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Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition)

Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition)

Titel: Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Kelsey Moore
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hinunter und stellte fest, dass mein Nachthemd schlabberte, dort wo es früher gespannt hatte. An der Taille konnte ich eine Handvoll Stoff greifen und ihn einmal halb herumdrehen, bevor das Material eng an meinem Bauch saß.
    »Das ist doch was. Wie viel Zeit ich darauf verschwendet habe, mir zu wünschen, ich würde etwas abnehmen, und alles, was es brauchte, war bloß ein bisschen Krebs. Sieht so aus, als würde ich zuletzt lachen, obwohl sich Clarice doch immer darüber lustig gemacht hat, dass ich diese alten Klamotten im Speicher aufbewahre, von denen keiner gedacht hatte, dass ich je wieder hineinpassen würde. Die werden noch Augen machen, wenn ich sie im Hospiz in meiner Hose aus Fallschirmseide und dem hüftlangen Blazer überrasche.« Ich lachte, aber Mama lachte nicht.
    Ich scheuchte zwei meiner Katzen von der Wohnzimmercouch. Dann legte ich mich hin, zog eine Decke über mich und rückte mir die Kissen als Kopfstützen zurecht. Sobald ich mich hingelegt hatte, beanspruchten die Katzen wieder ihren Platz zu meinen Füßen. Mama setzte sich im Schneidersitz neben mich auf den Boden.
    Nachdem ich eine Weile schweigend dagelegen hatte, sagte ich: »Ich nehme an, jetzt ist der Moment gekommen, an dem ich für ein Wunder beten sollte.«
    Mama zuckte mit den Schultern. »Weißt du, ich glaube nicht so an Wunder. Ich glaube, dass das, was passieren soll, passiert, und dann kann man entweder mitziehen oder sich querstellen.«
    »Hm, darüber muss ich nachdenken«, sagte ich. »Eigentlich gefällt mir die Vorstellung von einem kleinen Wunder hier und da.«
    Sie zuckte wieder mit den Schultern, und nach einer Weile meinte sie: »Ich muss sagen, dein James hat sich in dieser Sache wirklich umwerfender verhalten, als ich erwartet habe. Nicht dass ich je schlecht von ihm gedacht hätte. Ich wusste bloß nicht, dass er so großartig ist.«
    »Mich überrascht das gar nicht. James verhält sich genau so, wie ich es von ihm erwartet habe. Ich kann mich wirklich glücklich schätzen.«
    »Wir können uns beide glücklich schätzen. Ich habe deinen Vater und dich und Rudy. Du hast James und diese lieben Kinder.«
    »Und die Supremes«, fügte ich hinzu.
    Mama nickte. »Daran wirst du denken, wenn du gehst, weißt du. Was für einen guten Mann du hattest, wie sehr du deine Kinder geliebt hast. Wie dich deine Freunde so zum Lachen gebracht haben, dass du weinen musstest. Das ist es, was einem durch den Kopf geht, wenn die Zeit gekommen ist. Nicht die schlechten Dinge. Ich weiß nicht, ob ich gelächelt habe, als du mich tot im Garten gefunden hast, aber auf jeden Fall hätte ich es müssen. Zum Schluss dachte ich an dich und deine Großmama und wie sie dich immer in diese furchtbaren Kleider gesteckt hat, die du so mochtest. Und ich dachte daran, wie schön es war, deinen Vater zu küssen … Ich kann mich nicht mehr erinnern, wie ich am Boden aufkam, nachdem ich den Stein nach diesem Eichhörnchen geworfen habe. Ich erinnere mich bloß noch an diese schönen Gedanken und dann daran, dass dein Vater plötzlich über mir stand und mir die Hand hingehalten hat, um mir aufzuhelfen. Als ich wieder stand, war mein Garten schöner als je zuvor – im Jenseits gibt es keine verdammten Tulpenknollen fressenden Eichhörnchen. Wilbur und ich sind keine fünf Schritte gegangen, da trafen wir auf Tante Marjorie. Sie machte gerade mit einem Arm Liegestütze und sah männlicher aus als je zuvor. Ihr Schnurrbart war richtig dicht geworden, und sie hatte angefangen mit Pomade die Spitzen hochzuzwirbeln. Stand ihr gut. Auch mein großer Bruder war da, herausgeputzt in seiner Soldatenuniform, und er trug all die glänzenden Medaillen, die uns die Regierung nach dem Krieg überstellt hatte. Und die erste Person, die mich begrüßte, war Thelma McIntyre. Sie reichte mir einen dicken Joint und sagte: ›Hey, Dora. Nimm einen Zug. Aber reiß ihn dir nicht gleich wieder ganz unter den Nagel wie sonst.‹ Es war herrlich!«
    Ich hoffte, Mama hatte recht. Es hatte so viele schöne Zeiten mit James und den Kindern und den Supremes in meinem Leben gegeben. So viele Tage, die ich gern mitnehmen wollte, wenn ich hinüberginge – was auch immer mich dort erwarten mochte. Und wenn ich die schlechten Dinge abwerfen könnte, wie eine trockene, schlechtsitzende Haut, dann wäre das schön.
    Ich fühle mich immer schuldig, wenn ich auf meinen schlimmsten Tag im Leben zurückblicke, denn andere haben an ihm so viel mehr verloren als ich. Und dennoch ist

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