Mr Pink Floyd
zahlreiche Leute zu Pink Floyd bekehrt haben, vor allem wegen des Videos vom berühmten Venedigkonzert, wo ich ein violettfarbenes, eng anliegendes kurzes Kleid und schwarze Handschuhe trage, die bis zu den Ellbogen gehen. Danach habe ich, wegen des Kleids, etliche Heiratsanträge bekommen. Einmal brachte mir David Gilmour einen ganzen Packen Briefe vorbei, adressiert an die EMI oder einfach nur an » Pink Floyd , England«.
Was es da noch zu beklagen gibt, wollt ihr wahrscheinlich jetzt wissen. Ich werde versuchen, es euch zu erklären. Während der DARK SIDE - Tour, als Pink Floyd noch vereint waren, hießen die Backgroundsängerinnen Vanetta Fields und Carlena Williams. Fast fünfzehn Jahre später, angefangen mit LAPSE, wurden sie von mir und den beiden Schwestern McBroom ersetzt. Drei Backgroundsängerinnen also, aber in einem Fall war ich Solistin: und zwar bei dem weltberühmten Solo von The great gig in the sky . Wer sich an diesem Stück versucht, für den bedeutet das unweigerlich, sich mit diesem Phantasma namens
Clare Torry zu messen, der Sängerin, die bei den Aufnahmen eine göttliche Performance hingelegt, das Stück regelrecht neu erfunden hat. Ich habe stets mein Bestes gegeben, aber ich wusste, dass es nie genug sein würde. Die Zuschauer hatten diese eine Version im Kopf: Nichts von dem, was ich versuchte, würde damit zu vergleichen sein.
Als ich schließlich nervlich total am Ende war, bat ich David Gilmour, mich mit Playback singen zu lassen: »Auf deiner Stimme oder auf ihrer ?«, erwiderte er, woraufhin ich verstummte und die Sache im Sand verlief. Letztendlich griff er aber meine Idee auf, denn das Solo auf dem Video vom Venedigkonzert ist von Clare, nicht von mir.
Auf jeden Fall geisterte ihr Phantasma ständig in meinem Kopf herum. Ihr wisst sicherlich alle, wie es zu dieser wundersamen Aufnahme kam: Pink Floyd dachten an eine echte Opernsängerin wie Cathy Berberian, aber Alan Parsons, der damals ihr Tontechniker war, setzte ihnen diese unbekannte Blues-Sängerin vor die Nase. Die tauchte dann auf einmal auf und bekam zu hören, sie könne singen, wie sie wolle, Hauptsache, sie denke dabei an den Tod. Von irgendwoher rückte sie mit diesen orgiastischen himmlischen Klängen heraus, steckte die dreißig Pfund Honorar ein und verschwand wieder. Eine »typisch englische Hausfrau« beschrieb einer aus der Band ihr Aussehen, was durchaus auch dem Eindruck auf dem einzigen bekannten Foto entspricht. Wie viele Freundinnen haben versucht, mich mit Aussagen zu trösten wie: »Du treibst die Männer reihenweise in den Wahnsinn, würdest du wirklich mit diesem Pausbackengesicht tauschen wollen?«, aber das machte mich nur noch irrer. Ich stellte Nachforschungen an und merkte, dass über diese Frau nichts bekannt war: Nicht, wo sie geboren ist, nicht, wo sie wohnt oder ob sie noch lebt … Es gab Leute, die sie aufgrund einer fiesen Krankheit oder sogar wegen Selbstmord für tot erklärten, andere nahmen fälschlicherweise an, sie habe an dieser oder jener Platte mitgearbeitet. Ich sprach auch
mit einem Tontechniker, dem zufolge die besagte Clare Torry nie existiert habe, sondern eine Erfindung von Pink Floyd sei, die mit ihrer Hilfe von einem elektronischen Teufelsgerät, das synthetische Stimmen produzieren konnte, ablenken wollten … Falls ihr wissen wollt, warum man mich auf einmal nirgends mehr sah, so liegt das daran, dass ich irgendwann zusammengebrochen bin: Jagen einem auf lange Sicht ständig Phantasmen hinterher, wird man über kurz oder lang selbst zu einem. Aber den Gnadenstoß hat mir eine Nachricht versetzt, die vor ein paar Jahren zu kursieren begann: 2003 soll Clare Torry wieder ein Lebenszeichen von sich gegeben und von Pink Floyd Tantiemen für das Stück gefordert haben, schien ihr doch eine Pauschale von dreißig Pfund etwas wenig für ein Album, das im Laufe von dreißig Jahren über eine Million Mal verkauft worden ist … Wie kann man nur dreißig Jahre brauchen, um zu merken, dass THE DARK SIDE OF THE MOON ein ungeheurer Erfolg war? Was hat sie in der ganzen Zeit angestellt, wo war sie ? Ich schrieb David Gilmour daraufhin einen Brief mit der Frage, ob das wahr sei: Ihr werdet’s nicht glauben, aber er sagte, Ja! Und dass sie auf privater Ebene übereingekommen seien! Außerdem gebe es eine Klausel in ihrer Übereinkunft, die Torry untersage, den Inhalt publik zu machen, während Pink Floyd nichts verbreiten dürfe, was Torry angehe. Da frage ich mich doch: Wozu diese
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