflegten Bart und trug mindestens ein halbes Dutzend Hemden übereinander. Mehr ließ sich nicht erkennen, da man ihm den Schädel mit einem Ziegelstein eingeschlagen hatte, der blutbeschmiert neben dem Toten lag.
Ich wandte mich ab.
Bevor ich Monk kennenlernte, hatte ich noch nie jemanden gesehen, der einem Mord zum Opfer gefallen war – niemanden, den man erschossen, erwürgt, erschlagen, vergiftet, zerstückelt oder überfahren hatte. Inzwischen bekam ich im Schnitt zwei bis drei Tote pro Woche zu sehen. Ich fragte mich, ob ich mich jemals an diese Anblicke gewöhnen würde oder ob es besser wäre, wenn ich genau das nicht tat.
»Ist er ein Freund von Ihnen?«, fragte Stottlemeyer an Monk gerichtet.
»Sieht er etwa aus wie ein Freund von mir? Waren Sie nicht dabei, als wir über den Schutzanzug diskutiert haben?«
»Das werde ich niemals vergessen«, gab Stottlemeyer zurück. »Trotzdem dachte ich, Sie würden ihn vielleicht kennen. Deshalb habe ich Sie ja auch herkommen lassen.«
»Ich habe heute länger gebadet als er in den letzten zehn Jahren zusammen«, sagte Monk. »Wie kommen Sie auf die Idee, wir könnten uns kennen?«
Stottlemeyer zeigte auf das Unkraut ein Stück neben der Pappunterkunft. Monk beugte sich vor und entdeckte mehrere Dutzend eingepackte Desinfektionstücher der Marke Wet Ones.
»Außer Ihnen kenne ich niemanden, der von der Sorte so viele Tücher mit sich herumschleppt.«
Monk sah mich an, und wir kamen im selben Augenblick zur gleichen Erkenntnis. Mir lief ein Schauer über den Rücken, aber der hatte mit dem kalten Wind nichts zu tun.
»Sie kennen ihn also«, sagte der Captain, dem unsere Reaktion nicht entgangen war.
»Wir sahen ihn auf der Straße nahe dem Excelsior betteln«, sagte ich. »Er wollte Geld, Mr Monk gab ihm Tücher.«
»Das passt«, kommentierte Stottlemeyer.
»Er ist nicht mehr so leicht wiederzuerkennen«, fuhr ich fort. »Er sieht jetzt ganz anders aus – mit all dem Blut im Gesicht und …«
Weiter kam ich nicht, aber Stottlemeyer nickte. »Verstehe schon. Das ist okay.«
»Das ist nicht der einzige Grund, weshalb wir ihn nicht erkannt haben«, meinte Monk, wandte sich wieder dem Eingang zu und leuchtete über den Toten und das Innere der Unterkunft. Plötzlich musste Monk niesen.
Er stand auf, ließ die Schultern kreisen, und als er uns dann ansah, leuchtete in seinen tränenunterlaufenen Augen ein begeisterter Funke. »Ich weiß, wer ihn umgebracht hat«, sagte er und nieste erneut.
»Ja?« Stottlemeyer sah ihn erstaunt an. »Und wer?«
»Lucas Breen.«
»Breen?« Der Captain seufzte erschöpft. »Ach, kommen Sie, Monk. Sind Sie sich da ganz sicher? Wenn es nach Ihnen geht, tötet er alte Frauen, Hunde und Obdachlose. Was soll er sein? Irgendein Serienmörder?«
Monk schüttelte den Kopf und zog die Nase hoch. »Im Grunde versucht er die ganze Zeit, einen Mord zu vertuschen, muss aber ständig weitermorden, um nicht entdeckt zu werden.«
»Und warum glauben Sie, dass Breen es war?«, fragte Stottlemeyer.
»Sehen Sie sich an, Captain. Sie haben den Mantel bis oben hin zugeknöpft, aber der Tote trägt nicht einmal einen.«
»Vielleicht besitzt er ja gar keinen Mantel.«
»Er hatte einen Mantel, als wir ihn das letzte Mal sahen«, erklärte Monk. »Einen weiten, schmutzigen und zerlumpten
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