Mrs Murphy 04: Virus im Netz
Nettes, Mom.«
»Danke.«
»Ich bin heute hergekommen, um mich zu entschuldigen und, hm, dir zu sagen, dass ich dich sehr gernhabe. Ich bin nicht sehr gefestigt … ich meine, finanziell schon, aber nicht emotional. Ich hab dich wirklich gern, Harry, und ich war nicht, oh -« Er hielt inne, denn dies war schwieriger, als er gedacht hatte. »Ich war dir gegenüber nicht fair. Ich weiß jetzt, dass unser Zusammensein hier eine viel größere Bedeutung für die Leute hat, als wenn wir in New York leben würden. Ich möchte dir nichts vormachen.«
»Ich hab nicht das Gefühl, dass du das tust. Ich bin froh über unsere Freundschaft.«
»Schön, dass du das sagst. Ich bin auch froh, aber ich schwanke. Manchmal will ich mehr, aber wenn ich daran denke, was das hier bei euch bedeuten würde, mache ich einen Rückzieher. Wenn wir in New York lebten, ich wüsste, was zu tun wäre. Hier, hm, ist mehr Verantwortung dabei. Ich bin gerne hier, aber ich bin auch gerne unterwegs, und ich schätze, mein Ego braucht das, diese Beachtung. Ich gebe es ungern zu, aber -«
»Dein Ego macht, dass du gut bist in dem, was du tust.«
Blair errötete bei dieser Bemerkung. Mit einem verlegenen Lächeln sagte er:
»Ja, aber es hat schon was Albernes, in Klamotten herumzustehen und fotografiert zu werden. Es ist einfach – wenn ich ein bisschen Mumm hätte, Harry, würde ich Schauspielunterricht nehmen, aber ich glaube, im tiefsten Innern weiß ich, dass ich nicht die Spur Talent habe. Ich bin bloß ein hübsches Ding.« Er lachte, weil er einen Ausdruck benutzt hatte, mit dem gewöhnlich nur Frauen beschrieben werden.
»Du bist mehr als das. Es liegt ganz bei dir, und he, was kostet es, Schauspielunterricht zu nehmen – an Geld und an Zeit? Niemand bewirft dich im Unterricht mit Tomaten. Wenn es dir liegt, wirst du’s merken. Frisch gewagt ist halb gewonnen.« Sie überlegte einen Moment. »Die Universität von Virginia hat einen guten Schauspielzweig.«
»Du bist in Ordnung.« Er langte über den Tisch nach ihrer Hand, aber da klingelte das Telefon.
»Entschuldigung.« Sie stand auf und ging an den Wandapparat. »Hi. Im Stall.«
Am anderen Ende der Leitung sagte eine tiefe, warme Stimme, die Fair gehörte: »Sprichst du noch mit mir?«
»Ich spreche jetzt mit dir.«
»Sehr komisch. Ich bin im Wagen, hatte gerade bei Mim zu tun und bin unterwegs zu dir.«
»Nicht jetzt.«
»Was soll das heißen, nicht jetzt?«
»Ich hab Besuch und -«
»Blair? Ist der Kerl bei dir?«
»Ja, er ist gekommen, um sich zu entschuldigen.«
»Verdammt!« Fair schaltete sein Mobiltelefon ab.
Harry setzte sich wieder hin.
»Fair?«
»In einem Aufruhr der Gefühle, wie meine Mutter gesagt hätte.«
Das Telefon klingelte wieder. »Wetten, das ist er. Tut mir leid, Blair.« Sie nahm den Hörer ab. Es war nicht Fair, es war Susan Tucker. »Susan, ich bin froh, dass du’s bist.«
»Natürlich bist du froh, dass ich’s bin. Ich bin deine beste Freundin. Weißt du schon das Neueste?«
»Ich höre.« Harry sagte lautlos den Namen Susan zu Blair.
»Ned und Rick Shaw hatten heute ein Treffen wegen der Finanzen in seiner Abteilung, und nebenbei ließ Rick fallen, dass der Tote Mike Huckstep ist, derselbe Kerl, dem das Motorrad gehört. Es steht morgen in der Zeitung.«
»Schätze, das ist keine Überraschung. Ich meine, das hatten wir doch ohnehin schon vermutet – dass der Motorradbesitzer der Tote war.«
»Ja, ich denke, damit ist der Fall erledigt. Hast du eine Minute Zeit?«
»Eigentlich nicht. Blair ist hier.«
»Ah, darüber wollte ich mit dir reden. Ich hoffe, er ist gekommen, um sich zu entschuldigen.«
»Ja.«
»Wir können das später ausführlich bekakeln, aber hier schon mal in aller Kürze: Little Marilyn ist scharf auf Blair.«
»In aller Kürze: Vergiss es.« Harry fand, jede Frau unter neunzig müsste für Blair schwärmen.
»Aha, meldest wohl schon Besitzansprüche an, was?«
»Nein«, log Harry.
»So, so. Okay, ich ruf dich später an für ein Gespräch von Frau zu Frau.«
»Verschon mich damit. Ich kann keine emotionale Enthüllung mehr ertragen. Meine oder deine oder sonst eine. Wir sprechen uns später. Tschüs.«
Blairs Gesicht verfinsterte sich. »Hab ich, hm, zu viel gesagt?«
»Oh nein, nein, das hatte ich nicht gemeint, aber, Blair, alle meine Freunde beschäftigen sich damit, mich, dich und Fair zu analysieren. Ich hab das satt. Allmählich denke ich, ich bin Freiwild für jedermann.«
»Ich glaube, ein
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