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Mrs Murphy 01: Schade, dass du nicht tot bist

Mrs Murphy 01: Schade, dass du nicht tot bist

Titel: Mrs Murphy 01: Schade, dass du nicht tot bist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Mae Brown
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an, du hast recht. Vielleicht muss man leiden, um erwachsen zu werden, und wir können gewöhnlich jemanden bezahlen, damit er für uns leidet. Diesmal hat es nicht funktioniert. Hiervor kann ich nicht weglaufen.« Sie legte den Kopf zurück und ließ ihren graziösen Hals sehen. »Ich bin auch gekommen, um mich zu entschuldigen, weil ich nicht verstanden habe, wie wichtig deine Arbeit für dich ist. Ich glaube nicht, dass ich je verstehen werde, dass es wunderbar ist, einem Pferd in die Eingeweide zu greifen, aber – für dich ist es wunderbar. Jedenfalls, es tut mir leid. Ich hab mich entschuldigt. Das wollte ich dir sagen, und jetzt gehe ich.«
    »Geh nicht.« Fair fühlte sich wie ein Bettler, und das Gefühl war ihm zuwider. »Gib mir die Chance, auch etwas zu sagen. Du warst nicht alle Tage ein verwöhntes Gör, und ich war auch kein Heiliger. Wir waren noch Kinder, als wir geheiratet haben. Harry ist ein anständiger Mensch. Kelly war ein anständiger Mensch. Aber was wussten wir denn mit Anfang zwanzig? Ich dachte, die Liebe wäre Sex und Lachen. Eine einzige große Party. Himmel, Boom Boom, ich hatte nicht mehr Ahnung, was ich von einer Frau brauchte, als … hm … von Kernfusion.«
    »Fission.«
    »Fission ist, wenn sie auseinanderknallen. Fusion ist, wenn sie zusammenkommen«, verbesserte Fair sie.
    »Ich habe dich verbessert. Eine unfeine Angewohnheit.«
    »Boom Boom, ich kann verstehen, dass du über dein Leben nachdenkst, aber musst du so umwerfend höflich sein?«
    »Nein.«
    »Jedenfalls, ich habe auch Fehler gemacht, und Harry hat sie zu spüren bekommen. Ich frage mich, ob jeder nur dadurch lernt, dass er andere Menschen verletzt.«
    »Ist es nicht komisch? Ich habe das Gefühl, Kelly jetzt besser zu kennen als zu seinen Lebzeiten. Ich nehme an, du hast irgendwie das Gefühl, Harry besser zu kennen, seit ihr einen gewissen Abstand habt. Weißt du, dass wir gerade zum ersten Mal offen und ehrlich miteinander reden? Gott, ist das immer so? Muss es eine Krise geben, damit man ehrlich zueinander ist?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Müssen wir unsere Ehen ruinieren, bevor wir Freunde werden können? Warum können wir nicht gleichzeitig Freunde und Liebende sein? Ich meine, schließt sich das etwa gegenseitig aus?«
    »Ich weiß nicht. Ich weiß nur« – Fair senkte die Augen –, »dass ich, wenn wir zusammen sind, etwas fühle, das ich noch nie gefühlt habe.«
    »Liebst du Harry noch?« Boom Boom hielt den Atem an.
    »Nicht auf die romantische Art. Im Moment bin ich so wütend auf sie, dass ich mir nicht vorstellen kann, jemals mit ihr befreundet zu sein, aber alle sagen, das geht vorbei.«
    »Sie liebt dich.«
    »Nein, tut sie nicht. Im Grunde ihres Herzens weiß sie das. Ich hasse es, sie anzulügen. Ich kenne alle ihre Gründe, aber wenn sie selbst dahinterkommt, wird sie mich am meisten wegen der Lügen hassen.«
    Boom Boom saß einen Moment schweigend. Für sie als Frau gab es vieles, was sie Fair über seine Gefühle für Harry hätte sagen können, aber sie hatte schon genug riskiert, indem sie hergekommen war, um sich zu entschuldigen. Sie würde kein weiteres Risiko eingehen, jedenfalls nicht, bis sie sich stärker fühlte. »Ich leite jetzt die Firma, weißt du.« Sie wechselte das Thema.
    »Nein, das wusste ich nicht. Es wird dir und der Firma guttun.«
    »Ist das nicht ein Witz, Fair? Ich bin dreiunddreißig Jahre alt, und ich musste nie im Leben pünktlich zur Arbeit kommen oder irgendwem für irgendwas verantwortlich sein. Ich bin … ich bin richtig aufgeregt. Ich bedaure, dass so etwas Entsetzliches passieren musste, damit ich aufwachte. Ich wünschte, ich hätte etwas tun, etwas aus mir machen können, als Kelly noch lebte, aber … ich werde es jetzt tun.«
    »Das freut mich für dich.«
    Sie schwieg einen Moment, und Tränen traten ihr in die Augen. »Fair« – sie konnte kaum sprechen –, »ich brauche dich.«

 
27
     
    Ein heftiges Nachmittagsgewitter verdüsterte und durchnässte Crozet. Es war ein Gewittersommer. Harry konnte in dem strömenden Regen nicht einmal zu den Bahngleisen hinübersehen. Tucker hatte sich auf ihr Lager verkrochen, und Mrs Murphy, der der Donner ebenfalls nicht geheuer war, heftete sich an Harry wie eine Klette.
    Sie hörte ein Zischen und einen Knall. Der Strom war ausgefallen, kein unübliches Vorkommnis.
    Der Himmel war schwärzlich grün. Er war Harry unheimlich. Sie tastete unter dem Schalter nach den Kerzen, die sie dort immer vorrätig hielt,

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