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Mrs. Alis unpassende Leidenschaft

Mrs. Alis unpassende Leidenschaft

Titel: Mrs. Alis unpassende Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Simonson
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Süden, schon klar, aber ich wollte mal wissen, wie es sich so anfühlt. Ich plane nämlich eine ganze Kollektion mit praktischer Jagdbekleidung.« Er hob die Arme und gab den Blick auf seitlich angebrachte grüne Stretcheinsätze frei, die an ein Stützkorsett erinnerten. Der Major verschluckte sich an seinem Tee und begann zu husten.
    »Ah, da ist er ja!«, rief Ferguson und machte mit ausgestrecktem Arm zwei große Schritte auf den Major zu, der nun gezwungen war, gleichzeitig seinen Husten unter Kontrolle zu bringen, das Schinkensandwich auf die Untertasse zu legen und dem Amerikaner die Hand zu schütteln. »Sie sind doch einer vom alten Schlag, Major – sagen Sie, wie finden Sie meine Neopren-Schweiß-Einsätze?« Er versetzte dem Major mit der freien Hand einen Hieb auf den Rücken.
    »Helfen die einem, hinter den Enten herzuschwimmen?«, fragte der Major.
    »Genau das mag ich so an diesem Kerl, Sterling«, sagte Ferguson. »Diesen trockenen Humor. Major, Sie sind ein echtes Original!«
    »Danke«, sagte der Major, dem nicht entging, dass viele ringsum die Ohren spitzten. Man schätzte ihn ab und gab ihm das Gefühl, Zustimmung zu erfahren. Er beobachtete, wie sich Roger stirnrunzelnd von einem älteren Mann etwas fragen ließ, und hoffte, dass dieser sich bei seinem Sohn nach dem distinguierten Herrn erkundigte, der da mit Dagenham und Ferguson lachte.
    »Apropos Originale – zeigen Sie mir mal Ihre Churchills?«, fragte Ferguson.
    »Genau, wir brennen alle darauf, die berühmten Pettigrew-Churchills zu sehen – das Geschenk des dankbaren Maharadschas«, warf Dagenham ein. »Kann es losgehen, Gentlemen?«
    Von diesem Augenblick hatte der Major seit Jahren geträumt. Nun machte er sich, umringt von den anderen, auf den Weg zu dem provisorischen Waffenständer, an dem sie ihre Gewehre abgestellt hatten. Zahlreiche Hände streckten sich ihm entgegen – nicht dass er den einen wachstuchbemantelten Banker vom anderen hätte unterscheiden können –, und plötzlich sah er sich in der Situation, seinem eigenen Sohn die Hand zu schütteln.
    »Vater, wenn du einen Augenblick Zeit hättest – ich würde dich gern mit Norman Swithers, meinem Chef, bekannt machen«, sagte Roger und deutete auf einen wohlgenährten Mann mit fassähnlichem Körper in zerknitterter Jagdmontur und Socken, die das Logo einer Bank trugen. Er winkte den beiden zu und schaffte es tatsächlich, seine Hängebacken dabei zu einem kurzen Lächeln hochzuziehen. Rogers übliche herablassende Haltung war echtem Respekt gewichen, und während der Major sich zu dem Mann führen ließ, empfand er ein gewisses Triumphgefühl, das jedoch rasch ein Ende fand, als Roger hinzufügte: »Warum hast du mir eigentlich nicht gesagt, dass du so gut mit Frank Ferguson befreundet bist?«
     
    Die Jagdstände waren hinter einer hüfthohen Hecke angeordnet, die entlang eines schmalen Weidestücks östlich des Teiches verlief. Das andere Ende der Weide lag im Schatten eines dichten Waldes. Die Weide selbst bot den Enten eine freie Flugbahn zu dem kleinen, flachen Regenwasserteich, der annähernd kreisrund und am westlichen Ufer von einem wild wuchernden Wäldchen mit dichtem Unterholz gesäumt war. Dahinter waren die Wipfel der Ulmenallee zu sehen, in der die Küken aufgezogen wurden. Während die Jagdgesellschaft die Hecke entlangschritt, sah der Major, dass sowohl der Teich als auch das Wäldchen voller Enten war. Die Stände waren mit grünen Seilen voneinander abgetrennt, und anstatt die Teilnehmer losen zu lassen, hatte man die Namen bereits mit Filzstift auf hölzerne Pfosten geschrieben, um jedem seine Position anzuzeigen. Der Major empfand das als eine ziemlich grobe Abweichung von der Regel. Jeder erhielt einen Klapphocker und eine Lattenkiste für das tote Federwild. Junge Männer, die man aus den umliegenden Farmen rekrutiert hatte, standen bereit, um ihren Dienst als Jagdhelfer zu versehen. Während jeder auf seinen Stand zuging, erstarben, den Gepflogenheiten entsprechend, alle Gespräche.
    »Viel Glück«, flüsterte Roger nervös von seinem Platz in der Nähe des Teichs aus. Der Major ging ein Stück weiter an den Jagdständen entlang zum anderen, beliebteren Ende. Zufrieden und verärgert zugleich entdeckte er seinen Namen an einem erstklassigen Platz direkt neben Ferguson. Die Aussicht, dass Fergusons Knopfäuglein den ganzen Vormittag hindurch auf seine beiden Churchills gerichtet sein würden, fand er alles andere als angenehm. Er

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