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Mr Monster

Mr Monster

Titel: Mr Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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erzähle ich ihm alles. Ich darf das Vertrauen nicht verspielen, das ich mühsam erworben habe.«
    »Gut«, willigte ich ein. »Melinda, fangen Sie an. Aber denken Sie nicht darüber nach, was Sie tun. Seien Sie einfach nur traurig.«
    Wieder hörte ich ihre Kette klirren, dann tat sich etwas über mir – erst ein leises Klopfen, ein Kratzen und Scharren und dann ein Knirschen, als sich das Fass langsam über das Holz bewegte – nicht sehr weit, aber es bewegte sich.
    Das wird nie im Leben funktionieren, sagte ich mir, um jede in mir aufkeimende Hoffnung zu ersticken. Ich sehe meine Angehörigen nie wieder. Auch Brooke habe ich für immer verloren. Sie wird älter werden, einen Job im Sägewerk annehmen und Rob Anders heiraten, und er wird sie jeden Abend schlagen. Ich wurde wütend und bemühte mich sofort, das Gefühl zu unterdrücken. Nein, sie wird Rob nicht heiraten. Sie wird jung sterben. Sie wird von einem Auto überfahren. Jung und unschuldig, auf dem Highway platt gewalzt.
    Abermals ruckte das Fass über mir.
    Auch Lauren und Margaret würden sterben, nur Mom nicht – sie würde noch Jahrzehnte leben, alt und einsam. Wahrscheinlich war es sogar ihre Schuld, dass die anderen beiden starben. Jedenfalls würde sie sich ihr Leben lang Vorwürfe machen. Ich hielt inne. Es funktionierte nicht. Ich hätte traurig sein müssen, aber ich fühlte mich nicht traurig. Warum nicht?
    Weil mich das Unglück anderer nicht weiter störte. Ich war ein Soziopath.
    Auf einmal begann eine der Frauen zu weinen. Ich wusste nicht, wer es war. Hatten wir es bald geschafft? Wie lange würde es noch dauern? Erneut kratzte das Fass über das Holz, und gleich darauf drang durch einen Spalt zwischen den Brettern Licht in mein Loch. Irgendjemand hatte die Lampe eingeschaltet.
    »Wie interessant«, sagte Forman so leise, dass ich es fast nicht hören konnte. Er war noch weit entfernt, doch seine Stimme wurde allmählich lauter. Anscheinend kam er die Treppe herunter. »Ein Haus voll ängstlicher, zorniger, verzweifelter Menschen wird plötzlich traurig – schrecklich verzagt, einfach so. Glaubt ihr wirklich, das fällt mir nicht auf?«
    Die Frauen schwiegen.
    »Und jetzt stelle ich fest, dass jemand versucht hat, die Grube zu öffnen.« Forman war sehr viel näher gekommen. »Dabei wisst ihr doch ganz genau, dass es euch nicht erlaubt ist, die Grube zu öffnen. Habe ich recht?«
    Schweigen.
    »Wenn also eine von euch die Grube geöffnet hat, dann darf ich das wohl so auffassen, dass sie hinein will, nicht wahr? Dabei will ich gern helfen.« Auf einmal krachte es laut über mir, dann ein zweites und ein drittes Mal. Die Fässer waren weg, und die Bretter beförderte Forman mit einem Tritt zur Seite. Licht strömte herein und blendete mich. Ich kniff die Augen zusammen.
    »Komm raus, John! Eins meiner Spielzeuge hat sich angeboten, deinen Platz einzunehmen. Ich vermute, sie will auch mal was Schönes erleben.«
    Ich überwand mich und öffnete die Augen. Er hatte eine Verlängerungsschnur in der Hand und stand an der Wand. Der Stecker war jedoch abgeschnitten, und die beiden Leitungen waren blank und voneinander getrennt. So waren zwei Ausläufer von jeweils zehn Zentimetern Länge entstanden. Als er die Drähte zusammendrückte, sprühten Funken.
    »Ihr wisst ja schon, wie viel Spaß das mit euren Ketten macht«, erklärte er den Frauen. »Stellt euch vor, wie viel schöner das erst im Wasser ist.«
    Mit steifen, schmerzenden Beinen richtete ich mich auf und hielt mich an der Kante fest.
    »Nun muss ich nur noch wissen, wer von euch versucht hat, die Grube zu öffnen.« Forman hielt inne und wartete, und nach einer Weile drückte er die Drähte wieder zusammen. »Na?«
    Ich blickte zu Radha hinüber, und auch die anderen Frauen starrten sie an. Genau davor hatte sie uns gewarnt, und jetzt war der Augenblick gekommen, ihre Ankündigung umzusetzen. Es war ihre Gelegenheit, Formans Vertrauen zu gewinnen. Es war klug. Es würde länger dauern, aber letzten Endes funktionieren. Sie konnte freikommen.
    Radha erwiderte mit dunklen, klaren Augen meinen Blick, zögerte kurz und wandte leicht den Kopf, damit das baumelnde Haar ihr Gesicht vor Forman verbarg. Als ich näher hinschaute, sah ich sie hauchen: Gib niemals nach!
    Sie wandte sich wieder an Forman. »Ich war es.«
    »Wie bitte?«, fragte Forman.
    »Entschuldigung«, antwortete sie. »Ich wollte sagen: Ich war es, du bescheuerter Drecksack.«
    Was hatte sie vor?
    »In die Grube!«, befahl

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