Mr. Postman
trotz des Teppichs. Zwischen den Scherben breitete sich die Lache aus.
»Langsam, Lilian, langsam…«
»Das sagen Sie so. Ich bin davon überzeugt, dass dieser Killer noch in der Gegend herumgeistert.«
Glenda hob die Schultern. »Da könnten Sie recht haben, aber wir sollten nicht zu pessimistisch denken.«
Lilian nickte. Da sie keine Uhr trug, fragte sie Glenda: »Wie spät ist es eigentlich?«
»Gleich halb zwei.«
Lilian erschrak. »So spät schon. Dann hat er noch Zeit bis zum Hellwerden.«
»Wir aber auch.«
»Das sagen Sie so.« Lilian schaute vor ihre Füße. Ihr war anzusehen, dass sie nachdachte. »Ich weiß gar nicht, wie ich das alles meinem Mann erzählen soll. Der dreht durch, wenn er…«
Glenda ließ sie nicht ausreden. »Wissen Sie was, Lilian?« Sie wartete, bis sie angeschaut wurde. »Ich will mich ja nicht in Ihre Eheprobleme einmischen, aber wäre es nicht besser, wenn Sie ihm die Wahrheit sagen und dann beide versuchen, einen Neubeginn zu schaffen?«
Lilian lachte auf. »Ha, wenn das so einfach wäre.«
»Das habe ich damit auch nicht gesagt. Ich kann mir vorstellen, dass es schwierig ist. Da fühlt man sich verletzt, gekränkt, aber Sie haben bisher zusammengehalten, und warum sollte das nicht auch weiterhin der Fall sein?«
Lilian schaute zu Boden und nickte. »Ja, Glenda, im Prinzip haben Sie recht. Man sollte es versuchen.«
»Eben. Falls Sie dabei Unterstützung brauchen, ich stelle mich zur Verfügung, obwohl es im Prinzip eine Sache zwischen Ihnen beiden ist. Überlegen Sie es sich.«
»Ja, mache ich«, erwiderte die Frau leise und musste sofort umdenken, als Glenda ein anderes Thema anschnitt.
»Sie rechnen damit, dass dieser Killer noch frei herumläuft und versucht nachzuholen, was ihm nicht gelungen ist. Das ist auch meine Meinung. Von John Sinclair wissen wir, dass er nicht nur versucht hat, Sie umzubringen, sondern auch eine Nachbarin namens Celine di Cappo.«
»Ja, das stimmt.«
»Sie ist bestimmt allein - oder?«
Lilian nickte.
»Ich glaube, dass es besser ist, wenn Sie die Frau anrufen und bitten herzukommen. Dann wären wir zu dritt. Ich kann mir vorstellen, dass sie in einer schrecklichen Angst lebt.«
»Das ist wahr. Nur habe ich mich mit ihr nie so besonders gut verstanden. Sie kam mir immer arrogant vor. Spielte die große Lady.«
Glenda winkte ab. »Das war sicherlich alles nur Tünche, um gewisse Probleme zu überdecken.«
»Kann sein.«
Glenda deutete auf das Telefon. »Versuchen Sie es. Es kann nicht schaden.«
Lilian war noch skeptisch. »Soll ich wirklich…?«
»Ja, bitte.«
Sie lächelte. »Gut, weil Sie es sind, Glenda. Sie haben mir schließlich das Leben gerettet.«
Sie winkte ab. »Ach, hören Sie auf.«
Lilian Evans ging zum Telefon. Die Nummer hatte sie gespeichert und brauchte nicht zu wählen. Sehr schnell meldete sich die Frau. Es war klar, dass sie nicht hatte schlafen können. Glenda Perkins hielt sich zurück und beobachtete Lilians Reaktion. Sie hielt sich gut, sie sprach auch nicht zu hektisch und nervös, und Glenda entnahm ihren Worten, dass der Vorschlag auf fruchtbaren Boden gefallen war. Als Lilian auflegte, sich umdrehte und nickte, da lächelte sie auch. »Ja, sie wird kommen.«
»Gut, und wann?«
»Sofort. Es sind wirklich nur ein paar Schritte.«
Glenda erhob sich aus ihrem Sessel. Sie ging auf den Erker zu, in dem eine kleine Sitzgruppe stand. Dort standen auch zwei Leuchten mit jeweils zwei Schirmen von der Wand ab, die aber waren ausgeschaltet, so dass der Erker beinahe im Dunkeln lag und Glenda auch nicht gestört wurde, wenn sie nach draußen schaute, da sie vom Dunkel in das Dunkel hineinsah.
Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und musste sich ebenfalls zusammenreißen, um ruhig zu bleiben. Auch sie glaubte fest daran, dass die Gefahr noch nicht vorbei war. Irgendwo lauerte Mr. Postman, der knöcherne Killer. Verstecke gab es genug, in denen er ruhig abwarten konnte. Irgendwann, wenn es für ihn richtig war, würde er seine Deckung verlassen und zuschlagen.
Auf der Straße tat sich nichts. Niemand war unterwegs. Am Himmel hatten sich einige Wolken gebildet, aber es war kein Wind aufgekommen. Über der Szenerie lag das Gefühl der Angst wie eine unsichtbare Bleiplatte.
Glenda ging zur rechten Seite des Erkerfensters und zog es auf. Sie wollte ein wenig frische Luft schnappen, denn im Zimmer war es ziemlich stickig geworden. Außerdem konnte sie besser nach Celine di Cappo Ausschau halten, die
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