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Mrs. Alis unpassende Leidenschaft

Mrs. Alis unpassende Leidenschaft

Titel: Mrs. Alis unpassende Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Simonson
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darüber, wieder einmal ungebremst die alte kritische Wortwahl getroffen zu haben. »Ich meine, hoffentlich könnt ihr es behalten.«
    »Das war der Plan. Aber jetzt wird Roger wahrscheinlich versuchen, es zu kaufen und mit einem Riesenprofit weiterzuverhökern.«
    »Wie bitte?«
    Zu seiner Verwunderung begann sie zu weinen. Schweigend ließ sie den Tränen ihren Lauf, während sie, das Gesicht in eine Hand gestützt, den Blick auf das Feuer richtete. Der schwankende Wein im Glas, das sie mit der anderen Hand hielt, war die einzige sichtbare Bewegung. Aus ihrem gebeugten Rücken und den leicht beschatteten zarten Schlüsselbeinknochen sprach großer Kummer. Der Major trank einen Schluck Sherry und stellte das Glas sehr behutsam auf dem Couchtisch ab. Erst dann begann er zu sprechen.
    »Hier stimmt doch etwas nicht. Wo ist Roger?«
    »Er ist zu der Party im Herrenhaus gefahren.« Es klang kühl, verbittert. »Ich habe gesagt, er kann ruhig fahren, wenn er unbedingt will, und er ist gefahren.«
    Der Major verlagerte sein Gewicht auf dem unbequemen Leder und dachte über Sandys Worte nach. Es war immer undankbar, zwischen ein streitendes Paar zu geraten – man musste zwangsläufig Partei ergreifen, und ebenso zwangsläufig vertrugen sich die beiden irgendwann wieder und wendeten sich gegen jeden, der es gewagt hatte, einen von ihnen zu kritisieren. In diesem Fall jedoch, befürchtete der Major, war sein Sohn im Unrecht. Andernfalls hätte sich eine so selbstbeherrschte Frau unmöglich in ein zerbrechliches Etwas verwandelt.
    »Kann ich Ihnen irgendwie helfen?« Er zog ein frisches Taschentuch aus der Brusttasche und hielt es ihr hin. »Kann ich Ihnen ein Glas Wasser bringen?«
    »Danke.« Sie nahm das Taschentuch und wischte sich mit langsamen, bedächtigen Bewegungen das Gesicht ab. »Mir geht’s gleich wieder besser. Tut mir leid, dass ich mich so albern aufführe.«
    Als er aus der Küche zurückkam, die in einer Art Hightech-Landhaus-Stil mit Holzschränken ohne sichtbare Füße eingerichtet war, wirkte sie mitgenommen, aber beherrscht. Sie trank, als wäre sie schon lange durstig gewesen.
    »Geht es wieder besser?«, fragte er.
    »Ja, danke. Tut mir leid, dass ich Sie in diese Lage gebracht habe. Ich verspreche Ihnen auch, ich fange jetzt nicht an, Ihnen alles zu erzählen, was an Ihrem Sohn auszusetzen ist.«
    »Was immer er getan hat, er wird es bestimmt bald bedauern«, sagte der Major. »Immerhin ist Weihnachten.«
    »Auch egal. Wenn er zurückkommt, bin ich nicht mehr da. Ich habe nur noch ein paar Kartons mit meinen Sachen zugeklebt. Die werden mir dann nachgeschickt.«
    »Sie reisen ab?«
    »Ich fahre noch heute Abend nach London und fliege morgen nach Hause in die Staaten.«
    »Aber Sie können doch jetzt nicht weg«, sagte der Major. »Es ist Weihnachten!« Sie lächelte ihn an, und er sah, dass ihr Lidstrich verschmiert war. Wahrscheinlich war das ganze Zeug jetzt auf seinem Taschentuch.
    »Finden Sie es nicht auch komisch, dass die Leute so etwas immer über die Weihnachtszeit hinausschieben wollen?«, fragte Sandy. »Ein leerer Stuhl am Esstisch? Unmöglich – denk an die Kinder! Ich kann doch nicht vor Silvester mit ihm Schluss machen, ich brauche doch jemanden, der mich um Mitternacht küsst!«
    »Es ist schlimm, an den Feiertagen allein zu sein. Können Sie nicht bleiben und die Sache klären?«
    »Ach, so schlimm ist es gar nicht«, murmelte sie, und der Major sah einen Ausdruck über ihr Gesicht huschen, der ihm sagte, dass es nicht ihr erstes einsames Weihnachtsfest sein würde. »Irgendwo findet immer eine tolle Party statt, bei der man sich unter tolle, wichtige Leute mischen kann.«
    »Ich dachte, Sie und Roger würden sich – gernhaben«, sagte er, die Wörter »Liebe« oder »Hochzeit« geflissentlich vermeidend.
    »Tun wir ja auch.« Sie sah sich um, richtete den Blick aber nicht auf die edle Ausstattung, sondern auf die schweren Balken und den glatten Boden und die alten Holzbretter, aus denen die Küchentür bestand. »Ich habe einfach vergessen, was wir ursprünglich vorhatten, und habe mich in dieses Haus hier ziemlich reingesteigert.« Wieder wandte sie sich ab, und ihre Stimme zitterte. »Major, Sie haben keine Ahnung, wie schwer es manchmal ist, Schritt zu halten mit der Welt oder auch nur mit uns selbst. Wahrscheinlich habe ich mich dem Traum hingegeben, eine Zeitlang ausbrechen zu können.« Sie wischte sich noch einmal über die Augen, stand auf und strich ihren Pullover

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