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Mr Nanny

Mr Nanny

Titel: Mr Nanny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Peterson
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Vormittag - wir wateten knietief in Excel-Dokumenten - kam Phillip mit einer halben Stunde Verspätung hereingeplatzt, einen Stapel Berichte unter dem Arm.
    Er entschuldigte sich weder für sein Zuspätkommen, noch bat er um Erlaubnis, unterbrechen zu dürfen, er legte einfach los. Er sagte: »Leute, ihr habt alle den falschen Baum angebellt. Ich war die ganze Nacht auf, hab mir die Berichte noch mal durchgesehen, und ich möchte, dass ihr mir jetzt sehr gut zuhört: Ich habe Folgendes festgestellt...« Er begann zu erklären, dass wir mit unserer Analyse vollkommen falschlägen und im Grunde unsere Zeit verschwendet hätten. Die Tatsache, dass sein Boss die treibende Kraft bei dieser Analyse gewesen war, bremste ihn kein bisschen. Diese Rebellion mochte unangemessen gewesen sein, doch Phillip hatte einen entscheidenden Vorteil: Er hatte recht. Ich war sehr beeindruckt von seinem Alphatier-Gehabe. Ich war zu der Zeit noch zu jung, um zu erkennen, dass sein forsches Auftreten auf einem überzogenen Selbstwertgefühl beruhte, resultierend aus seiner Herkunft aus einer angestammten, reichen Anwaltsfamilie.
    Als er so dastand, die Faust mit den Berichten schüttelnd, glitt mein Blick über sein blondes Haar, das ein wenig über seine Ohren und seinen Kragen hinauswuchs. Sein Anzug war makellos, maßgeschneidert, die Manschettenknöpfe exakt platziert. Spießige Banker und Anwälte hatten nie lange Haare. Sie wollten auf ihre Klientel so professionell wie möglich wirken - aber dieser Bursche da machte ganz offensichtlich vor niemandem einen Kotau. Er war ein gutes Stück über eins achtzig groß, schlaksig und hatte lange Beine. Als er um den Tisch herumging und vor jeden von uns eine Akte klatschte, bekam ich Gelegenheit, ihn eingehender zu betrachten.
    Er schaute meinen Boss, Kevin Kramer, an und sagte: »Also gut, Leute, wir ändern die Taktik. Wir werden von nun an folgendermaßen vorgehen...« Ich weiß noch, dass ich dachte, Phillip könnte sogar ein Mann sein, der etwas Essbares im Kühlschrank hatte. Seine großen blauen Augen, die wettergegerbten Wangen, das alles gefiel mir sehr. Phillip erinnerte mich an die langhaarigen Studenten, die in Jeansshorts auf dem Sportplatz vor unserer Highschool in Minneapolis Frisbee gespielt hatten, blondes Kraushaar auf der schweißglänzenden Brust, während sie nach der runden Scheibe hechteten.
    Am dritten und letzten Abend hatten wir bis Mitternacht gearbeitet, als er vorschlug, dass vier von uns noch auf einen Drink in die Peabody-Hotelbar gehen sollten, eins der ältesten Wasserlöcher von Memphis. Phillip saß dicht neben mir auf der Bank, ignorierte mich jedoch die meiste Zeit und unterhielt sich stattdessen mit meinen Bossen, Kevin und Donald, die uns gegenübersaßen. Der eichenholzgetäfelte Raum war schummrig, auf den Tischen brannten Kerzen in bunten Gläsern. Der untersetzte Barkeeper im offenen Frackhemd unterhielt sich mit einem Ortsansässigen, der einen schwarzen Cowboyhut trug.
    Ich war ein wenig eingeschüchtert von Phillip, gleichzeitig aber vollkommen hingerissen von seiner Brillanz, seinem Auftreten. Ihn mit meinen langweiligen, arroganten Banker-Bossen teilen zu müssen machte überhaupt keinen Spaß. Kevin und Donald hatten nur eins im Sinn: Geld, Geld und nochmals Geld.
    Kevin blickte zu dem hoch an der Wand installierten Fernseher hinauf, in dem gerade Ross Perot zu sehen war. »Ist das zu fassen? Dieser Typ? In den Vereinigten Staaten von Amerika? Glaubt der tatsächlich, er könnte hier ein Dreiparteiensystem durchdrücken? Vergiss es!«
    Ich konnte nur hoffen, dass man mir meine Verachtung über seine politische Dummheit nicht allzu sehr anmerkte. » So ungewöhnlich ist ein Dreiparteiensystem nun auch wieder nicht.«
    »Hallo?« Er riss ungläubig die Augen auf, als habe er es mit einem Kleinkind zu tun. Dann legte er seine Hände zusammen, knallte die Handkanten auf eine Seite des Tisches und sagte: »In diesem Land haben wir hier die Demokraten.« Er knallte die Handkanten auf die andere Tischseite.»Und hier die Republikaner. Zwei Parteien. Kapiert?«
    »Ja, Kevin, ist angekommen. Aber haben Sie je von der sogenannten Bull Moose Party gehört?«
    »Hä? Die Bull was?«
    »Ach, nichts weiter. War bloß Teddy Roosevelts Partei«, antwortete ich und zerbiss geräuschvoll einen Eiswürfel.
    »Okay, Superhirn, kann ja mal gewesen sein. Einmal. Aber wie sagt man so schön: Ausnahmen bestätigen die Regel!« Er stieß ein widerwärtiges Grunzen aus,

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