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Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition)

Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition)

Titel: Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Kelsey Moore
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dieser Tag in meiner Erinnerung der Furchtbarste. Und ganz gleich, was mir noch passieren wird, dieser Tag hat sich für immer in mein Hirn gebrannt.
    Barbara Jean hatte soeben Kaffee für Clarice und mich aufgesetzt, als es an der Tür klingelte. Es war das erste Wochenende im Jahre 1977, und wir drei planten eine Geburtstagsfeier für meinen Sohn Jimmy. Alle unsere Kinder feierten ihre Geburtstage bei Barbara Jean. Clarice und ich waren beide aus Leaning Tree weg und in neue Häuser mit kleineren Gärten gezogen. Also war Barbara Jeans Garten mit seinen kunstvoll zugeschnittenen Hecken und den blühenden Bäumen für unsere Kinder wie ein Zauberwald.
    Clarices Kinder waren zu Hause bei Richmond, meine drei bei Mama und Papa, wo sie für gutes Benehmen mit Schokoriegeln und Kartoffelchips bestochen wurden. Barbara Jeans Sohn Adam war auch bei meinen Eltern – zumindest dachten wir das. Er hatte sich eine halbe Stunde vorher auf den fünfzehnminütigen Weg zu ihrem Haus gemacht. Damals war noch eine Zeit, in der es nicht unüblich war, dass ein sieben- oder achtjähriges Kind allein einen vertrauten Weg in Plainview zurücklegte. An dem Tag endete diese Zeit.
    Lester ging zur Tür, und ich war überrascht, James’ Stimme zu hören. In diesem riesigen Haus war die Küche praktisch einen halben Häuserblock von der Eingangstür entfernt, also verstand ich nicht wirklich, was sie sagten. Ich weiß nicht, ob es James’ Tonfall war oder der von Lester, der uns veranlasste in die Eingangshalle zu gehen, um nachzusehen, was los war. Aber in der Sekunde, als ich James’ Gesicht sah, wusste ich, dass etwas Schreckliches passiert war.
    Im ersten Moment dachte ich, es sei etwas mit unseren Kindern oder mit meinen Eltern. Doch dann drehte sich Lester, der mit dem Rücken zu uns gestanden hatte, um. Da wusste ich Bescheid. Und Barbara Jean ebenso.
    Lesters Haut war aschfahl, und ich sah, wie er schwankte, als stehe er inmitten eines Strudels. James, der seine Uniform der Indiana State Police trug, stand zusammen mit einem anderen Bereitschaftspolizisten auf der Türschwelle, ein großer, weißer Kerl mit glattem, rötlichem Gesicht, der die Augen fest auf den Boden vor sich gerichtet hatte. James streckte die Arme aus und packte Lester an den Schultern, damit er nicht wegsackte.
    Barbara Jean sagte: »Lester?« Tränen quollen ihm aus den Augen, während er von James gestützt dastand. Barbara Jean wandte sich an James und fragte: »Was ist mit Adam?«
    Doch es war Lester, der ihr antwortete. »Er ist tot, Barbie. Unser Junge ist tot …«
    Und dann fing Barbara Jean zu schreien an. Sie schrie so laut, als wolle sie jedes andere Geräusch auf der Welt übertönen. So etwas hatte ich noch nie zuvor gehört, und ich bete zu Gott, dass ich es nie wieder hören muss. Sie taumelte rückwärts, und sie fing an, mit den Armen zu rudern, als stehe sie plötzlich auf Eis. Der weiße Polizist machte einen Satz nach vorne, um sie festzuhalten, aber ich hatte sie schon. Wir stürzten rückwärts gegen die Wand und rutschten dann zusammen auf den glatten Parkettboden. Sie hörte auf zu schreien und stieß stattdessen ein langgezogenes, tiefes Wimmern aus, während ich sie an mich drückte und Clarice, die mittlerweile neben uns kniete, Barbara Jean übers Haar strich.
    Ich hörte Lester fragen: »Wo?« Und James sagte: »Am Nordende der Wall Road.«
    Lester protestierte, dass das ein Irrtum sein müsse. Wie alle schwarzen Kinder der Stadt war auch Adam gewarnt worden. Man hatte ihm immer und immer wieder eingebläut, dass auf diesem Abschnitt der Wall Road böse Menschen unterwegs waren. Es konnte sich also unmöglich um Adam handeln.
    Doch James schüttelte den Kopf. »Ein Irrtum ist ausgeschlossen. Er ist es, Lester. Er ist es.«
    Lester stellte sich aufrecht hin und schlug James’ Hand von seiner Schulter: »Ich muss nachsehen.« Und er wollte durch die Tür hinausgehen.
    Der weiße Polizist versuchte ihn aufzuhalten. »Mr Maxberry, das sollten Sie nicht tun. Das ist nichts, was man sehen will.« Doch James griff bereits nach einer Windjacke am Kleiderständer neben der Tür – draußen hatte es zu nieseln begonnen –, reichte sie Lester und sagte: »Ich bring dich hin.« Die Männer gingen, während wir drei uns am Boden zusammendrängten.
    Als Lester und James zurückkamen, war Barbara Jean im Schlafzimmer und lag mit vor die Brust gezogenen Knien auf dem Bett. Wir lagen neben ihr, ich hielt ihre Hand, und Clarice betete, während

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