Mrs Murphy 05: Herz-Dame sticht
Schatten auf ihren Triumph. Harry, ich fahre Sie nach Hause.«
»Susan hat es mir schon angeboten.«
»Auch gut. Dann bis Montag.«
Auf dem Heimweg fragten sich Harry, Susan und Tee Tucker, warum man einen Jockey nach dem Rennen ermorden sollte. Sie gingen die üblichen Todesursachen in Amerika durch: Geld, Liebe, Drogen und Glücksspiel. Da sie wenig über Nigel wussten, stellten sie die Mutmaßungen bald ein.
»Noch ein schwerer Schlag für Addie.« Harry legte die gewölbte Hand unters Kinn und sah aus dem Fenster in die schützende Dunkelheit.
»Ist dir jemals aufgefallen, dass manche Menschen von Pech und Tragödien verfolgt sind?«
»King Lear?«, witzelte Harry, ohne respektlos klingen zu wollen. »Verzeihung.«
»Ich werde wohl nie begreifen, wie dein Verstand funktioniert«, sagte Susan trocken zu ihrer Freundin.
»Es gibt Tage, da funktioniert er überhaupt nicht.«
»Wem sagst du das. Vor allem, wenn man Kinder hat. Was vom Verstand übrig ist, fliegt zum Fenster raus.« Als Mutter von zwei Teenagern ertrug und genoss Susan ihre Sprösslinge. Sie bog in die lang gestreckte Zufahrt zu Harrys Farm ein.
»Wetten, dass Boom Boom sich auf Addie stürzt, sobald sie aus der Bibliothek kommt«, brummte Harry.
»Mim wird sie vorher verscheuchen.«
»Ha!«, spottete Harry. »Boom Boom wird sich erbieten, nach der Party aufzuräumen, diese Schleimscheißerin. Und dann löchert sie Addie garantiert mit der Aufforderung, sie zu ›Lifeline‹ zu begleiten. Blutsaugerin.«
»Die Probleme anderer Menschen scheinen sie tatsächlich zu beflügeln.« Susan atmete ein. »Aber dieser Kursus in Selbstenthüllung, oder was immer das ist, hat sie wirklich ruhiger gemacht.«
»Ich nehm’s ihr nicht ab.«
»Kann ich verstehen.« Susan hielt vor der Fliegentür an der Rückseite des Hauses. Mrs Murphy ließ sich am Fenster blicken, dann verschwand sie. »Deine Miezekatze kann es nicht erwarten, dich zu sehen.«
»Du glaubst nicht, was passiert ist«, rief Tucker, begierig, ihrer Freundin alles zu berichten, und ebenso begierig, Mrs Murphy wüten zu sehen, weil sie es verpasst hatte.
»Tucker, sei still.« Harry öffnete die Autotür und steckte den Kopf heraus. »Danke.«
Susan winkte, fuhr los, ihre Reifen knirschten auf dem Kiesweg. Die Temperatur betrug um die zehn Grad und fiel weiter, und die Kälte heftete sich an Harrys Fersen, weshalb sie schleunigst hineinging. Die Küche, verdächtig still, lockte mit Wohlbehagen.
»Hier, Kätzchen, Kätzchen.«
»Ich hasse dich«, rief Mrs Murphy aus dem Schlafzimmer. Harry ging ins Wohnzimmer, Tucker hinterher.
»Ah-oh.« Tucker legte die Ohren an.
Die Sofalehne war zerfetzt, systematisch zerstört. Zu Boden geschmetterte Lampen gaben Zeugnis von der Wut der Tigerkatze. Sie hatte zudem die Geistesgegenwart besessen, Illustrierte, Zeitungen und einen einsamen Roman, der auf Harrys Ohrensessel lag, zu zerkratzen, zerreißen, zerbeißen. Die Krönung war ein Vorhang, der mit voller Kraft heruntergerissen worden war und halb an, halb von der Stange hing.
Harrys Kinnladen hing herunter, fast eine Imitation des Vorhangs. Sie schlug aufgebracht die Hände zusammen.
»Mrs Murphy, komm sofort hierher.«
»Pustekuchen.« Die Stimme der Katze war schrill.
»Ich weiß, wo du dich versteckst. Du bist nicht sehr einfallsreich, du kleiner Scheißer.« Harry stürmte in ihr Schlafzimmer, knipste das Licht an, ließ sich auf die Knie fallen und hob die gerüschte Tagesdecke hoch. Und wirklich, aus der hintersten Ecke des Bettes starrte sie ein Paar funkelnde grüne Augen an.
»Ich zieh dir die Haut bei lebendigem Leibe ab!«, wütete Harry.
»Du steckst ganz schön in der Tinte«, winselte Tucker.
»Bis morgen hat sie es vergessen«, war die flapsige Antwort.
»Glaub ich nicht. Du hast das ganze Haus ruiniert.«
»Davon ist mir nichts bekannt.«
7
Da Harry das Tierpförtchen versperrt hatte, blieb Mrs Murphy im Haus. Sie wäre lieber in den Stall gegangen, nur für den Fall, dass Harry mit Wut im Bauch aufwachte. So aber wartete sie wohlweislich, bis sie hörte, wie die Katzenfutterdose geöffnet wurde, bevor sie in die Küche schlich.
»Du bist unmöglich.« Harry, deren gute Laune nach einem tiefen Schlaf wiederhergestellt war, kraulte die Katze am Schwanzansatz.
»Ich hasse es, wenn du mich allein lässt.«
Als Harry Krabben und Kabeljau in eine Schüssel löffelte, auf der prophetisch POLSTERVERNICHTER geschrieben stand, strich Tucker ihrer Mutter um
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