Mr. Postman
blieben blass und fischig.
»Sitzen Sie bequem?«
»Es geht.«
»Gut, dann können wir beginnen.« Auch er nahm Platz und drückte sich auf den zweiten Stuhl, der rechts neben mir stand. Die Maus lag dabei in seiner Reichweite.
»Darf ich fragen, was Sie mir zeigen wollen, Mr. Manson?«
»Dürfen Sie, doch ich halte mich mit der Antwort zurück. Nur soviel kann ich Ihnen verraten: Es wird kein Surfen durch das Internet werden. Wir bleiben schon sehr konkret.«
»Ich bin gespannt.«
»Das muss auch so sein.« Er grinste mich von der Seite her an, und das Grinsen gefiel mir überhaupt nicht. Er führte etwas im Schilde gegen, mich, das stand fest. Nur war es müßig, sich darüber Gedanken zu machen. Ich wollte alles an mich herankommen lassen und war entsprechend wachsam.
Er hatte den Apparat eingeschaltet. Das leise Summen war verstummt.
Auf dem Schirm erschienen einige technische Daten, wie es bei einer CD-ROM der Fall war.
Ich wartete ab. Meine Gedanken schweiften dabei zurück in die Vergangenheit. Mit magisch veränderten Computern oder CD-ROMs hatte ich meine Erfahrungen sammeln können. Allein durch Shao, die einmal durch ein Computerspiel in ihre Totenwelt hineingeraten war.
Aber auch gegen einen CD-ROM-Vampir hatte ich schon kämpfen müssen. Deshalb war ich auch hier auf alles gefasst und nahm mir vor, mich nicht erschüttern zu lassen.
Zudem war ich davon überzeugt, mich auf der richtigen Spur zu befinden. Mein Gefühl sagte mir, dass ich den Fall durch diesen Besuch hier lösen würde oder zumindest die alles entscheidende Spur fand.
Hoffentlich war es dann für die Frauen nicht zu spät.
»Alles klar, Mr. Sinclair?«
»Bei mir schon.«
»Gut, dann geben Sie acht.«
Ich gab acht. Er spielte mit der Maus, ließ den Pfeil wandern und klickte, als die Spitze das kleine Kästchen mit der Aufschrift Start erreicht hatte. Auf dem Monitor veränderte sich das Bild. Eine Tabelle erschien. Unterteilt in mehrere Kästchen. Ich konnte nicht alle durchlesen, hatte allerdings den Namen Manson noch entdeckt. Der Pfeil wanderte dorthin. Wie ein Klick.
Dann Mansons flüsternde Stimme: »Achtung, Sinclair!«
Ich konzentrierte mich auf den Monitor. Was er mir zeigen wollte, darüber hatte ich nicht großartig nachgedacht. Ich wollte mich auch nicht überraschen lassen, wurde es trotzdem, als ich erkannte, was sich da abmalte.
Es war ein Gesicht. Eines, das ich kannte. Ich schaute genau auf das Gesicht des Mannes, der neben mir saß. Nein, ein Lächeln huschte nicht über meine Lippen. Ich stieß nur den Atem aus.
»Nun, Mr. Sinclair?«
»Was soll ich dazu sagen?«
»Nun ja, was Sie fühlen oder denken.«
»Es hat mich schon überrascht, Sie auf dem Bildschirm zu sehen, Mr. Manson.«
»Danke, sehr freundlich.« Er kicherte, so dass ich mich beinahe gezwungen sah, einen Blick zur Seite zu werfen. Manson hatte sich verändert. Er sah gespannt aus. In seinen blassen Augen lag jetzt ein schon fanatischer Glanz. Ähnlich wie bei einem Computerfreak, der sich nicht von seinem Bildschirm lösen konnte.
»Eine Frage, Mr. Sinclair. Wen sehen Sie da?«
»Was soll das? Sie sind es!«
»Sicher?«
»Ja.«
»Irrtum!« flüsterte er. »Sie irren sich, Sinclair. Aber das ist natürlich und menschlich. Ich bin es nämlich nicht.« Er atmete sehr laut auf, bevor er weitersprach. »Das Gesicht, das Sie da auf dem Bildschirm sehen, gehört nicht mir, sondern meinem Zwillingsbruder…«
Wieder ein Schock!
Ich hatte ihn gehört, und ich saß auf dem Platz ohne mich zu rühren.
Es war eine verdammte Überraschung gewesen. Dieser Manson hatte also einen Zwillingsbruder. Ich packte es nicht, aber ich merkte, dass sich der Knoten zu entwirren begann. Möglicherweise war alles einfacher, als ich bisher gedacht hatte.
Er ließ mir Zeit, die Überraschung zu verdauen. So konzentrierte ich mich auf das Bild auf dem Monitor, um jede Einzelheit des Gesichts wahrzunehmen. Es gab keine Unterschiede zwischen den Gesichtern.
Das auf dem Bildschirm war mit dem des Mannes neben mir völlig identisch. Bis aufs letzte Detail. Ein Irrsinn, kaum zu begreifen, aber auch völlig natürlich. Warum sollte nicht jemand das Foto seines Zwillingsbruders einspeichern? In diesem Fall allerdings steckte mehr dahinter, und ich würde es auch erfahren. Zunächst gab ich keinen Kommentar ab, saß beinahe wie entspannt auf dem Stuhl, und das gefiel dem Mann auch nicht.
»He, warum halten Sie sich so zurück? Sind Sie nicht überrascht? Warum
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