Mr Monster

Forman, hart wie Stahl.
    »Aber klar«, erwiderte Radha. »Ich springe einfach aus der Kette heraus und hüpfe da runter, kein Problem.«
    War sie völlig verrückt? Sie wurde wütend, viel wütender als vorher, und zwang ihn damit, ebenfalls wütend zu werden. Aber warum? Ich begriff es nicht.
    »Steig aus der Grube heraus, John!« Forman warf die Drähte weg und stürzte an mir vorbei. Radha bereitete sich auf einen Kampf vor, doch er schlug sie beinahe lässig und traf mit dem Handrücken ihr Gesicht. Sie brach sofort zusammen. Klapperdürr war sie, wie eine Vogelscheuche. Forman zückte die Schlüssel und löste ihre Kette vom Abflussrohr, dann zerrte er sie damit zur Grube. »Ich sagte, du sollst heraussteigen, John.«
    Klatschnass und bibbernd gehorchte ich und setzte mich auf den dreckigen Betonboden. Forman warf Radha ins Loch und stapelte die Bretter wieder obenauf. Das Ende der Kette hielt er mit dem Fuß fest.
    »Hol die Fässer, John!«
    »Nein.«
    Er zog die Waffe und schoss auf meine Füße, verfehlte sie nur um wenige Zentimeter. »Ich sagte, hol die Fässer.«
    Die drei Fässer waren klein, aber schwer. Wahrscheinlich mit Erde gefüllt. Ich rollte eins zu den Brettern und stellte es auf. Als ich das zweite holen wollte, drang von unten eine gepresste, aber trotzige Stimme herauf.
    »Kannst du das nicht einmal von Angesicht zu Angesicht tun, du Feigling?«
    Legte sie es etwa darauf an, dass er sie tötete?
    Forman rannte an mir vorbei, schnappte sich das Verlängerungskabel und trat damit an die Grube. Als er die blanken Drähte auf Radhas Kette legte, schrie sie auf. Die Bretter bebten, und ich malte mir aus, wie sie sich in dem Loch aufbäumte. Kaum eine halbe Sekunde später zog er die Drähte wieder zurück.
    »Sie bringen sie um«, sagte ich.
    »Nein, du bringst sie um«, erwiderte Forman.
    Er hob die Drähte und winkte mir, zu ihm zu kommen. Radha keuchte und würgte, dann deckte sie Forman mit Beleidigungen ein.
    »Nein«, wiederholte ich.
    Er versetzte ihr einen weiteren Stromschlag, und dieses Mal brach ihr Schrei gurgelnd ab, als sie im Wasser versank. Wieder klapperten die Bretter, und sogar das schwere Fass wackelte hin und her. Forman zog die Drähte zurück.
    »Du kannst es beenden, John«, sagte Forman. »Der Schock, den du ihr verpasst, wird der letzte sein, das verspreche ich dir, aber bis dahin …« Er tat es noch einmal, und wieder bewegten sich die Bretter über der Grube. »Bis dahin mache ich einfach weiter.«
    Was sollte ich tun? Wie sah Radhas Plan aus? Sie hatte ein Jahr lang versucht, sein Vertrauen zu gewinnen, und jetzt hatte sie alles weggeworfen – warum? Um Melinda ein paar Stromstöße zu ersparen? Das schien es nicht wert zu sein.
    Ich konnte sie retten – ich konnte mich fügen und ihr einen Stromstoß verpassen, dann würde Forman sie in Ruhe lassen. Konnte ich ihm überhaupt vertrauen? Und selbst wenn ich ihm vertrauen konnte, was hätte Radha dann erreicht? Nichts, abgesehen davon, dass ich Forman gehorcht hatte. Das konnte sie keinesfalls wollen. Sie hatte mir eigens eingeschärft, niemals nachzugeben.
    Wieder versetzte er ihr einen elektrischen Schlag, und sie stieß einen lauten Schrei aus, der nicht mehr menschlich klang. Die anderen Frauen weinten und krümmten sich vor Angst, wollten sich der Welt entziehen, die rings um sie verrückt geworden war. Forman zog die Drähte zurück und bot sie mir abermals an.
    War Radhas Plan ein Trick? Hatte sie geahnt, dass Forman mich einspannen würde? Hatte sie einzig und allein die Absicht verfolgt, mir eine Waffe in die Hände zu spielen, damit ich ihn angreifen konnte? Doch wie sollte sie vorhergesehen haben, dass es dazu käme? Sie wusste nur das, was ich ihr erzählt hatte – dass ich jemanden getötet hatte, obwohl ich kein Mörder sein wollte.
    Gib niemals nach.
    Ich blieb stehen, wo ich war. »Ich tue es nicht.«
    »Bist du sicher?«, fragte er.
    »Ich tue es nicht.«
    »In der Hölle sollst du schmoren, Forman«, sagte Radha mit schwacher, heiserer Stimme.
    »Du zuerst«, antwortete Forman und hielt erneut die Drähte an die Kette.
    Wieder schrie sie auf, die Bretter über der Grube bebten, wackelten und klapperten. Dieses Mal zog Forman die Drähte nicht zurück, sondern hielt sie fest und beobachtete die Bewegungen. Ich wollte auf ihn losgehen, doch er hob mit einer Hand die Waffe und drückte mit der anderen die Drähte auf die Kette. Die drei anderen Frauen kreischten, und ich musste ohnmächtig zusehen.