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Mrs. Alis unpassende Leidenschaft

Mrs. Alis unpassende Leidenschaft

Titel: Mrs. Alis unpassende Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Simonson
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Wahid nahm am Küchentisch Platz und ließ sich eine Tasse Tee geben. »Danke. Ist ziemlich nass heute da draußen.«
    »Ja, nicht sehr angenehm«, bestätigte der Major und fragte sich, wie lange sie noch im unausweichlichen Gespräch über das Wetter festsitzen würden.
    »Eigentlich witzig, dass Sie es satthaben, den Tag über allein zu sein«, sagte Abdul Wahid, »während ich es satthabe, den ganzen Tag in einem Laden voller schwatzender Leute zu verbringen. Ich würde liebend gern mit Ihnen tauschen und Zeit zum Lesen und Nachdenken haben.«
    »Bloß nicht voreilig mit einem alten Mann tauschen wollen!«, mahnte der Major. »Die Jugend ist eine wunderbare Zeit, geprägt von Lebenskraft und Betriebsamkeit. Eine Zeit voller Möglichkeiten, in der man Freunde finden und Erfahrungen sammeln kann.«
    »Ich würde so gern wieder studieren«, sagte Abdul Wahid. »Ich vermisse die leidenschaftlichen Auseinandersetzungen mit meinen Freunden und am allermeisten die vielen mit Büchern verbrachten Stunden.«
    »Das Leben kommt dem Lesen oft in die Quere«, erwiderte der Major. Sie tranken schweigend ihren Tee, während die Scheite im Kamin knisterten und knackten.
    »Es tut mir leid, Sie hier in Ihrer Einsamkeit zurückzulassen, Major, aber ich habe beschlossen, in den Laden zurückzuziehen«, sagte Abdul Wahid nach einer Weile. »Ich habe Sie schon viel zu lange mit meiner Anwesenheit belastet.«
    »Sind Sie sicher?«, fragte der Major. »Sie sind herzlich eingeladen, noch länger zu bleiben. Roger und Sandy werden ganz bestimmt nur ein paar Nächte hier verbringen, und Sie dürfen sich gern an meinen Bücherregalen bedienen.«
    »Danke, Major, aber ich habe beschlossen, in ein kleines Nebengebäude hinter dem Laden zu ziehen. Es hat ein kleines Fenster und eine Toilette. Ich muss nur einen kaputten Traktor und ein paar Hühnerverschläge herausholen, dann wird ein neuer Anstrich das Ganze in ein Zimmer verwandeln, wie ich es an der Universität hatte. Das wird dann meine Zufluchtsstätte, bis alles geklärt ist.«
    »Sie haben demnach noch nichts von Ihrer Familie gehört?«
    »Doch, ich habe einen Brief bekommen.«
    »Ah«, sagte der Major. Abdul Wahid starrte schweigend ins Feuer. Nach einer schier endlosen Pause fügte der Major hinzu: »Gute Neuigkeiten, hoffe ich?«
    »Es sieht so aus, als wären die moralischen Einwände überwunden«, antwortete Abdul Wahid und verzog das Gesicht, als hätte er etwas Saures gegessen.
    »Aber das ist ja wundervoll«, sagte der Major. »Oder?« Es machte ihn stutzig, dass der junge Mann so unglücklich wirkte. »Dann können Sie bald mit Ihrem Sohn zusammenleben – vielleicht sogar im gleichen Haus anstatt im Hühnerstall.«
    Abdul Wahid stand auf, ging vor dem Kamin in die Hocke und hielt die Handflächen dicht an die Flammen.
    »Befände sich Ihr eigener Sohn in einer solchen Lage, wären Sie wahrscheinlich nicht so schnell einverstanden«, sagte er. Der Major runzelte die Stirn und versuchte, die sofort in ihm aufkommende Erkenntnis beiseitezuschieben, dass der junge Mann recht hatte. Er suchte nach einer Entgegnung, die sowohl wahr als auch hilfreich wäre. »Ich wollte Sie nicht beleidigen«, sagte Abdul Wahid.
    »Aber ich bitte Sie! Sie haben recht – zumindest in der Theorie. Ich wäre nicht glücklich, wenn mein Sohn in so etwas verwickelt wäre, und wahrscheinlich sind viele Leute, mich selbst inbegriffen, vermessen und dünkelhaft genug zu glauben, in ihrer Familie würde so etwas bestimmt nie passieren.«
    »Dachte ich mir.« Wieder verzog Abdul Wahid das Gesicht.
    »Jetzt reagieren Sie aber bitte auch nicht beleidigt. Ich will damit nur sagen, dass meiner Meinung nach in der Theorie alle so denken. Aber dann reicht einem das Leben etwas Konkretes – etwas Konkretes wie den kleinen George –, und die Theorie hat sich zu verabschieden.«
    »Ich habe nicht erwartet, dass meine Verwandten allen Vorschlägen meiner Tante zustimmen würden«, sagte Abdul Wahid. »Ich hätte gedacht, dass sie mir die Entscheidung leichtmachen würden.«
    »Ich hatte keine Ahnung, dass Sie Amina nicht heiraten wollen.« Der Major stellte seine Teetasse ab, um hervorzuheben, wie aufmerksam er das Gespräch führte. »Ich habe offenbar voreilig einen Schluss gezogen, den es gar nicht gab.«
    »Es stimmt ja nicht, dass ich sie nicht heiraten will«, widersprach Abdul Wahid und kehrte zu seinem Stuhl zurück. Er legte die Finger aneinander und hauchte sie an. »Wenn ich mit ihr zusammen

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