Mr Nanny
ihre Herkunft und ihren Charakter und vor allem über die politischen Konsequenzen, die sich für Hartley aus dem Skandal ergeben könnten. Doch niemand brachte etwas Neues, konnte etwas Neues bringen - denn die beiden, um die es ging, äußerten sich nicht. »Das Wichtigste ist, sie weiß, dass Sie wissen, was auf den Bändern drauf ist, und sie wird es vor laufender Kamera bestätigen. Analverkehr und all das.«
Goodman und ich hatten in den letzten Tagen über die genauen Parameter des Interviews mit Leon Rosenberg verhandelt: wo es stattfinden sollte, wie viel von den Tonbändern wir verwenden durften, und, das war am allerwichtigsten, sie hatte zugestimmt, die Art der sexuellen Aktivität verbal zu erläutern - was Leon soeben noch einmal bestätigt hatte. Goodman würde außer sich sein vor Freude. Ich reckte stumm jubelnd die Faust.
»Was die anderen Einzelheiten betrifft«, sagte Leon, »Theresa wäre bereit, diese Woche...«
Ich sah, wie Peter die Tupperware-Box mit der Aufschrift MEDIKAMENTE FÜR DEN NOTFALL aufmachte und drei riesige Plastiktüten herausnahm: Kaliumjodid, ein Vorrat der für ein ganzes Leben reichte, Cipro und Tamiflu. Er begann, die laminierte Karte zu lesen, die ich für Yvette und Carolina im Falle eines Anschlags mit einer schmutzigen Bombe, einer Anthrax-Attacke oder eines plötzlichen Ausbruchs von Vogelgrippe beigelegt hatte.
»Das ist ja wunderbar, Leon.«
»Obwohl sie eigentlich auf eine Big-City-Extravaganza gehofft hatte, ist sie damit einverstanden, dass ihr lediglich das Hotelzimmer bezahlt wird - plus fünfundachtzig Dollar Spesen pro Tag. Aber sie will natürlich gut aussehen. Sie möchte, dass ihr ihr einen Besuch in einem Schönheitssalon bezahlt: Gesichtsmaske, Massage, Pediküre, Maniküre, das volle Programm.«
Ich zog die andere Tupperware-Box außer Reichweite von Peters neugierigen Fingern und stellte sie auf den Boden zu meinen Füßen. Darin befanden sich Medikamente gegen Nussallergien, Asthma-Inhalatoren und Benadryl - alles für die Spielkameraden meiner Kinder, nicht meine Kinder selbst. Es schien, als litte die Hälfte der Freunde meiner Kinder unter irgendwelchen lebensgefährlichen Nussallergien, und einige der Mütter waren vollkommen gleichgültig, dachten oft nicht einmal daran, uns darauf aufmerksam zu machen. Peter hielt mich jetzt sicher für komplett neurotisch. Nicht, dass ich es nicht wäre.
»Leon, ich bitte Sie nochmals, seien Sie so nett und machen Sie der Lady klar, dass wir nicht irgendein Starmagazin sind oder ein englisches Boulevardblatt.Wir sind ein seriöser Nachrichtensender. Wir werden für Frisur und Make-up bezahlen, nicht mehr. Es ist nicht unsere Politik, Interviewgäste zu bezahlen oder sie mit sonstigen Gefälligkeiten wie Gesichtsmasken zu belohnen. Wir haben moralische Standards.«
Leon lachte höhnisch und knallte etwas auf seinen Schreibtisch. »Jetzt kommen Sie mal runter von Ihrem hohen Ross, Schätzchen. Wissen Sie, wie Sie sich anhören?« Er lachte erneut. »Wie Mr. Moralapostel persönlich, Walter Cronkite. Dabei wissen wir beide ganz genau, dass Sie und Ihr ›seriöser‹ Sender nur an der Arschfickerei interessiert sind.«
Ich zwinkerte Peter zu, um ihm zu bedeuten, dass dieses Gespräch noch ein wenig länger dauern würde. Er stand auf, trat ans Fenster und blickte auf die Park Avenue hinunter. Dann durchquerte er das Wohnzimmer, wo am anderen Ende eine Schiebetür in Phillips Arbeitszimmer führte. Beiderseits dieser Tür standen Bücherregale. Er studierte kurz die Buchrücken und zog dann eins mit dem Titel Wie erziehe ich ein Kind, das alles hat? Ratgeber für reiche Eltern heraus, ein Buch, das Phillip gelesen hatte, als ich mit Dylan schwanger war. Ich war entsetzt, aber da er zu weit weg war, konnte ich es ihm schlecht entreißen.
»Gut, Leon. Wir reden hier über einen Mann, der Inhaber eines christlichen Senders war, der vier Kinder hat und seit dreißig Jahren mit einer Frau verheiratet ist, die ein June-Cleaver-Klon sein könnte. Ein Mann, der permanent das Banner der Familie vor sich herträgt, des Glaubens, der Rechtschaffenheit. Es ist die eklatante Heuchelei, die uns interessiert. Aber Sie haben recht, die exakte sexuelle Manifestation dieser Heuchelei spielt natürlich ebenfalls eine Rolle. Insbesondere im Hinblick auf seinen Vorstoß in Sachen Wiedereinführung der alten Anti-Sodomie-Gesetze. Das ist geradezu köstlich, das bestreite ich nicht. Aber, vergessen Sie nicht, wir hatten bereits
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