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Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition)

Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition)

Titel: Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Kelsey Moore
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legte meinem Mann die Hand auf den Arm.
    »Als ich ihn schließlich wieder auf den Beinen hatte, stand er bloß keuchend da und starrte hinunter auf Adam. Dann sagte er: ›Wo sind seine Schuhe?‹ Immer wieder fragte er, wo Adams Schuhe seien. Er weigerte sich, zu gehen und ließ nicht zu, dass man Adam wegbrachte, bevor wir nicht seine Schuhe gefunden hatten. Also stocherten wir herum und durchsuchten eine gefühlte Ewigkeit das Gestrüpp und das Unterholz. Und die ganze Zeit über jammerte Lester immer lauter: ›Wo sind seine Schuhe?‹ Es war der Assistent des Gerichtsmediziners, der sie schließlich fand. Sie lagen sechs Meter entfernt am Straßenrand, kleine, weiße Turnschuhe. Sie standen einfach so nebeneinander da, als wären sie gerade von seiner Mama geputzt und dort für ihn hingestellt worden. Mein Gott, Odette, ich hab ja schon schlimme Dinge gesehen, seit ich diesen Job mache, aber ich glaube, den Anblick von Lester, wie er dem armen toten Jungen diese Schuhe wieder anzieht, werde ich meinen Lebtag nicht vergessen …« James konnte kaum weitersprechen und sagte tonlos: »Sein Gesicht war heil. Aber sein Hinterkopf war eingedrückt und sein Genick gebrochen, genauso wie ein Bein und vermutlich auch der eine Arm. Aber sein Gesicht war heil, also können sie einen offenen Sarg nehmen, wenn sie das möchten. Vielleicht ist das ein geringer Trost.«
    James und ich drehten uns einander zu und schmiegten eine Stirn an die andere. Wir wurden beide von Tränen geschüttelt, aus Trauer um Adam und aus Sorge um unsere Freunde. Wir weinten mit schuldbewusster Erleichterung, dass diese Sache, das Ungeheuer, das alle Eltern am meisten fürchten, mit seinen scharfen, erbarmungslosen Krallen zwar in unserer Nähe zugeschlagen, aber keines unserer eigenen Kinder von uns gerissen hatte.
    Keiner von uns fand in der Nacht dieses schlimmsten aller Tage Schlaf. James und ich schreckten mindestens jede Stunde auf und steckten die Nasen durch die Zimmertüren unserer Kinder, um uns zu vergewissern, dass sie sicher in ihren Betten schliefen.

31
    Die zweite Chemorunde mit den neuen Medikamenten spielte mir noch übler mit als die erste. Und um die Sache noch schlimmer zu machen, verließ mich in diesem Mai auch noch die große Liebe meines Lebens. Es war nicht James. Es war die Lust am Essen, die mich verließ. Eines Tages erwachte ich mit einem sauren Geschmack im Mund, der sich weder mit der Zahnbürste wegschrubben, noch mit Mundwasser wegspülen ließ. Schlimmer noch, fast alles, was ich aß, schmeckte nach Blech. Und wenn es nicht nach Blech schmeckte, konnte ich es nicht bei mir behalten.
    Mama und Mrs Roosevelt begrüßten mich, als ich in die Küche kam. An diesem Morgen bestand mein Frühstück aus einer Tasse mit Wasser verdünntem Kaffee – die volle Packung vertrug mein Magen einfach nicht mehr – und einer kleinen Schüssel Haferbrei, den zu essen ich mich noch immer nicht überzeugen konnte.
    Zum ersten Mal in meinem Leben war mein Arzt besorgt darüber, dass ich zu schnell zu viel Gewicht verlor. Mager war ich beim besten Willen noch nicht, aber ich hatte in kurzer Zeit noch einige Pfunde verloren und sah keine Möglichkeit, den Gewichtsverlust aufzuhalten. Das Essen und ich, wir vertrugen uns einfach nicht mehr.
    Als ich meinen Kampf gegen den Haferbrei aufgab und von meinem Stuhl aufstand, um den Rest wegzuwerfen, sagte Mama: »Weißt du, was du bräuchtest? Ein bisschen Gras.«
    »Was?«, fragte ich.
    »Gras. Marihuana, Ganja, Dope, Tijuana Tee, Pot, Cannabis, Skunk, Kichergras, Tabak mit Musik, Kif, ’nen Joint eben.«
    »Krieg dich wieder ein. Ich weiß schon, was du meinst.«
    »Wie auch immer du es nennen willst, das ist es, was du jetzt brauchst«, sagte Mama. »Dann bekommst du gleich wieder Appetit.«
    Ich wollte es nicht zugeben, aber ich hatte schon seit ein paar Wochen selbst immer mal wieder daran gedacht. Ich hatte sogar schon im Internet danach gesucht, wenn James nicht da war, und mir überlegt, dass Marihuana aus medizinischen Gründen mich vielleicht wieder auf die Spur bringen könnte. Leider lebte ich in einem Staat, in dem ich es nicht legal bekommen konnte.
    »Vielleicht hast du recht, Mama«, sagte ich, »aber ich kann ja nicht einfach in die Drogerie spazieren und dort welches bestellen. Und bitte sag mir jetzt nicht, ich soll rüber auf den Campus gehen und vor den Verbindungshäusern rumlungern. Wir wissen schließlich beide, wohin das führt.«
    »Schisser. Ich dachte, du

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