Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition)
Barbara Jean immer wieder Adams Namen hervorstieß, als würde er sie da, wo er war, hören und nach Hause kommen. Als die Haustür aufging, sprang Barbara Jean aus dem Bett und rannte nach unten. Sie jagte dem letzten Funken Hoffnung nach, dass alles bloß ein Irrtum gewesen war und dass der süße, kleine Adam in der Eingangshalle stehen und dort auf sie warten würde.
Wir fanden James und Lester in der Bibliothek. James stand am Kamin und sah seinem Freund und früheren Chef zu, wie er auf und ab tigerte und sich mit geballten Fäusten gegen die Stirn schlug. Lesters Gesicht war nun nicht mehr aschfahl; seine hellbraune Haut war lila angelaufen vor Zorn.
Lester sagte: »Du weißt, dass er es war! Du weißt, dass er meinen Jungen getötet hat.«
James versuchte, ihn zu beruhigen. »Lester, bitte, atme erst mal tief durch, und setz dich hin. Sie sind gerade bei ihm. Ich versprech dir, wir gehen der Sache auf den Grund. Ich versichere dir, es ist nicht mehr so wie früher.«
Lester schnaubte verächtlich. »Was gibt es da noch auf den Grund zu gehen? Du weißt, dass er es war. Wenn die Polizei nichts unternimmt, dann schwör ich bei Gott, ich nehm die Sache selbst in die Hand.«
James antwortete ruhig: »Lester, bitte lass das niemanden außer uns hören.«
Lester wandte sich an Barbara Jean, und seine Stimme war vor Gram und Wut kaum wiederzuerkennen. »Desmond Carlson hat unseren Adam umgebracht. Er hat ihn in der Wall Road mit seinem Truck überfahren. Er hat ihn mit solcher Wucht gerammt, dass unser Junge gegen einen Baum geschleudert wurde.« Lester fing wieder an, sich auf die Stirn zu schlagen, während er krächzend hervorstieß: »Er hat sich das Genick gebrochen, Barbie. Dieser verfluchte Proletenscheißkerl hat unserem Kind das Genick gebrochen.«
Barbara Jean gab ein Röcheln von sich und krümmte sich zusammen, als habe man ihr einen Schlag in die Magengrube versetzt. Dann rannte sie aus dem Zimmer. Sie war die Treppe hinauf und hatte ihr Schlafzimmer erreicht, noch bevor Clarice oder ich einen Schritt machen konnten. Als das Schreien wieder einsetzte, eilten wir ihr nach.
Als wir an diesem Abend im Bett lagen, starrten James und ich an die Decke, während er mir berichtete, was mit Adam passiert war. James sagte, Adam sei auf dem Weg zu Mama gewesen, als er überfahren wurde. Er war acht Jahre alt und wusste, dass er den langen Weg zu Großmama Doras Haus gehen sollte, aber Adam war ein abenteuerlustiger Junge. Die Verlockung, die Abkürzung zu nehmen, war anscheinend zu groß gewesen. Und auch die drohende Strafe hatte ihn nicht abgehalten. James sagte: »Ich fürchte, wir haben ihnen nicht genug Angst gemacht.«
James sagte, Lester liege richtig mit seiner Vermutung, dass es Desmond Carlson war. Es gab Spuren auf der matschigen Straße, die direkt von der Unfallstelle zu der namenlosen Straße führten, die sich durch den Wald zu der Siedlung mit nur fünf Häusern wand, von denen eines Desmond gehörte. Desmond, der stockbesoffen war, als die Polizei zu seinem Haus kam, behauptete, sein Truck sei ihm am Tag zuvor gestohlen worden. Er sei bloß noch nicht dazu gekommen, es zu melden. Der Truck war nirgends auffindbar, und Desmonds Freundin bestätigte seine Version der Geschichte. Selbst nachdem die Polizei den Truck später am Abend ausfindig gemacht hatte, im Wald versteckt und mit blutverschmiertem Kühlergrill, behauptete Desmond immer noch, er habe keine Ahnung, was mit dem kleinen Adam passiert war.
Desmond hatte vermutlich mit Adam das gleiche feige Spiel gepielt, das er schon seit Jahren mit Schwarzen entlang der Wall Road trieb. Nur war er diesmal zu nah herangekommen. Oder Desmond war ganz einfach zu betrunken gewesen, sodass er seinen Truck nicht auf einer geraden Spur hatte halten können. Oder es war ganz einfach schreckliches Pech. Außerdem war Adam so hellhäutig, dass ihn die meisten Leute für ein braun gebranntes weißes Kind halten würden. Doch das Warum spielte keine Rolle. Denn das Ergebnis war dasselbe.
»Aber wir kriegen ihn dran«, sagte James. Doch für mich hörte es sich nicht sehr überzeugt an.
James schwieg eine Weile. Dann sagte er: »Adam lag auf der Seite am Baum. Ich dachte, Lester würde sterben, als er ihn sah. Er machte dieses entsetzliche Geräusch, als könne er nicht mehr ausatmen, nur noch einatmen. Dann ging er neben Adam in die Knie, packte ihn und fing an, ihn dort im Dreck und im Schlamm hin und her zu wiegen.«
»Oh, James«, sagte ich und
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