Mrs Murphy 06: Tödliches Beileid
warum du überhaupt den Shakespeare-Kurs belegt hast.«
»Weil Mr Brashiers ein super Lehrer ist.« Karen Jensen blickte die Gasse entlang. Sie sah nur Mrs Murphy und Pewter, die durch Mrs Hogendobbers herbstlichen Garten schlenderten, eine Augenweide in Rot, Rostbraun, Orange und Gelb.
Jody trat einen Schritt näher an Karen heran. »Du und ich haben geschworen, dass -«
Karen hielt die Hände in die Höhe, die Handflächen nach außen. »Jody, reg dich ab. Ich wär ja verrückt, wenn ich den Mund aufmachen würde. Ich will nicht, dass irgendjemand erfährt, dass ich diesen Sommer mit ’nem Typen geschlafen habe, und du willst es auch nicht. Reg dich bloß ab.«
Jody beruhigte sich. »Mir geht alles auf die Nerven … besonders Mom und Dad. Ich möchte am liebsten ausziehen.«
Karen sah die Tigerkatze näher kommen. »Schätze, so geht es uns allen zuweilen.«
»Ja«, erwiderte Jody, »aber deine Eltern sind besser als meine.«
Karen wusste nicht, was sie darauf antworten sollte, darum sagte sie: »Gehen wir rein, die Post holen.«
»Ja.« Jody ging voran.
Pewter und Murphy, die jetzt am Hintereingang des Postamts waren, setzten sich auf die Stufen. Pewter putzte sich das Gesicht. Mrs Murphy senkte den Kopf, damit Pewter auch sie putzen konnte.
»Fandest du den Zeitungsbericht über Roscoe Fletchers Tod nicht komisch?« Murphys Augen waren halb geschlossen.
»Meinst du den Artikel über die Autopsie und die Routineuntersuchung?«
»Wenn er an einem Herzinfarkt gestorben ist, wozu eine Routineuntersuchung? Mom sollte unbedingt Coop ausquetschen, wenn sie sie sieht – he, sie hat zwei Tage ihre Post nicht abgeholt.«
»Ist eh nichts dabei außer Katalogen.« Pewter nahm es auf sich, sämtliche Postfächer durchzusehen. Sie sagte, sie sei nicht neugierig, sie suche nur nach Mäusen.
Ein Geschrei im Postamt veranlasste die beiden, durch die Tierpforte zu flitzen. Sie durchquerten den hinteren Bereich des Postamts und sprangen auf den Schalter. Harry und Mrs Hogendobber waren vorn, ebenso Jody, ein verblüffter Samson Coles und Karen Jensen. Tucker hatte sich zu Harrys Füßen gegen Jody in Angriffsstellung gebracht. Die Tiere waren mitten in eine unschöne Szene geplatzt.
»Sie sind es!«
»Jody, jetzt reicht’s«, ermahnte die entsetzte Mrs Hogendobber das Mädchen.
Samson sagte ruhig, und seine raue Stimme klang traurig: »Ist schon gut, Miranda.«
»Sie sind es, der mit Mom schläft!«, kreischte Jody.
»Ich habe keine Affäre mit deiner Mutter«, erklärte er sanft.
»Jody, komm. Ich fahr dich nach Hause.« Karen zupfte das große Mädchen am Ärmel, wusste nicht recht, was tun. Ihre Freundin geriet außer sich, als Samson ihr seinen Arm um die Schultern legte und ihr sagte, wie leid es ihm tue, dass der Direktor tot sei.
»Sie haben Lucinda betrogen – das wissen alle –, und dann hat Ansley sich umgebracht. Wegen Ihnen hat sie ihren Porsche in den Teich gefahren … und jetzt bumsen Sie meine Mutter.«
»JODY!« Mrs Hogendobber hob die Stimme, was alle erschreckte.
Jody brach in Tränen aus, und Karen schob sie aus dem Vordereingang. »Tut mir leid, Mrs Hogendobber und Mr Coles. Tut mir leid, Mrs Haristeen. Sie ist, äh …« Karen konnte ihren Gedanken nicht zu Ende führen. Sie schloss die Tür hinter sich.
Samson zog die Lippen nach innen, bis sie nicht mehr zu sehen waren. »Schön, ich weiß, ich bin das Stadtmonster, aber ich höre heute zum ersten Mal, dass ich Ansleys Tod zu verantworten habe.«
Schockiert hielt sich Miranda am Schalter fest. »Samson, kein Mensch in dieser Stadt gibt Ihnen die Schuld an dem unseligen Ende dieser labilen Frau. Sie hat sich selbst und andere ins Unglück gestürzt.« Sie schnappte nach Luft. »Das Kind braucht Hilfe.«
»Hilfe? Sie braucht eine gehörige Backpfeife.« Pewter ging auf dem Schalter auf und ab.
Tucker knurrte. »Stinkt nach Angst.«
»Sie können es nicht riechen. Sie trauen nur ihren Augen. Warum, weiß ich nicht – ihre Augen sind miserabel.« Mrs Murphy saß auf der Schalterkante und beobachtete sorgenvoll, wie Karen Jody in ihren Wagen bugsierte, einen alten dunkelgrünen Volvo.
»Wir rufen am besten Irene an«, schlug die erschütterte Harry vor.
»Nein.« Samson schüttelte den Kopf. »Dann denkt das Mädchen, wir haben uns alle gegen sie verschworen. Offenbar hat sie kein Vertrauen zu ihrer Mutter, wenn sie glaubt, dass sie eine Affäre mit mir hat.«
»Dann rufe ich ihren Vater an.«
»Harry, Kendrick ist zu nichts
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