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Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition)

Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition)

Titel: Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Kelsey Moore
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konnte, wo er gerade einen intimen Moment mit einer Krankenhausreinigungskraft teilte, hatten die Fotografen ihre Schnappschüsse längst im Kasten und waren wieder verschwunden. Diese Putzfrau mochte oder mochte nicht die Frau gewesen sein, bei der er sich mit der Syphilis ansteckte, die er dann an seine Frau weitergab. Jedenfalls wurde Beatrice dadurch unfruchtbar, und damit war sichergestellt, dass Clarice ein Einzelkind blieb; allerdings konnte sich Abraham Jordan dessen nie ganz sicher sein.
    Und so ging es weiter, von dem Moment an, als Clarice alt genug war, die Dinge zu verstehen, und hielt an, bis ihr Vater zu alt war, um in Schwierigkeiten zu geraten. Abraham Jordan log und betrog. Beatrice betete, suchte Rat beim Pastor, betete wieder und nahm schließlich jeden Betrug mit einem Lächeln hin. Clarice sah zu und lernte ihre Lektion.
    Anders als ihre Mutter, die von den Eskapaden ihres Gatten überrascht worden war, war Clarice vor Richmond gewarnt worden. Kurz vor ihrer Heirat führte Odette ein offenes Gespräch mit ihrer Freundin. Dieses zwang Clarice, nicht länger die Augen davor zu verschließen, wie ähnlich Richmond ihrem eigenen Vater war. Clarice hätte die Hochzeit beinahe abgeblasen, aber weil sie Richmond so sehr liebte, beschloss sie den Empfehlungen ihrer Mutter und des Pastors zu folgen, dessen Rat bereits Beatrice in ein von Bitterkeit bestimmtes Leben geführt hatte. Clarice hatte ihre Möglichkeiten abgewogen und – wie ein Narr, das sah sie später ein – eine Abmachung mit Richmond getroffen, die es ihr erlaubte, die Augen vor der Untreue ihres Ehemannes zu verschließen. Diese Abmachung bestand darin, dass sie, solange Richmond sie nicht durch Indiskretionen in Verlegenheit brachte, wie ihr Vater das mit ihrer Mutter getan hatte, ihn so akzeptieren würde, wie er war, und so tun würde, als sei alles in bester Ordnung.
    Sie hielten sich beide an die Vorgaben ihrer Übereinkunft, doch Clarices Definition von Indiskretion veränderte sich über die Jahre. Anfangs sagte sie sich, sie käme mit seinen Fehltritten klar, solange er sich jede Nacht zu einer annehmbaren Zeit wieder zu Hause und in ihrem Ehebett einfände. Aber das ging nicht einmal das erste Jahr gut. Also beschloss sie, dass auch lange Nächte außer Haus in Ordnung wären, solange keine fremde Frau ins Haus käme. Als sie auch diese Position aufgeben musste, begnügte sie sich schließlich damit, nicht mit physikalischen Beweisen konfrontiert zu werden.
    Wie sich herausstellte, war Richmond gut darin, keine Beweise zu hinterlassen. Clarice musste nie Lippenstiftspuren von seinen Unterhosen entfernen oder Puderreste vom Revers bürsten. Sie holte sich auch nie eine Krankheit von ihm. Und anders als ihr Vater, der seinen Samen überall versprüht hatte wie ein defektes landwirtschaftliches Gerät, sah Richmond sich vor. Clarice wurde nie an der Haustür mit einer jüngeren Frau konfrontiert, die ein Kind im Arm hielt, das Richmonds hübschen Mund hatte.
    An jenem Sonntagnachmittag in Earl’s All-You-Can-Eat war sie hin und her gerissen zwischen dem abschreckenden Beispiel ihrer Eltern und dem ehrenvollen Part, den sie sich selbst seit Jahren durch die Abmachung mit Richmond hoch anrechnete. Am Ende redete sich Clarice ein, dass sie mit etwas Zeit schon wieder zu der seligen Gemütsverfassung zurückfinden würde, in der das Ausbleiben einer sexuell übertragbaren Krankheit und die Tatsache, dass keine unehelichen Kinder auf ihrer Türschwelle abgesetzt wurden, bereits Beweis genug dafür waren, dass ihr Mann sie liebte und respektierte. Doch da lag sie falsch.

5
    Ich tat mein Bestes, nicht länger über meine Unterhaltung mit Mama bei Sonnenaufgang nachzudenken. Aber sie wollte mir die ganze Frühmesse über und während der Fahrt zum All-You-Can-Eat einfach nicht aus dem Kopf gehen. Als wir beim Diner ankamen, bemühte ich mich, mir nichts anmerken zu lassen, während ich Big Earls Haus verstohlen beobachtete. Ich war auf der Suche nach Anzeichen für ungewöhnliche Regsamkeit. Aber alles war ruhig. Es standen keine Autos in der Einfahrt, abgesehen von Big Earls Buick. Niemand saß rauchend und mit Trauermiene auf der Veranda. Auch hinter den leicht geöffneten Wohnzimmergardinen war niemand zu sehen.
    Im Restaurant sah ich mich nach Big Earl um. Üblicherweise ging er an Sonntagen im Zickzack von einem Tisch zum anderen und unterhielt sich mit den Gästen. Ich konnte ihn nirgends entdecken, also wandte ich mich zum

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