Mrs Murphy 06: Tödliches Beileid
ließ er sich über Seans Missetat aus, noch bevor er Platz genommen hatte.
Nachdem Skip eine halbe Stunde geschwafelt hatte, bat Father Michael ihn, für ein paar Minuten hinauszugehen.
»Sean, ich sehe das Komische an der Aufgabe der Todesanzeige. Wirklich. Aber kannst du sehen, wie sehr du die Leute erschüttert hast? Denk an Mrs Fletcher.«
»Ich kann’s mir vorstellen«, antwortete Sean trübselig.
»Ich schlage vor, dass du zu Mrs Fletcher gehst und dich entschuldigst. Ich schlage ferner vor, dass du Janice Walker anrufst, die bei der Zeitung für die Todesanzeigen zuständig ist, und dich auch bei ihr entschuldigst und dass du außerdem einen Entschuldigungsbrief schreibst und an die Rubrik ›Leserbriefe‹ schickst. Ich vermute, dass die Zeitung dich danach nicht mehr als Austräger beschäftigen wird.« Der gute Priester wollte ihn auf den Rausschmiss vorbereiten.
Sean saß lange Zeit regungslos da. »Gut, Herr Pfarrer, ich tu’s.«
»Was ist bloß in dich gefahren, so etwas zu tun? Und ausgerechnet mit deinem Direktor.«
»Das war ja der Sinn der Sache.« Sean unterdrückte ein Lächeln. »Es wäre nicht halb so lustig gewesen, wenn ich, hm, Ihre Todesanzeige aufgegeben hätte.«
Father Michael trommelte mit den Fingerspitzen auf den Tisch. »Ich verstehe. Schön, jetzt geh dich entschuldigen. Ich werde deinen Vater beruhigen.« Er stand auf, um Skip Hallahan hereinzurufen.
Sean stand ebenfalls auf. »Danke, Herr Pfarrer.«
»Geh zu. Mach, dass du hier rauskommst.« Der Priester klopfte dem jungen Mann auf die Schulter.
10
Alle Dörfer und Städte haben ihr Nervenzentrum, Orte, an denen sich die Menschen einfinden, um dem Klatschgenuss zu frönen. Männer geben allerdings nicht zu, dass sie dem Klatsch huldigen: Sie nennen so etwas »Informationsaustausch«.
Eine kleine Gruppe von Männern stand am ersten Montag im Oktober im buttergelben Spätsommersonnenschein vor dem Postamt. Reverend Herbert Jones, Fair Haristeen, Ned Tucker, Jim Sanburne – der Bürgermeister von Crozet – und Sandy Brashiers unterhielten sich angeregt über die Footballmannschaften von Virginia – Technical College, William and Mary College – und, mit Schaudern, über die Mannschaft von Maryland.
»Maryland muss unterliegen, und es schmerzt mich, dies zu sagen«, verkündete Reverend Jones im Predigerton. »Und ich werde es niemals in Gegenwart von John Klossner sagen.«
John, ein Freund von Herb, hatte in Maryland Examen gemacht, und das ließ er seine Freunde nie vergessen.
Einer der Eingeweihten, Art Bushey – an diesem Morgen abwesend –, hatte seinen Abschluss am Virginia Military Institute gemacht, also brauchte man sich in diesem Punkt nicht zu streiten. Die bedauernswerte Mannschaft des VMI war chancenlos, was für diejenigen, die dem Institute zugetan waren, bedrückend und für die anderen die reine Freude war.
»Dieses Jahr kommt Virginia zum Zuge, Herb. Es ist mir egal, wie toll Maryland bisher gewesen ist.« Sandy Brashiers verschränkte die Arme.
»Sagen Sie, warum sind Sie heute nicht in der Schule?«, fragte Herb.
»Ich habe mit King Fletcher einen Plan ausgearbeitet, sodass ich montags erst am Mittag da sein muss.« Sandy atmete ein. »Wissen Sie, ich liebe die jungen Menschen, aber sie schaffen einen.«
»Zu jung, um zu wissen, was sie uns abverlangen.« Fair drückte die Zehen in den Kies. »So, und bevor wir ganz vom Thema abkommen, möchte ich ein gutes Wort für das William and Mary College einlegen.«
»Ha!« Jim Sanburne, Mitte sechzig, fast so groß wie Fair, aber doppelt so breit, lachte schallend.
»Gib’s auf, Fair.« Ned lachte.
»Eines Tages wird Tribe gewinnen.« Fair, ein Absolvent von William and Mary, hob die Hand zum Siegeszeichen.
»Wie kommt es, dass Sie nicht für Auburn sind? Sie haben doch dort Tiermedizin studiert«, sagte Sandy.
»Och, Auburn mag ich auch ganz gern.«
Harry öffnete die Tür des Postamts von innen und stand eingerahmt im Licht. »Was habt ihr Jungs denn da zu quatschen? Dies ist Eigentum der Regierung. Gesindel wird nicht geduldet.«
»Schätze, Sie müssen verschwinden, Fair«, sagte Sandy anzüglich.
Die anderen Männer lachten.
»Wir wählen unsere Mannschaften für dieses Jahr.« Jim legte die Argumente jedes einzelnen Mannes für seine Wahl dar.
»Ich wähle Smith!«
»Seit wann hat das Smith College eine Footballmannschaft?«, fragte Sandy Brashiers unschuldig.
»Es hat keine, aber wenn es eine hätte, würde sie VMI
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