Mrs Murphy 01: Schade, dass du nicht tot bist
tun?«
Eine Welle der Erleichterung glitt über das Gesicht der betörenden Frau. »Oh – sicher. Sie hat die Weihnachtspost an seine Geschäftspartner verschickt, meinst du das?«
»Nein.« Harry bemerkte die Fotos von Kelly mit den Bezirksbeamten, dem Rektor der Universität von Virginia, den Regierungsvertretern. »Wie sah es aus mit Geschäften in größerem Stil?«
»Darüber gibt es keine Unterlagen.« Zur Sicherheit fragte Boom Boom bei Marie auf der Gegensprechanlage nach, und Marie bestätigte, was sie gesagt hatte.
»Und was ist mit einer intimeren Beziehung?«, flüsterte Harry und wartete auf die Reaktion.
Außerehelicher Sex, für viele schockierend, verletzte Boom Booms Psyche kaum. Sie erwartete dergleichen, sogar von ihrem Mann. »Nein. Maude war nicht Kellys Typ. Allerdings scheint sie Bob Berrymans Typ gewesen zu sein.«
»Weiß das die ganze Stadt?«, fragte Harry und wusste, dass es so war.
»Linda ergeht sich in Ohnmachtsanfällen. Als Nächstes kommen die Gesundbeter, nehme ich an. Schwer zu glauben, dass Linda oder Maude ihn liebten, aber man kann ja nie wissen.« Ihre Wimpern, so lang, dass sie überall früher eintrafen als sie selbst, flatterten einen Moment.
»Nein.«
Boom Boom errötete. »Kelly war kein Heiliger, und unsere Ehe war alles andere als vollkommen. Wenn er fremdging, hätte er es nie in der Nähe von zu Hause getan. Was denkst du? Du glaubst offenbar, dass zwischen meinem Mann und Maude was war.«
»Ich weiß nicht. Ich hab so ein Gefühl, dass sie zusammen Geschäfte machten. Illegale.«
Boom Boom wurde etwas steifer. »Er hat auf legale Weise massenhaft Geld verdient.«
»Kelly hat den Staat gern beschissen. Ein großer unversteuerter Gewinn wäre für sein rebellisches Ich sehr verlockend gewesen – wenn sie zum Beispiel Rauschgift verschoben hätten, meine ich.«
Boom Boom, die realistisch über Kelly dachte, zögerte. Dieser Gedanke war ihr seit seiner Ermordung auch schon ein paarmal gekommen. »Ich weiß nicht, aber ich hoffe sehr, dass du diese Gedanken für dich behältst. Er ist tot. Zieh jetzt nicht seinen Namen in den Dreck.«
»Tu ich nicht, aber ich muss der Sache auf den Grund gehen. Denkst du, dass Kellys und Maudes Tod zusammenhängen?«
»Also, zuerst habe ich gar nicht gedacht, Punktum. Ich war nach dem Schock total ausgeleert, und in die Leere strömte nur Wut. Ich möchte diesen Schweinehund umbringen. Mit bloßen Händen.« Sie legte ihre Hände zusammen, als würge sie jemanden. »Im Lauf der Tage – es kommt mir komischerweise wie Jahre vor – bin ich es dann immer wieder durchgegangen. Ich weiß nicht warum, aber ich glaube, dass sein Tod mit ihrem zusammenhängt.«
»Sie haben was verschoben – darauf läuft es immer wieder hinaus, egal, wie man es angeht.«
»Im Gegensatz zu dem, was die Typen von der Regierung der Öffentlichkeit erzählen, sind Drogen leicht zu verschieben. Es ist möglich. Sie sind weiß Gott auch leicht zu verstecken. Sie brauchen nicht viel Platz. Du kannst für zwei Millionen Dollar Kokain in diese Schreibtischschubladen stopfen.«
»Was immer sie getan haben, sie sind mit einem oder mehreren Partnern aneinandergeraten.« Erst nachdem ihr diese Worte über die Lippen gekommen waren, wurde Harry klar, dass Boom Boom einer dieser Partner sein könnte. Sie war immer auf Profit aus gewesen. Andererseits konnte Harry sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass Boom Boom mit Kellys Mörder Geschäfte machte.
»Wenn du es herausfindest, Mary Minor Haristeen, dann sag es mir zwanzig Minuten bevor du es Rick Shaw sagst. Ich zahle dir zehntausend Dollar für die Information.«
Harry schluckte. Zehntausend Dollar. Gott, die hatte sie dringend nötig.
Schweigen umfing sie; eine Art atmosphärischer Widerstreit hing in der Luft. Boom Boom brach das Schweigen: »Überleg’s dir.«
Harry schluckte noch einmal. »Mach ich.« Sie zögerte. »Wieso hab ich das Gefühl, dass du mir was verheimlichst?« Boom Booms Gesicht wurde plötzlich starr. »Ich erzähle dir alles, was ich über Kelly weiß. Wenn er ein Geheimnis hatte, dann hat er es mir verschwiegen.«
»Was ist mit Fair?« Harrys Lippen waren weiß.
»Ich weiß nicht, was du meinst.« Boom Booms Augen huschten durch den Raum. »Bist du gekommen, weil du was über Kelly wissen wolltest oder weil du was über Fair wissen willst? Du hast ihn rausgeworfen, Harry. Was kümmert’s dich, was er macht?«
»Es wird mich immer kümmern, was er macht. Ich kann
Weitere Kostenlose Bücher