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Mrs. Alis unpassende Leidenschaft

Mrs. Alis unpassende Leidenschaft

Titel: Mrs. Alis unpassende Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Simonson
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er sich. Die junge Frau erschien mit einem Messingtablett, auf dem eine Teekanne und zwei Gläser in silbernen Haltern standen. Hinter ihr schlüpften zwei kleine kichernde Kinder herein und starrten den Major an, als stünden sie vor einem Zoogehege.
    »Mein Vater kommt gleich nach Hause«, sagte die junge Frau und bedeutete dem Major mit einer Handbewegung, sich wieder zu setzen. »Er freut sich schon darauf, Sie kennenzulernen, Mr. – wie war noch mal Ihr Name?«
    »Major Pettigrew. Ist Mrs. Ali nicht da?«
    »Mein Vater kommt gleich«, wiederholte sie und schenkte ihm ein; doch anstatt auch sich selbst mit Tee zu versorgen, scheuchte sie die Kinder hinaus, verließ das Zimmer und schloss erneut die Tür hinter sich.
    Wieder verstrichen stille Minuten. Der Raum begann, den Major zu bedrücken; ihm war, als ränne ihm die Zeit durch die Finger. Er verkniff sich den Blick auf seine Uhr, aber in Gedanken sah er bereits die anderen Gäste in Schottland eintreffen. Bestimmt war dort ein kaltes Büfett aufgebaut, und die Ankömmlinge wurden gerade zur Garderobe geführt oder unternahmen einen strammen Spaziergang um den See. Er hatte Fergusons Schloss zwar noch nie gesehen, aber es gab dort ganz sicher einen See und ein kaltes Büfett. Auf solche Dinge konnte man sich verlassen. In diesem Zimmer gab es nichts, worauf er sich verlassen konnte. Alles hier war ihm völlig unvertraut und deshalb anstrengend. Plötzlich wurde ein Schlüssel im Haustürschloss gedreht, und in der Diele kam Unruhe auf. Dringliche Stimmen trafen aufeinander, als die Haustür aufschwang, und die üblichen Dielengeräusche, hervorgerufen durch das Aufhängen von Mänteln und Abstreifen von Schuhen, waren von heftigem Flüstern begleitet.
    Wieder ging die Tür des Vorraums auf, und ein breitschultriger Mann mit kurzem schwarzem Haar und einem gepflegten Schnurrbart trat ein. Er trug Hemd und Krawatte, und an seiner Brusttasche hing noch ein Namensschild aus Plastik, das ihn überraschenderweise als Dave auswies. Er war nicht groß, aber seine gebieterische Ausstrahlung und das leichte Doppelkinn deuteten auf einen Mann hin, der seinen Teil der Welt im Griff hatte.
    »Major Pettigrew? Ich bin Dave Ali, und es ist mir eine Ehre, Sie in meinem bescheidenen Heim begrüßen zu dürfen«, sagte er in einem Ton, den, wie der Major im Lauf der Jahre immer wieder festgestellt hatte, genau diejenigen anschlugen, die von der überragenden Schönheit ihres Hauses überzeugt waren. »Mein Sohn, der tief in Ihrer Schuld steht, hat mir alles über Sie erzählt.«
    »Aber ich bitte Sie!«, entgegnete der Major, während er auf seinen Stuhl zurückgewunken wurde und Tee nachgeschenkt bekam. Namensabkürzungen hatte er noch nie ausstehen können, und »Dave« fand er höchst unpassend für diesen Mr. Ali. »Ihr Sohn ist ein sehr ernsthafter junger Mann.«
    »Er ist unüberlegt. Er ist stur. Er treibt seine Mutter und mich in den Wahnsinn«, sagte Dave und schüttelte in gespielter Verzweiflung den Kopf. »Ich sage immer zu ihr, ich war genauso in seinem Alter, sie soll sich keine Sorgen machen, aber meine Frau meint, erst sie hätte mich auf Zack gebracht, und auch Abdul Wahid würde –
inschallah
 – seinen Weg finden, wenn er erst mal verheiratet ist.«
    »Wir hatten uns alle darauf gefreut, Jasmina – Mrs. Ali – bei der Hochzeit wiederzusehen.«
    »Ja, natürlich«, sagte Dave zurückhaltend.
    Der Major gab nicht auf. »Sie hat viele Freunde im Dorf.«
    »Ich fürchte, sie wird nicht kommen. Meine Frau und ich fahren mit dem Sportwagen, da passt kaum unser Gepäck rein. Und irgendwer muss sich ja um meine Mutter kümmern, sie ist sehr gebrechlich. Und bei Sheena kann es jetzt jeden Tag so weit sein.«
    »Ich verstehe, dass es Probleme gibt«, erwiderte der Major. »Aber für etwas so Wichtiges wie eine Hochzeit wird man doch wohl …«
    »Meine Frau – eine Seele von Mensch, Major – hat gesagt: ›Jasmina soll hinfahren, und ich bleibe bei Mummy und Sheena‹, aber ich frage Sie, Major, darf eine Mutter, die sieben Tage die Woche arbeitet, die Hochzeit ihres einzigen Sohnes verpassen?« Er schnappte nach Luft, wischte sich mit einem großen Taschentuch das Gesicht ab und sinnierte über die zahlreichen Opfer, die seine Frau bereits gebracht hatte.
    »Nein, wohl eher nicht«, gab der Major zu.
    »Außerdem wird es eine Feier im allerkleinsten Kreis.« Dave trank schlürfend einen Schluck Tee. »Ich war bereit, mich für ein richtiges Fest

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