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Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition)

Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition)

Titel: Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Kelsey Moore
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er nach der adäquaten Antwort auf das, mit dem sie da gerade herausgeplatzt war. Er entschied sich für: »Glückwunsch. Ich kann mir vorstellen, wie schwer das ist.«
    »Danke. Ich bin hergekommen, weil man uns bei den Anonymen Alkoholikern sagt, dass wir eine Liste der Menschen machen sollen, die wir verletzt haben, und dann versuchen sollen, es wiedergutzumachen.«
    Er zog ruckartig den Kopf ein wenig zurück und wirkte verwirrt. »Du willst etwas wiedergutmachen? Bei mir?«
    Barbara Jean nickte. »Ich weiß, wie sehr ich dich verletzt habe und …«
    Er unterbrach sie erneut. »Du brauchst wegen all diesen Dingen doch kein schlechtes Gewissen zu haben, Barbara Jean. Du warst noch ein Kind. Wir beide waren noch Kinder.« Er machte eine Pause. »Und wir waren verliebt.«
    »Das macht es noch schlimmer, Ray. Daran musste ich immer denken, wenn ich nachts wach war und getrunken habe. Ich wusste, dass du mich liebst oder mich zumindest einmal geliebt hast, und das habe ich ausgenutzt. Ich denke, ich hätte die Schuldgefühle überwinden können, wenn ich es auf die ehrliche Weise erledigt und Desmond selbst erschossen hätte. Aber stattdessen habe ich deine Gefühle für mich ausgenutzt und sie so verdreht, dass du eine Waffe in die Hand genommen hast. Und dann mussten wir beide damit leben. Ich kann mir nicht einmal ansatzweise vorstellen, was das für dich bedeutet hat.«
    Chick blieb stumm. Seine einzige Antwort bestand darin, langsam mit dem Kopf zu nicken.
    Barbara Jean wunderte sich, dass sie weder weinte noch schrie, denn Gott weiß, sie fühlte sich so, als würde sie jeden Augenblick zusammenbrechen. Aber gleichzeitig war sie seltsam ruhig. Na ja, nicht ruhig, dachte sie, eher entschlossen. Sie konnte spüren, dass sie etwas – oder jemand – ermutigte. Sie bildete sich ein, Stimmen zu hören, die ihr zuflüsterten, dass jedes Wort, das sie sagte, sie näher dahin brächte, wo sie sein wollte.
    »Gemäß der zwölf Schritte der Anonymen Alkoholiker«, fuhr sie fort, »soll der Versuch der Wiedergutmachung die Person, der man geschadet hat, nicht noch mehr verletzen. Also hoffe und bete ich, dass es dich nicht noch mehr belastet, dass ich all das jetzt wieder hochhole. Ich will dir nur sagen, dass es mir leidtut, zu was ich dich getrieben habe. Und wenn ich es irgendwie wiedergutmachen kann, dann würde ich das gerne tun.«
    Chick ließ die Schultern hängen. Er wirkte müde. Mit einer Stimme, die klang, als wolle er sich entschuldigen, sagte er: »Ich habe Desmond nicht umgebracht.«
    Barbara Jean brauchte einen Moment, bis seine Worte in ihrem Kopf angekommen waren, doch selbst als das der Fall war, konnte sie sie nicht akzeptieren. Sie ertappte sich dabei, wie sie ihm wieder in die Augen schaute. Sie war sich sicher, dass sie auch nach all den Jahren, die inzwischen vergangen waren, noch immer die Wahrheit aus seinem Blick lesen konnte, wenn sie nur gut genug hinsah.
    Nun gut, es war die Wahrheit. Ihre Kehle wurde trocken, und sie schlug die Hand vor den Mund, um einen erschrockenen Laut zu unterdrücken. »Mein Gott«, flüsterte sie dann, »du sagst die Wahrheit.«
    Sie machte ein paar Schritte und ließ sich auf den Stuhl fallen, den er ihr zuvor angeboten hatte. Ein Teil von Barbara Jean akzeptierte, dass Chick die Wahrheit gesagt hatte. Aber ein anderer, vielleicht stärkerer Teil von ihr, erinnerte sich noch an jede Sekunde des Morgens, an dem die Polizei sie und Lester mit zu Desmonds Haus genommen hatte. Diese Erinnerung, die an diesem Nachmittag noch genauso lebendig war wie Jahrzehnte zuvor, ließ sie allem misstrauen, was das Drehbuch des Films umzuschreiben drohte, der sich jahrelang in ihrem Kopf abgespult hatte.
    »Aber ich habe dort doch Federn von diesen Vögeln in den Käfigen bei dir gesehen«, sagte sie. »Sie lagen an diesem Tag auf Desmonds Grundstück am Boden. Grau-weiß-rote Federn. Es gab sonst keine Vögel in der Stadt, die so aussahen. Du musst also dort gewesen sein.«
    Chick kam vom Fenster hinüber und zog den anderen Lederstuhl näher an sie heran, so dass sich ihre Knie beinahe berührten, als er sich setzte. Im Zimmer war es wärmer geworden, seit sie angekommen war, denn die Klimaanlage schien nicht in der Lage, es mit der Julihitze aufzunehmen. Dennoch waren ihre Hände eiskalt. Sie zitterten, als hätte sie sie auf den gefrorenen Fluss aus ihren Träumen gelegt. Chick überraschte Barbara Jean damit, dass er ihre Hand nahm und ihre kalten Finger zwischen seinen

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