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Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition)

Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition)

Titel: Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Kelsey Moore
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zu dieser Hälfte. Sie nutzte die Tatsache, dass sich die Wall Street auf Universitätsgrund befand und deshalb technisch gesehen in die Zuständigkeit der Indiana State Polizei fiel, als Ausrede dafür, sich nicht mit Desmond und seinen Kumpels anlegen zu müssen, die allesamt viel größere Waffen besaßen und viel tougher waren als die Polizei. Die Universitätspolizisten waren lediglich dafür ausgerüstet, es mit betrunkenen Verbindungsstudenten aufzunehmen, und sie hatten nicht vor, sich in eine örtliche Querele einzumischen, die einen Bürgerrechtsstreit nach sich ziehen könnte. Also nahmen die Bewohner von Leaning Tree, um Desmond und seinen Kumpels aus dem Weg zu gehen, einen Umweg von achthundert Metern in Kauf, über das südliche Ende der Wall Road und durch Seitenstraßen, die zur Plainview Avenue führten, immer wenn sie von zu Hause in die Innenstadt wollten.
    Ramsey Abrams fragte noch einmal: »Also, was ist? Bist du jetzt mit ihm verwandt oder nicht?«
    »Er ist mein Bruder«, sagte Ray Carlson, und Fluchen und Murren wurde im Raum laut.
    »Verdammt, Big Earl«, schimpfte Ramsey, »was denkst du dir dabei, den hier reinzulassen?«
    Big Earl warf Ramsey einen strengen Blick zu und sagte: »Ramsey, deine beiden Brüder sind im Gefängnis, und trotzdem durchsuche ich deine Taschen nicht jedes Mal nach Silberbesteck, wenn du hier rausgehst, oder? Ich finde, Ray hier verdient dieselbe Chance.«
    Und damit war der Fall erledigt. Big Earl hatte allen seinen Standpunkt klargemacht und duldete keine Diskussion. Ramsey machte ein lautes schnaubendes Geräusch, um seine Missbilligung zum Ausdruck zu bringen, und wandte sich dann wieder seinem Essen zu. Auch alle anderen widmeten sich wieder dem Essen, dem Tanzen, dem Flirten, den Angelegenheiten von Teenagern eben.
    Ab und zu kam jemand an den Fenstertisch und tuschelte über den weißen Jungen. Little Earl erzählte den Mädchen, dass Ray im Restaurant aufgetaucht war und Hühner verkaufen wollte, die er gezüchtet hatte. Er sagte, sein Vater habe Ray ein Essen ausgegeben und ihm auf der Stelle einen Job angeboten, ohne dass der Junge ihn überhaupt danach gefragt hatte. Ramsey kam rüber, um noch einmal zu bekräftigen, was für eine Schande es doch sei, dass Big Earl einem Weißen einen Job gegeben hatte, den eigentlich ein Schwarzer hätte bekommen sollen. Veronica kam vorbei und teilte ihnen mit, dass die Mädchen an ihrem Tisch sich einig waren, dass Ray süß sei, sie aber fänden, dass er keinen Hintern habe.
    »Wen interessiert’s, wie er beim Weggehen aussieht«, erwiderte Odette, »wo er so verdammt gut aussieht, wenn er auf einen zukommt.« Und so ging es den ganzen Abend weiter.
    Später an diesem Abend beobachtete Barbara Jean Ray Carlson dabei, wie er den Nachbartisch abräumte. Während er da so vor sich hin arbeitete, schwebten um ihn herum plötzlich kleine weiße Federn durch die Luft. Jedes Mal, wenn er den Arm bewegte, wirbelte eine weitere Feder auf. Erst war sie sich nicht ganz sicher, was es war, aber schließlich sah sie, dass die Federn von ihm kamen. Hunderte winziger weißer Hühnerfedern hafteten an seinem Hemd und der Hose. Schlief er etwa zwischen den Hühnern, die er da züchtete?
    Ray ließ so viele Federn, während er den Tisch wischte, dass Richmond Bakers Auftritt in einer weißen Wolke erfolgte. Richmond streckte seine große Hand aus und fing eine schwebende Feder aus der Luft, dann noch eine. Abgesehen davon, dass Richmond als College-Footballstar galt, war er außerdem rund um die Uhr ein echter Klugscheißer. Er warf einen Blick auf den Jungen in der Mauser und platzte heraus: »Hey, Big Earl, sieht so aus, als hättest du dir ein Huhn angeheuert.« Von diesem Tag an war Ray nur noch Chick.
    Den ganzen Abend lang beobachtete Barbara Jean Chick bei der Arbeit. Es war ein Anblick für die Götter. Er bewegte sich schnell und anmutig, glitt zwischen den Tischen hin und her und schlängelte sich um die Paare herum, die in der Ecke vor der Jukebox herumwirbelten, wo Big Earl die Tische umgestellt hatte, um Platz für eine Tanzfläche zu machen.
    Das einzige Mal, dass Chick und Barbara Jean sich, nachdem sie einander vorgestellt worden waren, gegenseitig direkt ansahen, war kurz bevor die Mädchen an diesem Tag nach Hause gingen. Clarice wollte unbedingt noch einen Tanz mit Richmond, bevor sie aufbrachen, also wurde Barbara Jean an die Jukebox geschickt, um einen Song auszuwählen. Sie hatte sich gerade für einen

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