Mr. Postman
wiederum versuchen es mit Magie.
Und wer den richtigen Weg fand, der konnte tatsächlich einen Erfolg erzielen, so wie Cassius Manson.
»Warum sagen Sie nichts, Sinclair?«
»Ich muss erst darüber nachdenken.«
»Tun Sie es nicht!« flüsterte er. »Tun Sie es nicht. Sie werden es nicht begreifen. Sie zerbrechen sich nur den Kopf darüber, und wenn Sie nicht stark genug sind, dann können Sie sogar dem Wahnsinn anheimfallen. Ehrlich.«
»Ja, es gibt diese Menschen.«
»Gehören Sie nicht dazu?« fragte er.
»Bisher habe ich mich gut gehalten. Oder finden Sie nicht?«
Er lachte. »Schon, Mr. Sinclair. Sie haben sich wirklich gut gehalten.«
»Erzählen Sie weiter.«
»Danke, ehrlich. Ich freue mich, dass ich es Ihnen sagen kann. Das findet man nicht oft. Mein Bruder lebt also. Und er existiert als Skelett. Aber das werden Sie ja bereits wissen, wie ich hörte.«
»Tatsächlich? Von wem?«
»Oh… Mr. Sinclair. Denken Sie doch daran, dass wir beide Zwillinge sind. Wir stehen und standen immer in Verbindung. Wir haben uns stark geliebt. Wir waren diejenigen, die nie auseinander gingen. Wir blieben stets auf einer Linie. Wir mochten uns. Wir haben uns versprochen, dass uns auch der Tod nicht trennen kann. Etwas von ihm ist auch auf mich übergegangen. Die Verbindung zwischen uns bleibt bestehen. Selbst der Tod hat da keinen Schnitt machen können.«
»Wie… ähm… war denn die Verbindung? Ich meine, wie stellt sie sich dar?«
»Ich weiß, was er denkt, und er weiß, was ich denke. Das Band ist nicht gerissen, und wenn Sie nach vorn schauen, dann sehen Sie es genau vor sich.«
Ich blickte wieder auf das Gesicht des Cassius Manson. Da war von einer Skelettfratze nichts zu sehen. Das Gesicht glich haargenau der Person, die neben mir saß. Ich hob die Schultern und tat sehr ahnungslos. »Begriffen habe ich zwar nicht viel, aber…«
»Hören Sie doch auf, Sinclair. Sie haben sehr wohl etwas begriffen. Sie können mich nicht aufs Glatteis führen. Sie nicht. Sie waren Cassius auf den Fersen, das weiß ich. Sie haben sogar auf ihn geschossen, aber sie haben ihn nicht getroffen. Ich kenne mich aus, ich habe es von ihm gehört. Sie sind auf der Jagd nach ihm, aber Sie werden ihn nicht bekommen, weil er besser ist als alle anderen.« Scharf atmete er aus.
»So, Mr. Sinclair, und jetzt werde ich Ihnen etwas zeigen. Sie sollen meinen Bruder so sehen, wie er tatsächlich ist. Ich werde Ihnen beweisen, dass das Band zwischen uns steht.«
»Wie Sie wollen.«
Er bat mich, etwas zur Seite zu rücken, was ich auch tat. So konnte Gordy Manson direkt auf den Monitor schauen und auch geradewegs in das andere Gesicht.
Sie starrten sich an. Auf der einen Seite das Gesicht im Computer, auf der anderen der lebende Mensch. Gordy hob beide Arme an und presste seine Fingerspitzen gegen die Stirn. Er musste sich konzentrieren und das Band noch mehr festigen.
Ich ließ ihn in Ruhe. Es war eine entscheidende Szene, das wusste ich.
Von der Seite her beobachtete ich, was dort ablief. Noch passierte nichts. Das Gesicht auf dem Schirm blieb ebenso unbeweglich wie das des Menschen Gordy Manson.
Aber nicht mehr lange. Es geriet Bewegung hinein.
Plötzlich veränderte sich die Haut. Sie zuckte. In das Gesicht auf dem Schirm geriet Leben. Für mich sah es so aus, als würde er scharf grinsen. Dabei dünnte die Haut immer mehr aus. Sie straffte sich weiter, sie dehnte sich. Der gesamte Kopf blieb nicht mehr ruhig. In diesem Fall wusste ich allerdings nicht, ob ich eine Computeranimation sah oder eine echte Verwandlung stattfand.
Es war schon beeindruckend, wie sich die Haut plötzlich auflöste, als wäre Säure über sie hinweggekippt worden. Sie ging zurück, sie dampfte nicht einmal weg, sie verschwand so, und es trat das zum Vorschein, was sich darunter befand. Ich sah Knochen…
Bleiches Gebein. Zerfetzt, rissig. Von dünnen Blutfäden gezeichnet.
Offene Augenhöhlen, in denen die Finsternis der Hölle lag. Tiefe Schächte, ein offenes Maul, darüber ein Oval, in dem früher einmal die Nase gesessen hatte.
Ein Bild des Schreckens, aber so verdammt echt, denn dieses Gesicht hatte ich schon gesehen und auch die dazugehörige Gestalt.
Bisher hatte sich Gordy Manson nicht gerührt und sich auch nicht gemeldet. Jetzt aber sprach er den Namen seines Bruders aus. Er flüsterte ihn mit wahrer Inbrunst. »Cassius… mein geliebter Cassius. Sehen Sie ihn? Sehen Sie ihn, Sinclair? Das ist er. Das ist mein Bruder. Und er ist nicht
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